Neue EU-Richtlinie: EU stoppt starke Staubsauger
Einigen Verbrauchern ist die neue Regel ein Dorn im Auge: Brüssel zieht Staubsauger mit hoher Wattzahl aus dem Verkehr. Die Verordnung gilt vom 1. September an.
Die Europäische Union hilft deutschen und allen anderen europäischen Verbrauchern seit 2005 beim Energiesparen. Meistens geht das ziemlich geräuschlos über die Bühne. Niemand hat protestiert, als stromfressende Heizkessel, Ventilatoren, Fernseher und Computer aus dem Verkehr gezogen worden sind. Für all diese Produktgruppen hat die EU in den vergangenen Jahren bereits Effizienzstandards festgelegt, also eine Obergrenze für den Energieverbrauch. Alle Geräte, die schlechter sind als dieser Standard, dürfen auf dem Europäischen Markt nicht mehr verkauft werden. Die rechtliche Grundlage dafür ist die Ökodesign-Richtlinie.
Verbraucher fühlen sich von Brüssel gegängelt
Doch zum zweiten Mal erlebt die Europäische Union gerade die Empörung einiger Verbraucher, die sich von Brüssel gegängelt fühlen. Beim ersten Mal ging es um Glühbirnen. Ihre Leuchtleistung erreichte zehn Prozent, die anderen 90 Prozent heizten die Wohnungen auf. Als diese Lampen über Effizienzstandards aus dem Markt gedrängt wurden, brach ein Sturm der Entrüstung los, weil sich die Ästheten und Traditionalisten unter den Verbrauchern von Energiesparlampen unschön ins Licht gesetzt fühlten. Als die EU in diesem Jahr mit Verbrauchsobergrenzen für die modernen Nachfolgeprodukte, nämlich LED-Lampen und Halogenleuchten nachzog, ging das – wie meistens – wieder geräuschlos vonstatten.
Die Staubsauger-Verordnung tritt zum 1. September in Kraft
Mehr Ärger macht die Staubsauger-Verordnung, die zum 1. September in Kraft tritt. Demnach sollen Staubsauger mit mehr als 1600 Watt nicht mehr auf den Markt kommen. 2017 wird der Wert auf 900 Watt gesenkt. Da macht sich offenbar die Staubsaugerwerbung von Jahrzehnten bemerkbar. Die Vorstellung, den Staubmäusen im Haus hilflos gegenüberzustehen, wenn der Staubsauger weniger Strom verbraucht, scheint weit verbreitet zu sein. Dabei versucht sich die Stiftung Warentest seit Jahren mit der Erkenntnis durchzusetzen, dass die Wattzahl wenig mit der Saugleistung der Staubsauger zu tun hat. Künftig müssen die Hersteller nicht nur über den jährlichen Energieverbrauch eines Staubsaugers informieren – dem liegt die Annahme zugrunde, dass Wohnungen einmal in der Woche gesaugt werden. Sie müssen auch angeben, wie viel Staub die Geräte tatsächlich aufnehmen können. Und da scheidet sich dann das gute vom schlechten Gerät.
Der deutsche Europaabgeordnete Reul hält die Regelung für "Öko-Wahnsinn"
Schon als die Staubsauger-Vorgaben vor einem Jahr im Europaparlament gebilligt wurden, tat sich der deutsche Abgeordnete Herbert Reul (CDU) besonders als Kritiker hervor. Offenbar hat er den Beschluss der Ökodesign-Richtlinie 2005 irgendwie verschlafen. Er saß zu dem Zeitpunkt seit einem guten Jahr im Parlament. Auch die Novelle der Richtlinie 2009 hat er als Parlamentarier verfolgt. Zum entschiedenen Gegner der Idee, kontinuierlich die Energieeffizienz von Geräten zu verbessern, ist er aber offenbar erst 2013 geworden. Mit Datum vom 24. Juli 2013 findet sich auf seiner Internetseite ein flammender Appell gegen den „Öko-Wahnsinn“. Europa habe Wichtigeres zu tun, findet Reul. Sein SPD-Kollege Jo Leinen sieht das ganz anders. Er betont, wie viel Geld die Verbraucher dank der Richtlinie sparen können. Auch stromsparende Staubsauger entlasten den Geldbeutel.
Dagmar Dehmer