8 Prozent Inflation denkbar: Export-Plus im Februar – aber große Sorge um Konjunktur
Die deutschen Ausfuhren sind gestiegen, doch der Ukraine-Krieg trübt den wirtschaftlichen Ausblick. Wie stark, hängt laut Experten von der Dauer der Kämpfe ab.
Trotz der anhaltenden Lieferengpässe in der Industrie haben die deutschen Exporte im Februar kräftig zulegt. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Ausfuhren um 14,3 Prozent, es wurden Waren im Wert von 124,7 Milliarden Euro exportiert. Gegenüber dem Vormonat Januar legten die Ausfuhren kalender- und saisonbereinigt um 6,4 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte. Bei den Importen gab es mit 113,1 Milliarden Euro ein Plus von 24,6 Prozent gegenüber Februar 2021, verglichen mit Januar 2022 stiegen die Einfuhren um 4,5 Prozent.
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Wie sich der Angriff Russlands auf die Ukraine Ende Februar und die in der Folge verhängten Sanktionen des Westens gegen Moskau ausgewirkt haben, wird sich nach Einschätzung des Bundesamts detaillierter in den Zahlen der Außenhandelsbilanz für März zeigen. Im Februar sind die deutschen Exporte nach Russland (minus 6,3 Prozent) sowie die Importe aus dem Land (minus 7,3 Prozent) gegenüber dem Vormonat bereits gesunken.
3 Szenarien für Wachstum und Inflation
Nachdem Deutschlands Exporteure 2021 den Corona-Einbruch mit einem Rekordergebnis wettmachten, drohen die Folgen des Krieges den Exportmotor in diesem Jahr ins Stottern zu bringen. Neben direkten Einbußen im Geschäft mit Russland und der Ukraine dürften eine Verschärfung der Lieferengpässe und der Mangel bei Vorprodukten bremsend wirken. Können Firmen weniger produzieren, exportieren sie auch weniger.
Wie stark der Ukraine-Krieg die Konjunktur bremst, hängt laut einer aktuellen Studie davon ab, wie lange er noch dauert. Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte hat drei Szenarien errechnet, wie sich Wirtschaftswachstum und Inflation in diesem Jahr entwickeln könnten: Einigen sich Russland und die Ukraine noch im zweiten Quartal auf eine diplomatische Lösung oder einen Waffenstillstand, wächst die deutsche Wirtschaft laut Deloitte um drei Prozent und die Inflation beträgt auf Jahressicht 4,1 Prozent. Diese Werte würden sich kaum von den Erwartungen vor Kriegsausbruch unterscheiden.
Bei langem Krieg droht Stagflation
Im zweiten Szenario gehen die Kämpfe bis zum Herbst weiter. Dann rechnet Deloitte mit 2,3 Prozent Wachstum und 5,1 Prozent Inflation. Anhaltende Lieferkettenstörungen und weiterhin hohe Energiepreise würden dann zum Problem. Dauert der Krieg hingegen bis weit ins Jahr 2023 an, könnte es laut der Studie zur Stagflation kommen. Davon spricht man, wenn die Wirtschaft eines Landes stagniert, also nicht oder kaum wächst und gleichzeitig Inflation herrscht. Deloitte geht hier von 0,6 Prozent Wachstum und 8,3 Prozent Inflation aus. Es wären die größten Preissteigerungen in Deutschland seit dem Zweiten Weltkrieg.
„Welches der drei Szenarien das wahrscheinlichste ist, ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht zu beurteilen“, schreibt Deloitte-Chefvolkswirt Alexander Boersch. „Eine schnelle Einigung der Kriegsparteien erscheint allerdings derzeit nicht in Sicht, so dass die Szenarien eines längeren Krieges leider plausibel sind.“ Auch seien darüber hinaus Entwicklungen vorstellbar, die eine Rezession hervorrufen könnten, etwa ein Stopp russischer Öl- und Gaslieferungen. Dessen genaue Auswirkungen seien jedoch „kaum zu modellieren, weil es dazu keine Erfahrungswerte und wenig historische Daten gibt“, so Boersch.
Auch die deutschen Banken rechnen im Falle eines Öl- und Gas-Lieferstopps mit einer schweren Rezession in Deutschland. Die Frage nach staatlichen Hilfen für Unternehmen würde dann noch drängender als ohnehin schon, sagte der Präsident des Bundesverbands deutscher Banken (BdB), Deutsche Bank-Chef Christian Sewing. „Die Chefvolkswirte der privaten Banken haben ihre Prognose gegenüber den Einschätzungen vor Ausbruch des Krieges halbiert“, so Sewing. Für 2022 werde jetzt nur noch ein Wachstum von rund zwei Prozent erwartet. (mit dpa und Reuters)
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