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Die Kommissionschefin Ursula von der Leyen.
© AFP/John Thys

Von der Leyens Green Deal: EU stellt Billionen-Plan fürs Klima vor

Nun wird es konkret: Die EU gibt bekannt, mit welchen Investitionen die Klimaneutralität bis 2050 erreicht werden soll. Kritik kommt von den Grünen.

Mit dem sogenannten Green Deal will die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden. Der Plan soll am Dienstag offiziell vorgestellt werden. Gemeint ist, dass die EU danach keine zusätzlichen Treibhausgase in die Atmosphäre bläst - sie müssen eingespart, gespeichert oder anders ausgeglichen werden. Dafür soll sehr viel Geld fließen. Einem Bericht des „Handelsblatts“ zufolge schätzt die Kommission, dass pro Jahr 260 Milliarden Euro investiert werden müssen.

Davon sollen allein 120 Milliarden Euro jährlich in den Wohnsektor fließen. Das Beheizen von Gebäuden verursache mit den größten CO2-Ausstoß in der EU. Die Details gehen aus einem Arbeitsdokument der Kommission hervor, das dem „Handelsblatt“ vorliegt.

Dem Bericht zufolge sind 75 Milliarden Euro jährlich für Geschäftsgebäude vorgesehen. Weitere wichtige Branchen sind Energie (40 Milliarden), Transport (20 Milliarden) und Industrie (rund fünf Milliarden). Außerdem sollen im EU-Haushalt 485 Milliarden Euro für Klimaprojekte umgeschichtet werden.

Insgesamt sollen im kommenden Jahrzehnt eine Billion Euro durch Mittel aus dem EU-Haushalt, der Europäischen Investitionsbank und der Privatwirtschaft mobilisiert werden.

Teil des ehrgeizigen Klimaschutz-Programms von Kommissionschefin Ursula von der Leyen ist der „Fonds für den gerechten Wandel“. Ziel ist, den Regionen zu helfen, die es beim Übergang zu einer „klimaneutralen“ Wirtschaft bis 2050 am schwersten haben. Die EU-Kommission spricht von 108 europäischen Regionen und 237.000 Beschäftigten in der Kohlebranche, 10.000 im Torfabbau und 6000 bei der Gewinnung von Schieferöl. Für sie sollen neue Jobs entstehen, der wirtschaftliche Absturz ganzer Regionen soll verhindert werden.

Finanzhilfen sollen skeptische EU-Länder überzeugen

Mit den Finanzhilfen aus Brüssel will von der Leyen auch bisher skeptische EU-Länder für den Green Deal gewinnen, vor allem Polen. Das Land produziert rund 80 Prozent seines Stroms aus Kohle und hatte es im Dezember abgelehnt, sich hinter das Ziel einer „klimaneutralen“ EU bis 2050 zu stellen. Auch deutsche Kohleregionen wie die Lausitz oder das Rheinland können auf Finanzhilfen der Europäischen Union beim Ausstieg aus dem klimaschädlichen Brennstoff hoffen.

Von der Leyen hatte im Dezember bei der Ankündigung des „Green Deal“ eine Summe von 100 Milliarden Euro für den „gerechten Wandel“ als Ziel gesetzt. Neben dem Gerechtigkeits-Fonds soll es dafür zwei weitere Säulen geben - das Investitionsprogramm InvestEU und öffentliche Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB), die private Investitionen mobilisieren sollen.

Alles zusammen bezeichnet die Kommission als „Mechanismus für einen gerechten Wandel“ (Just Transition Mechanism), der über sieben Jahre die genannte Summe zusammenbringen soll.

Nur kleine Regionen sollen gefördert werden

Für die Förderung aus dem Fonds sollen dem Entwurf zufolge strikte Voraussetzungen gelten. „Um die Wirksamkeit des Just Transition Fund sicher zu stellen, muss die geleistete Unterstützung konzentriert werden“, heißt es im Entwurf. Gefördert werden sollen jeweils nur kleine Regionen, in Deutschland etwa entsprechend Landkreisen. Für diese müssen Pläne zum Umbau der Wirtschaft bis 2030 erarbeitet werden.

Konkret könnte zum Beispiel die Gründung kleiner oder mittelständischer Betriebe gefördert werden oder auch Umschulungsprojekte.

Die Grünen halten die Pläne für unzureichend. Bei der Finanzierung des „Fonds für den gerechten Wandel“ nutze die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen einen „Taschenspielertrick“, sagte der Europaabgeordnete Niklas Nienaß der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel. Nötig sei viel mehr frisches Geld.
„Wenn wir 100 Milliarden hätten, wäre es gut, dann könnte man damit was anfangen - wenn es tatsächliche Milliarden und nicht schön gerechnete Milliarden sind“, sagte der Grünen-Abgeordnete Nienaß der dpa. Doch mit „hochgerechneten“ 7,5 Milliarden über sieben Jahre „kann man wirklich gar nichts anstellen“. Entweder müssten die EU-Staaten den Haushalt erhöhen und so den Fonds aufbessern. Oder die EU müsse dafür neue Eigenmittel bekommen, „beispielsweise durch Einnahmen aus der Plastiksteuer, der Finanztransaktionssteuer oder eben dem Europäischen Emissionshandel ETS.“
Nienaß forderte, den Fonds vorrangig für Kohleregionen zu nutzen und nicht für Branchen wie die Stahlindustrie, die mit entsprechenden Investitionen emissionsfrei produzieren könnten. „Wenn wir das europaweit streuen und mit der Gießkanne jede Region, die ein bisschen CO2 produziert, mit hinein nehmen, dann wird bei denen, die am meisten produzieren, am Ende gar nichts ankommen“, warnte der deutsche Europaabgeordnete. „Die Hilfen dürfen auch nicht Großunternehmen zugute kommen, sondern müssen ganz klar als soziale Abfederung für die Menschen in der Region dienen.“ (Tsp/dpa)

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