Reform der Grundsteuer: „Entspannt euch, Leute“
Bundesfinanzminister Olaf Scholz erklärt sein neues Modell für die Grundsteuer – und zeigt sich offen, die Umlegung auf die Mieten abzuschaffen.
Er sei ja Sozialdemokrat, sagt Olaf Scholz, ihn müsse man in diese Richtung „nicht sehr ziehen“. Aber um die Möglichkeit, dass Vermieter die Grundsteuer auf die Betriebskosten ihrer Mieter umlegen können, gehe es jetzt eben nicht. Sondern um die Reform der Grundsteuer selbst, und da gehöre die Umlagefähigkeit nicht hinein. Das sei eine mietrechtliche Frage, keine steuerrechtliche. Aber dass man die seit Jahrzehnten bestehende Umlage wieder abschaffen könne, dafür ist der Bundesfinanzminister offen. „An mir wird das nicht scheitern.“
Dass Scholz für Donnerstag eigens eine Pressekonferenz anberaumte, um seinen in den Grundzügen schon bekannten Reformvorschlag noch selber erläutern zu können, hat hat aber mit der Frage zu tun, was diese Reform für Mieter bedeutet. Ein bisschen Mieterpartei wollen die Sozialdemokraten schon noch sein, gerade in Berlin. Und weil eines der beiden Modelle, das Scholz am Mittwochabend seinen Länderkollegen präsentierte, zur Bewertung von Immobilien auch die tatsächlichen oder (bei Eigenheimen) potenziellen Nettokaltmieten heranzieht, war das Mietenthema auf der Agenda. Zieht die künftige Grundsteuer dann nicht dort stark an, wo Mieten zuletzt stark gestiegen sind? Und wäre ein reines Flächenmodell, die andere, aber vom Finanzminister nicht präferierte Variante, in der Hinsicht nicht besser? Das favorisieren die FDP, die Immobilienverbände und der Freistaat Bayern.
"Mieter schützen"
Scholz ist Sozialdemokrat und geht die Sache daher von der anderen Seite an. Die Nettokaltmieten habe man als Parameter in das wertabhängige Reformmodell hineingenommen, weil man gerade die große Mehrheit der Mieter habe schützen wollen. Denn die zahlten häufig noch Mieten – „vor allem, wenn sie freundliche Vermieter haben“ –, die weit unterhalb der Summen lägen, die man bei Neuvermietungen zahlen müsse. Hätte man aber den aktuellen Verkehrswert oder Marktwert von Immobilien als Maßstab genommen, so lässt sich Scholz verstehen, hätte das böse Folgen gehabt. „Diejenigen, die weniger Geld haben, werden nun nicht plötzlich mit einer hohen Steuer belastet.“ Was nicht nur für Mieter gilt, sondern auch für Eigentümer. So begründet Scholz, dass man weiterhin ein Ertragswertverfahren anwenden will, um die Höhe der Grundsteuer zu berechnen.
Die Reform ist nötig, weil das Bundesverfassungsgericht sie im Frühjahr verlangt hat. Das bisherige Modell mit seinen völlig veralteten Einheitswerten aus den Jahren 1935 (im Osten) und 1964 (im Westen) erschien den Richtern als Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Bei dem nun im Hause Scholz entwickelten wertabhängigen Modell kommen zur Bewertung neben den Nettokaltmieten noch die Restnutzungsdauer und der Bodenwert hinzu. Bei unbebauten Grundstücken wird die Fläche mit dem Bodenrichtwert multipliziert.
"Kein zu großer Aufwand"
Scholz wehrte sich am Donnerstag gegen den Vorwurf, ein „Bürokratiemonster“ in die Welt zu setzen. Zwar müssen alle Eigentümer, für insgesamt immerhin 36 Millionen Objekte, zum Januar 2020 eine Extra-Steuererklärung abgegeben. Aber Scholz verweist darauf, dass die verlangten Daten meist vorlägen und in aller Regel auch nicht streitbehaftet seien. Künftig könne man, dank Digitalisierung, vorausgefüllte Erklärungen versenden. Denn alle sieben Jahre sollen Neubewertungen erfolgen (die man bisher wegen des Aufwands vermied).
Mit seinem neuen Bewertungsansatz schützt Scholz freilich nicht alle Mieter. Das sagt er selbst nicht so deutlich bei seinem Auftritt. Aber es steht in dem dreiseitigen Erklärtext, den er verteilen lässt. Dort heißt es ganz am Schluss, dass mit der Zugrundelegung tatsächlicher Mieten bei der Bewertung „hochpreisige Wohnungen und gute Lagen höher besteuert werden“. Das mag angehen, wenn dort tatsächlich auch potente Eigentümer und Mieter leben. Doch es gibt auch Mieter, vor allem in Groß- und Hochschulstädten, die in den vergangenen Jahren deutliche Mieterhöhungen durch Modernisierung und Mietspiegelsprünge erlebten. Die werden mit dem Scholz-Modell nun zwar davor bewahrt, dass die oft immensen Vermögenszuwächse ihrer Vermieter steuerlich als Belastung bei ihnen landen. Aber sie dürften häufig dennoch mehr bezahlen als bisher. Scholz hat für diese Gruppe zweierlei parat. Zum einen knobelt er noch an „verschiedenen Konzepten für eine Kappung bei Unregelmäßigkeiten“. Zum anderen hat er natürlich seine Beamten rechnen lassen. „Wir haben Checks gemacht“, berichtet er, „und sind zu dem Ergebnis gekommen: Entspannt euch, Leute.“
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