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Unterschiedliche Ansichten. IWF-Chefin Christine Lagarde fordert von Griechenland mehr Reformen. Finanzminister Wolfgang Schäuble kann sich auch vorstellen, den IWF aus dem Rettungsprogramm für das Land herauszuhalten.
©  Georges Gobet/AFP

Plan B für die Griechenland-Rettung: Europäischer Währungsfonds soll IWF ersetzen

Der IWF prüft noch, ob er sich am dritten Rettungspaket für Griechenland beteiligt. Falls nicht, hat Schäuble bereits einen Plan B: Er will einen Europäischen Währungsfonds schaffen.

Für Griechenland wird es ernst. In den nächsten Tagen werde eine Delegation des Internationalen Währungsfonds nach Athen reisen, kündigte IWF-Chefin Christine Lagarde an. Die Experten sollen prüfen, wie gut die Griechen mit Schuldenabbau und Reformen vorankommen. Ob sie also den Anforderungen der Institution aus Washington genügen – oder nicht. Vom Ausgang dieser Untersuchung hängt ab, ob Griechenland eine weitere Unterstützung vom IWF bekommt. Bereits 2015 haben die Euro-Staaten ein drittes Rettungsprogramm von maximal 86 Milliarden Euro für das Land aufgelegt. Der IWF hatte sich daran beteiligen sollen, hat seine Zustimmung aber bis heute verweigert.

Entsprechend wichtig sind für die Griechen die Gespräche, die sie derzeit am Rand der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank in Washington führen. So traf Lagarde am Donnerstag auf Griechenlands Finanzminister Euclid Tsakalotos. Anschließend sprach sie von einem konstruktiven Gespräch. Lagarde pochte allerdings erneut darauf, dass Griechenland seine Schulden in den Griff bekommen und Reformen im Steuer- und Rentensystem angehen müsse. Schon vor der Tagung hatte sie klargestellt: „Wenn die griechische Schuldenlast nicht nachhaltig im Sinne der IWF-Regeln und auf Basis vernünftiger Parameter ist, dann werden wir uns an dem Programm nicht beteiligen.“

Schäuble plant einen Europäischen Währungsfonds

Klare Worte, die auch Wolfgang Schäuble (CDU) nicht entgangen sein dürften. Der Finanzminister hat sich daher bereits einen Plan B für die Griechenlandrettung überlegt und den in Washington präsentiert. Zieht der IWF nicht mit, soll Europa seine Probleme künftig ohne die Institution lösen. Schäuble will dafür den Europäischen Rettungsfonds, über den schon jetzt die Gelder für Griechenland bereitgestellt werden, mit mehr Durchgriffsrechten ausstatten. Der Rettungsfonds soll so zu einem Europäischen Währungsfonds umgebaut werden, der den IWF in Europa überflüssig macht. Schäuble hatte sich bereits 2010 für einen solchen Fonds stark gemacht, sich aber nicht durchsetzen können. Inzwischen schätzt er seine Chancen wohl größer ein. Die Zustimmung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe er bereits gewonnen. Auch könne der Fonds kurzfristig aufgebaut werden.

Schäuble scheint schon einmal vorsorgen zu wollen für den Fall, dass der IWF endgültig seine Zustimmung zum dritten Hilfspaket für Griechenland verweigert. Ob es tatsächlich so weit kommt, ist noch offen. Erste Zahlen aus Griechenland sehen nämlich nicht schlecht aus. Regierungskreisen zufolge hat Griechenland 2016 einen unerwartet großen Überschuss im Staatshaushalt geschafft. Der Primärüberschuss – bei dem die Zinskosten ausgeklammert werden – summierte sich auf vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sagte ein Regierungsvertreter. Geplant war ursprünglich nur ein Plus von 0,5 Prozent. Der Primärüberschuss ist ein wichtiger Indikator dafür, ob ein Staat genug Geld hat für zentrale Aufgaben wie das Sozialsystem.

Die Griechen könnten bei den Zahlen erneut getrickst haben

Allerdings warnte der IWF bereits davor, man dürfe die Zahlen nicht überbewerten. Sie seien die Folge diverser Einzelmaßnahmen. Panagiotis Petrakis, Ökonom an der Universität Athen, vermutet gar, dass die griechische Regierung getrickst hat. So könnte sie den hohen Überschuss nur deshalb erreicht haben, weil sie unter anderem „alle möglichen Zahlungen“ hinausgeschoben habe. So sollen zum Beispiel die Lieferanten der Krankenhäuser nicht mehr bezahlt worden sein. Auch soll der Staat Mehrwertsteuern nicht erstattet haben, auf die die Betriebe eigentlich einen Anspruch gehabt hätten. „Wer seine Rechnungen nicht zahlt, der kann leicht Überschüsse erzielen“, sagt Petrakis.

Hinzu kommt, dass viele andere Wirtschaftsdaten weiterhin schlecht ausfallen. Immer noch sind 23 Prozent der Griechen ohne Job, zehntausende gut ausgebildete Griechen, Ärzte und Ingenieure, haben Arbeit in Nachbarstaaten gefunden. Die Krankenkassen drohen zusammenzubrechen, weil sie wegen der Arbeitslosigkeit und niedriger Löhne weniger Einnahmen haben. Gleichzeitig fehlt dem Staat das Geld für Investitionen, ohne die die Wirtschaft kaum wieder in Schwung kommt. mit dpa/rtr

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