Klimakiller Online-Shopping: Experten fordern Abschaffung der kostenlosen Rücksendung
Jede sechste Internet-Bestellung geht zurück an den Absender. Das ist nicht gut für das Klima. Wirtschaftsforscher plädieren für eine Rücksende-Gebühr.
Deutsche bestellen immer mehr im Internet. Der Umsatz des Online-Versandhandels dürfte dieses Jahr um 11 Prozent auf gut 70 Milliarden Euro wachsen, schätzt der „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel“. Das verursacht aber auch Müll und belastet das Klima, denn jedes sechste Paket wird wieder zurückgeschickt. Eine verpflichtende Rücksende-Gebühr könnte zu weniger Rücksendungen führen. Dadurch würde CO2 eingespart und Müll vermieden. Das geht aus einer Studie hervor, die Wirtschaftsforscher der Universität Bamberg am Mittwoch veröffentlicht haben.
Schon eine Gebühr von rund drei Euro könnte die Zahl der Retouren um 16 Prozent senken, erwarten Online-Händler. Sie wurden für die Studie befragt. Das würde das Klima entlasten: Fast 40.000 Tonnen CO2 würden so eingespart, sagt Studienleiter Björn Asdecker. Er forscht an der Uni Bamberg zu Versandhandel.
Dadurch könnten auch die Preise sinken, denn Händler würden die Kosten der Rücksendungen mit einkalkulieren. Wenn Kunden weniger zurückschicken, könnten also die Produkte billiger werden. Mit der Retourengebühr würde der „E-Commerce grüner und gerechter“, erklären die Bamberger Wirtschaftswissenschaftler.
Die befragten Händler stehen für 5,5 Milliarden Euro Online-Umsatz. Nur 15 Prozent von ihnen fordern Rücksendegebühren, vor allem kleinere Händler. Sie berichteten von einem minimalen Umsatzrückgang, aber wegen niedrigerer Kosten auch von eher positiven Folgen beim Gewinn.
Die Mehrheit der kleinen Händler würde portofreie Rücksendungen gerne streichen, befürchtet aber Nachteile im Wettbewerb. Diese Sorge sei bei einer gesetzlichen Mindestgebühr und somit gleichen Spielregeln für alle jedoch deutlich geringer, erklärten die Wirtschaftsforscher.
Große Händler gegen Pflichtgebühr
Für viele große Händler dagegen seien kostenlose Rücksendungen ein strategischer Vorteil im Wettbewerb, die sich betriebswirtschaftlich lohnten. Sie sähen eine vorgeschrieben Mindestgebühr kritisch. Auch der Bundesverband „Bundesverband E-Commerce und Versandhandel“ warnt: „Eine gesetzlich verpflichtende Rücksendegebühr würde einen staatlichen Eingriff in Markt und Wettbewerb darstellen, der stets nur das letzte Mittel im Fall eines Marktversagens sein darf. Erkenntnisse aus der Studie reichen nach unserer Einschätzung nicht aus, diese Frage zu entscheiden.“
Ein Viertel aller heutigen Retouren ließen sich nach Einschätzung der Bamberger Forscher durch für alle Kleiderhersteller verbindlichen Größenangaben und eine funktionierende Online-Größenberatung sparen. Artikel in drei Größen und drei Farben bestellen, einen behalten, das ist heute gängige Praxis: Bei Kleidung und Schuhen geht fast die Hälfte der Pakete zurück, wie. Größenangaben seien heute nur „bedingt aussagekräftig und zum Teil irreführend“.
Grüne: „Perversion der Wegwerfgesellschaft“
Zuletzt hatten die Grünen im Juni 2019 das Ende kostenloser Rücksendungen gefordert. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt sprach damals von einer „Perversion der Wegwerfgesellschaft“. Die Grünen kritisierten auch, dass große Online-Händler retournierte Produkte nicht weiterverkaufen, sondern vernichten würden.
Göring-Eckardt stellte einen Drei-Punkte-Plan vor: „Erstens: Dem Online-Handel wird verboten, neuwertige Produkte, die zurückkommen, zu vernichten.“ Zweitens sollten zurückgeschickte Produkte, die nicht mehr in den Verkauf können, verschenkt werden - etwa über Sozialkaufhäuser. Drittens müssten die Rohstoffe zurück in den Wertstoffkreislauf.
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