Dieselbetrug: Ermittlungen jetzt auch gegen den VW-Chef
Matthias Müller soll zu spät über Dieselgate informiert haben. Der umstrittene Rupert Stadler bleibt Audi-Chef bis 2022.
Der VW-Skandal ist noch lange nicht vorbei. So sehr sich die Führung des Konzerns in den vergangenen Wochen um business as usual bemühte – der Diesel-Betrug zeitigt immer neue Konsequenzen. Jetzt auch für Konzernchef Matthias Müller, der im Herbst 2015 an die Stelle von Martin Winterkorn gerückt war, nachdem jener wegen Dieselgate gehen musst. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ermittelt wegen des Verdachts der Marktmanipulation gegen Müller. Das Verfahren habe bereits im Februar begonnen, teilte die Behörde am Mittwoch mit. Geklärt werden soll, ob die Anleger rechtzeitig über die Folgen der Affäre informiert worden sind. Die Anklagebehörde spricht von einem „Anfangsverdacht“.
Stadler hat den Betrug lange geleugnet
Unterdessen verlängerte der Aufsichtsrat am Mittwoch überraschend den Vertrag des Vorstandsvorsitzenden der VW-Tochter Audi, Rupert Stadler, bis 2022. Vor allem auf der Arbeitnehmerseite gab es Bedenken. Stadlers Rolle im Dieselskandal ist umstritten, und der Audi-Aufsichtsrat hatte sich vor einigen Wochen nur mühsam auf eine einvernehmliche Entlastung Stadlers für das vergangene Geschäftsjahr verständigen können. Dem Audi-Chef wird vorgeworfen, die Manipulation von Audi-Motoren auch noch zu einem Zeitpunkt geleugnet zu haben, als die US-Behörden bereits Kenntnis davon hatten.
Bei den Ermittlungen gegen Konzernchef Müller geht es um dessen Tätigkeit für die Porsche-Dachgesellschaft und Volkswagen-Hauptaktionärin Porsche SE. Dort sitzt Müller seit 2010 im Vorstand. Auch gegen den VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch sowie Winterkorn, leiteten die Stuttgarter Ermittler Untersuchungen ein. Winterkorn war als Vorstands- und Pötsch als Finanzchef für die Beteiligungsgesellschaft tätig. Pötsch ist derzeit Vorstandsvorsitzender der Porsche SE.
Auslöser der Ermittlungen ist eine Bafin-Anzeige
Anlass der Ermittlungen sei eine Strafanzeige der Finanzaufsicht Bafin vom Sommer 2016, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Es bestehe „der Anfangsverdacht“, dass die Manager den Anlegern die finanziellen Konsequenzen der VW-Dieselaffäre für die Porsche SE „bewusst verspätet mitgeteilt“ hätten. Die Porsche SE nannte den Vorwurf unbegründet, sie habe ihre „kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten ordnungsgemäß erfüllt“. Ähnlich hatte sich die VW-Hauptaktionärin in ihrem Anfang der Woche vorgelegten Quartalsbericht geäußert. Die Beteiligungsgesellschaft, die wiederum den Familien Porsche und Piëch gehört, hält 52,2 Prozent der Stimmrechte der Stammaktien am weltweit größten Autobauer Volkswagen. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist in dem Fall zuständig, weil die Porsche- Holding hier ihren Sitz hat. Bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig laufen gegen Pötsch, Winterkorn und VW-Markenchef Herbert Diess ebenfalls Verfahren wegen möglicher Marktmanipulation im Zusammenhang mit der Abgas-Affäre. Bei Marktmanipulation droht eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine hohe Geldstrafe.
Audi hat keinen guten Lauf
An diesem Donnerstag treffen sich die Spitzen den VW-Konzerns bei der Hauptversammlung der VW-Tochter Audi in Neckarsulm. Deren Chef Stadler ist nicht nur wegen der vermeintlichen Vertuschung des Dieselbetrugs umstritten, sondern auch wegen der Geschäftsentwicklung. Audi fällt hinter Mercedes und BMW zurück, die Hauptwerke in Ingolstadt und Neckarsulm haben Auslastungsprobleme, weil unter anderem der A4 schlechter läuft als geplant. Die Produktivitätsentwicklung ist bescheiden, das Design vielen Modelle gilt als altbacken und die Entscheidung, ein Werk in Mexiko zu bauen, wird inzwischen kritisiert. „Die Führung taugt nichts“, heißt es in Audi-Kreisen über Stadler. Der begann seine Karriere als Bürochef des langjährigen VW-Patrons Ferdinand Piëch, wurde 2003 Finanzvorstand von Audi und 2007 Vorstandschef. Diesen Posten behält er nach jetzigem Stand nun bis 2022. mit dpa
Alfons Frese