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Das Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung ermittelt gegen Volkswagen.
© dpa

Milliardenkredite zweckentfremdet?: EU ermittelt wegen neuem Betrugsverdacht gegen VW

VW droht neuer Ärger bei der EU: Neben Ermittlungen wegen Kreditbetrugs droht dem Autobauer auch ein EU-Untersuchungsausschuss. Autoteilezulieferer Bosch steht zudem im Visier der Staatsanwaltschaft Stuttgart.

Es droht ein neuer Skandal für VW zu werden: Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, kurz Olaf, hat Ermittlungen gegen den Wolfsburger Autobauer eingeleitet. Der Konzern steht dabei im Verdacht, Kredite der Europäischen Investitionsbank (EIB) nicht zweckmäßig verwendet zu haben. Die rund 4,6 Milliarden Euro zu besonders günstigen Krediten sollten eigentlich die Entwicklung klimafreundlicher Motoren bei VW beschleunigen. Von dem 1990 gewährten Kredit muss Volkswagen noch rund 1,8 Milliarden Euro zurückzahlen, bestätigte ein Olaf-Sprecher.

Bislang nur Untersuchungen

Momentan befinde man sich allerdings noch im Stadium erster Untersuchungen, betonte der Behördensprecher. Die Behörde interessiere vor allem, wie Volkswagen die Mittel eingesetzt hat und welche Ziele genau mit dem Geld erreicht wurden. Vor dem Hintergrund des Abgasskandals bei dem deutschen Autobauer verdächtigt die Behörde, VW habe die EU-Gelder nicht für Forschung und Entwicklung ausgegeben, sondern an andere Stellen im Konzern weitergeleitet. Die Überprüfungen stehen im direkten Zusammenhang mit dem Abgasskandal bei Volkswagen. Obwohl es sich bislang nur um interne Untersuchungen und nicht eine Anklage handelt, ist das Signal der EU an den größten europäischen Autobauer mehr als deutlich: VW solle den Abgasskandal umfassend aufklären und alle damit verbundene Bereiche einbeziehen. „Volkswagen sind Ermittlungen der Olaf nicht bekannt“, hieß es am Mittwoch auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur aus der Konzernzentrale in Wolfsburg. „Wir sind verwundert darüber, dass die Behörde an die Öffentlichkeit geht, ohne zunächst die Betroffenen zu informieren.“ Volkswagen stehe seit Monaten in Gesprächen mit der EIB. Nach Konzernangaben habe VW in diesen Gesprächen die Verwendung der Darlehensmittel bereits offengelegt.

EU-Behörde mit Status einer Generaldirektion

Das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung, nach der französischen Bezeichnung "Office Européen de Lutte Anti-Fraude" Olaf abgekürzt, ist ein Amt der Europäischen Kommission mit Sitz in Brüssel. Seine Aufgabe ist die Bekämpfung von Betrug, Korruption und allen anderen rechtswidrigen Handlungen, durch welche die finanziellen Interessen der EU geschädigt werden. Obwohl die Behörde den Status eines Amtes der EU-Kommission inne hat und dieser im Status einer Generaldirektion eingegliedert ist, ist sie von der Kommission unabhängig. Die Behörde ermittelt sowohl im inner- wie außereuropäischen Raum und unterstützt dabei die Behörden der einzelnen Mitgliedsstaaten. Neben der Überprüfung des rechtmäßigen Gebrauchs von EU-Subventionen ist Olaf auch für Einhaltung der Zoll-Bestimmungen und die Aufdeckung von Steuerhinterziehung zuständig.

Untersuchungsausschuss im EU-Parlament droht

Das Europäische Parlament in Brüssel könnte sich am Mittwoch zu einem Untersuchungsausschuss zu den Manipulationsvorwürfen gegen VW durchringen. Eine große Zahl von Abgeordneten sprachen sich für die Bildung eines Ausschusses aus. Einer entsprechenden Forderung der Grünen hat sich auch die Fraktion der Sozialdemokraten angeschlossen, wie einer ihrer Sprecher am Donnerstag bestätigte. Die größte Fraktion im Parlament, die konservative Europäische Volkspartei (EVP), hat bisher aber noch keine Entscheidung getroffen. Am Mittwoch will Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) mit den Präsidenten der acht im EU-Parlament vertretenden Fraktion über das weitere Vorgehen beraten. Eine Vorentscheidung über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wird bereits zum Nachmittag erwartet. Der parlamentarische Umweltausschusses der EU hatte erst am Montag gegen die Einführung neuer EU-Abgas-Richtlinien votiert. Das unter Ausschluss der Öffentlichkeit tagende Gremium kritisierte die neuen Vorgaben als zu lax. Im Hinblick auf die Erfahrungen durch den VW-Abgasskandal forderten die Abgeordneten auch eine Reform der Emissionstests

Ermittlungen gegen Bosch

Der Abgasskandal bei VW erfasst nun auch den ersten Zulieferer des Wolfsburger Autobauers. Wie die Staatsanwaltschaft Stuttgart mitteilte, habe man Ermittlungen gegen Bosch mit dem Verdacht auf eine mögliche Beihilfe zum Betrug eingeleitet. Bislang prüfe die Behörde noch, ob die Firma mit Sitz im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft möglicherweise an Straftaten beteiligt war. Bosch lieferte wesentliche Teile der Software, die bei VW zum Manipulieren der Abgaswerte genutzt wurde. Bislang hatte das Unternehmen jedoch erklärt, die Software selbst nicht manipuliert zu haben. Zudem habe man bereits im Vorfeld die entsprechenden Unternehmen darauf hingewiesen, dass die Software auch zur Manipulation der Abgaswerte missbraucht werden könne. Anwendung und Integration liegen aber in der Verantwortung der Autobauer, so Bosch weiter.

Zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart äußerte sich das Unternehmen bisher nicht.

Daniel Mosler

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