Steuergelder für dubiose Anlagen: EU fördert Finanzinvestoren in Steueroasen
Europäische Förderbanken vergeben Kredite an Finanzinvestoren, die das Geld auch in der Karibik zu Mini-Sätzen versteuern. Dabei wollen EU-Regierungen solche Steueroasen eigentlich austrocknen.
Das Geld europäischer Steuerzahler ist auch in Steueroasen angelegt, die die EU-Regierungen erklärtermaßen austrocknen wollen. So fördern die staatliche Europäische Investitionsbank (EIB) sowie die deutsche Staatsbank KfW mit Krediten und Beteiligungen zum Beispiel afrikanische Finanzinvestoren, die sich über Firmenkonstrukte in Schattenfinanzzentren wie den britischen Jungferninseln der Besteuerung entziehen. Das hat das Netzwerk zur Recherche illegaler Finanzflüsse (IFJP) ermittelt, dessen Ergebnisse dem Tagesspiegel in Deutschland exklusiv vorliegen. (Lesen Sie hier die Recherche in voller Länge)
Demnach unterstützen EIB und KfW gemeinsam mit weiteren staatlichen Entwicklungshilfegebern aus Europa seit 2010 etwa die Qaala-Holding des ägyptischen Milliardärs Ahmed Heikal mit mehr als 500 Millionen Dollar (397 Millionen Euro). Gefördert wurde eine Raffinerie in der Nähe von Kairo oder die Sanierung der Eisenbahnlinie zwischen Kenia und Uganda. Der Qaala-Konzern zahlt jedoch auf seine Gewinne in dreistelliger Millionenhöhe nach eigenen Angaben (PDF Download) lediglich einen Steuersatz von 0,2 Prozent und bedient sich im großen Umfang eines Netzes von Tochterunternehmen, die in den als Steuerfluchtzentren bekannten Jungferninseln und Mauritius registriert sind.
Erst am Mittwoch hatten sich Spitzenvertreter von 41 Staaten in Berlin feierlich darauf verständigt, Kontodaten auszutauschen, um Steuerhinterziehung zu vereiteln und so Steueroasen das Wasser abzugraben.
Diese Praxis widerspricht im Grundsatz den eigenen Richtlinien der EIB und denen der anderen Förderinstitute, die sich einer fairen und nachhaltigen Entwicklung verschrieben haben. Darum wollen Abgeordnete des Europäischen Parlaments die umstrittene Förderung afrikanischer Finanzinvestoren nun untersuchen, kündigte die britische Europa-Abgeordnete Linda McAvan (Labour) an, die den zuständigen Ausschuss leitet. „Wir werden unsere globalen Entwicklungsziele nicht erreichen und die Armut mindern, wenn die Unternehmen nicht ihren fairen Anteil an Steuern zahlen“, sagte sie.
Ein Sprecher der EIB erklärte, die Jungferninseln seien zum Zeitpunkt der Kreditvergabe von der OECD als unproblematisch eingestuft worden. Für die KfW sagte ein Sprecher, man habe „die Fragen der Besteuerung sorgfältig geprüft“, könne „aus Gründen der Vertraulichkeit“ aber keine Fragen zur Steuerpraxis des Qaala-Konzerns beantworten.
Aus der Politik kam am Donnerstag Kritik an dieser Praxis. „Gerade staatliche Banken wie EIB und KfW sollten Vorbilder sein, wenn es darum geht, Steuersümpfe auszutrocknen“, sagte Lisa Paus, steuerpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dem Tagesspiegel. Die Institute hätte daher eine Verpflichtung. „Sie müssen ihre Partner sorgfältig prüfen.“ Lücken im System müssten geschlossen werden: „Wenn Gelder von EIB und KfW in Steuersümpfe gelenkt werden können, ist es erforderlich, die Vergabekriterien zu verbessern“, sagte Paus.
Der Londoner Autor George Turner ist Leiter des Journalistenprogramms zur Recherche illegaler Finanzflüsse beim internationalen Netzwerk Steuergerechtigkeit (IFJP). Das ist ein Zusammenschluss von Finanzexperten und Nichtregierungsorganisationen zur Bekämpfung der Steuerflucht. Dieser Text erscheint heute in mehreren europäischen Print- und Onlinemedien, in deutscher Sprache nur im Tagesspiegel. Übersetzung und Mitarbeit: Harald Schumann und Carla Neuhaus.
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