Samsung und Huawei: Erste faltbare Handys kommen in den Handel
Mit der neuen Geräteklasse wird die Welt der Smartphones um eine Innovation erweitert. Falthandys werden durch Samsung und Huawei erstmals zur Realität.
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Vor zwölf Jahren hat Apple das erste iPhone vorgestellt. Konkurrent Samsung bringt in diesem Jahr die zehnte Generation seines Galaxy-Smartphones auf den Markt. Während in den Anfangsjahren die Technik immer besser und die Apps immer umfassender wurden, ist inzwischen eine gewisse Stagnation eingetreten: die Verkaufszahlen sanken 2018 sogar um 4,1 Prozent auf 1,8 Milliarden Geräte. Mit der neuen Geräteklasse der faltbaren Smartphones hofft die Branche nun, ein Mittel gegen den Negativtrend gefunden zu haben.
Samsung und Huawei bringen "Luxusgerät" aus
Zuerst hatte Samsung in der vergangenen Woche das Galaxy Fold vorgestellt, jetzt gewährte Wettbewerber Huawei auf der Mobilfunkmesse Mobile World Congress in Barcelona einen Blick auf das Falthandy Mate X. Während die ersten faltbaren Handys aus zwei getrennten Bildschirmen an einem Scharnier bestanden, handelt es sich bei der jüngsten Generation um durchgehende Displays, die bei Samsung aufgeklappt und bei Huawei von hinten nach vorne bewegt werden, um so den Blick auf die mit einer Diagonale von bis zu 20 Zentimetern doppelt so großen Bildschirme zu gewähren. Apple hat bislang noch nichts über eigene Pläne für ein faltbares iPhone verlauten lassen. Aus den angemeldeten Patenten leiten Beobachter jedoch ab, dass sich Tim Cook bei dieser Entwicklung alle Optionen offenhalten möchte. Andere Unternehmen wie der chinesische Huawei-Konkurrent Xiaomi und der südkoreanische LG-Konzern haben hingegen bereits über Pläne für eigene Modelle berichtet.
In einer Kategorie sind die beiden Neuvorstellungen, die Samsung Ende April und Huawei Mitte des Jahres in den Verkauf bringen wollen, schon jetzt Spitze: Samsung verlangt für sein Galaxy Fold als „einzigartiges Luxusgerät“ mindestens 2000 Euro, das Mate X von Huawei wird sogar nochmals 300 Euro mehr kosten.
Derzeit richten sich die Falt-Phones somit vor allem an die Gruppe der Early Adopter, die bei jeder Neuentwicklung vorne dabei sein wollen. Käufer dürften zudem Profis sein, die beispielsweise Anwendungen für die neuen Geräte entwickeln. Die Experten von Strategy Analytics rechnen daher für das laufende Jahr weltweit nur mit 1,2 Millionen verkauften Falt-Handys. Bis 2023 könnte der Absatz allerdings auf 64,9 Millionen steigen. Das entspräche 3,5 Prozent der erwarteten weltweiten Smartphone-Verkäufe. Die Hersteller setzen darauf, dass die Netzbetreiber die faltbaren Smartphones subventionieren, um so vor allem das Publikum der Streaming-Nutzer besser umwerben zu können.
„Die Nutzer wollen immer größere Bildschirme für Anwendungen wie Video - es gibt aber eine Grenze für die Größe eines Geräts, das man sich in die Tasche steckt“, sagt Analyst Francisco Jeronimo von der Marktforschungsfirma IDC. Falt-Smartphones seien da eine Lösung, den sie böten potenziell ein doppelt so großes Display im gewohnten kompakten Format.
Eine Herausforderung gegen die physikalischen Gesetze
Eine erste Designstudie eines Smartphones mit einem extrem biegsamen Display hatte Nokia mit dem 888 bereits im Jahr 2005. In dieser Zukunftsvision waren Handys so flexibel und dünn, dass sie sich nicht nur um den Arm wickeln, sondern auch an der Kleidung anbringen ließen. Als Stromversorgung waren Flüssigbatterien vorgesehen, zudem sollte das 888 nicht nur zum Telefonieren und Surfen taugen, sondern auch, um den Gefühlszustand des Nutzers anzuzeigen. Erste praktische Modelle wie das Lenovo C-Plus, das mit seinem biegsamen Display um das Handgelenk gewunden werden konnte, wurden 2016 präsentiert, ohne später auf den Markt zu kommen. Auch das Samsung Galaxy Wing von 2017, das in zusammengeklappten Zustand eine quadratische Form hatte, teilte dieses Schicksal.
Inzwischen hat die Technik jedoch tatsächlich die Marktreife erreicht. Auch die mechanischen Probleme habe man in den Griff bekommen, heißt es von Samsung und Huawei. Bis zu 100.000 Faltvorgänge sollen die Geräte aushalten. Dass beim zusammengeklappten Zustand kein Zwischenraum entstehe, sei eine Herausforderung „gegen die physikalischen Gesetze“ gewesen, sagte Huaweis-Manager Richard Yu in Barcelona. Das Mate X ist wie das Galaxy Fold bereits für den neuen Mobilfunkstandard 5G ausgelegt, der in Deutschland allerdings noch nicht zur Verfügung steht.
Vor- und Nachteile des faltbaren Smartphones
Der offensichtliche Vorteil der neuen Geräteklasse erschließt sich besonders beim Streamen von Videos, denen die den neuen Displays beinahe doppelt so viel Platz bieten. Aber auch im produktiven Einsatz ergeben sich Vorteile, wenn sich bis zu drei Apps den Bildschirm teilen können. Noch wird das neue Format allerdings nur von wenigen Apps sinnvoll unterstützt. „Ich glaube, wir befinden uns im Steinzeitalter des faltbaren Geräts", sagt Ben Wood, Analyst bei der Marktforschungsfirma CCS Insight. Die Hersteller müssen zudem mit eigenen Anpassungen des Betriebssystems Android arbeiten. Zudem sollen die Displays bei Sonnenschein nur schwer zu lesen sein. Und da die Oberflächen aus Kunststoff statt Glas besteht, könnten sie anfälliger für Kratzer sein.
Ein weiterer Nachteil ist derzeit besonders beim Samsung Galaxy Fold die sperrige Bauform, die klobiger ausfällt als das Mate X mit seinen elf Millimetern Dicke. Damit das Samsung-Handy auch im zusammengeklappten Zustand genutzt werden kann, verfügt es noch über ein weiteres Display auf einer Außenseite. Bei Huaweis-Gerät liegt das Display immer auf der Außenseite, wobei im gefalteten Zustand der unten liegende Bildschirm deaktiviert bleibt.
Und was könnte Apple planen? In einer Patentzeichnung, die schon aus dem Jahr 2014 stammt, wird ein Klappmechanismus abgebildet, mit dem sich das Handy sogar zweifach falten ließe. Auseinandergefaltet wäre das Display entsprechend dreimal so groß – so dass aus einem iPhone praktischerweise womöglich ein iPad würde. Vielleicht wird dann aus dem Nischenprodukt Falt-Phone tatsächlich ein Massenmarkt.