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EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärt die Milliardenstrafe gegen Google.
© Yves Herman/Reuters

Hohe Strafe der EU-Kommission: Ein Rekord, auf den Google verzichten könnte

„Android als Vehikel, Dominanz bei der Internetsuche zu sichern“: Die EU-Kommission knöpft sich Google-Mutter Alphabet vor: 4,3 Milliarden Euro muss der Konzern wegen Machtmissbrauchs zahlen.

Vor fünf Jahren standen der damalige Telekom-Chef René Obermann und Telefónica-Boss Cesar Alierta gemeinsam auf der Bühne beim Mobile World Congress. Die großen Rivalen kündigten eine gemeinsame Initiative an: Sie wollten sich zusammentun, um das neue Smartphone Betriebssystem Firefox OS von Mozilla zu unterstützen. Die Allianz sollte dem Duopol von Google und Apple etwas entgegensetzen. „Diese Initiative kann die Mobilfunkindustrie fundamental verändern“, sagte Obermann. Er hat sich fundamental getäuscht.

Firefox OS wurde im Vorjahr beerdigt, auch Microsoft hat 2017 sein Betriebssystem für Smartphones aufgegeben. Alle verbliebenen Rivalen des Duopols kamen zusammen noch auf 0,1 Prozent Marktanteil. Googles Android kommt dagegen auf fast 86 Prozent und ist weltweit auf 2,2 Milliarden Geräten installiert.

Die EU-Kommission wirft Google allerdings schon länger den Missbrauch seiner Marktdominanz bei Smartphone-Betriebssystemen vor. In dem 2015 begonnen Verfahren gab es am Mittwoch die Entscheidung: Der Konzern soll 4,3 Milliarden Euro Strafe zahlen - es ist eine Rekordstrafe. Die Kommission wirft dem US-Konzern „illegale Praktiken" beim Vertrieb seines mobilen Betriebssystems Android vor. Google kündigte Widerspruch gegen die Entscheidung an.

„Google benutzt Android als Vehikel, um seine Dominanz bei der Internetsuche zu sichern“, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Konkret wird Google vorgeworfen, von Smartphone-Herstellern verlangt zu haben, die App zur Google-Suche und den eigenen Internet-Browser Chrome von vornherein zu installieren. Andernfalls war die Nutzung von Googles Play-Store nicht möglich. Nutzer hätten dann keine Apps herunterladen können. Zudem habe Google Zahlungen an Gerätehersteller und Mobilfunkanbieter geleistet, damit diese ausschließlich die Google-Suche auf den Smartphones installieren. Das Ergebnis ist ganz im Sinne von Google: „95 Prozent der Suchanfragen auf Androidgeräten erfolgten 2016 über die Googlesuche“, sagte Vestager.

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Google hielt auch Amazon klein  

Laut Vestager haben die Google-Praktiken Wettbewerber daran gehindert, innovative eigene Produkte auf den Markt zu bringen. Konkret nannte Vestager Amazon. Das Unternehmen hatte 2012 mit der Entwicklung eines eigenen Smartphones und des dazugehörigen Betriebssystems namens Fire OS, das ebenfalls auf Android basierte, begonnen. Doch Google habe die Verbreitung solcher alternativen Android-Versionen behindert. Die Kommission habe Nachweise gefunden, dass das Verhalten von Google eine Reihe von Herstellern davon abhielt, Geräte mit Fire OS zu entwickeln und zu verkaufen, erklärte Vestager.

Das sehen die Amerikaner anders: Man sei besorgt, dass die heutige Kartellentscheidung offene Plattformen wie Android schwäche und geschlossene Systeme stärke, sagte Google-Chef Sundar Pichai. Er sieht auch die Voraussetzung dafür bedroht, dass Android Geräteherstellern kostenlos angeboten wird.

Der Konzern ist nun aufgefordert, die missbräuchlichen Praktiken „innerhalb von 90 Tagen endgültig“ abzustellen. Ansonsten drohten über das Bußgeld hinaus Zwangsgelder von bis zu fünf Prozent des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes. Das wären bis zu 15 Millionen Euro pro Tag.

Und es hat puff gemacht

Mit 4,34 Milliarden Euro ist es die mit Abstand höchste Kartellstrafe aus Brüssel für ein einzelnes Unternehmen. Es blieb aber unter der Höchstsumme von zehn Prozent des Jahresumsatzes der Google-Mutter Alphabet. Als Maximalstrafe wären damit fast 9,5 Milliarden Euro möglich gewesen. Vestager erläuterte auch nach welchen Richtlinien und Kriterien die Strafen ermittelt werden. „Dabei geht es um die Dauer des Verstoßes, dessen Schwere und den Umsatz der Firma“, sagte Vestager. „Und dann packen wir das in unsere Matrix, legen den Hebel um und - puff! - heraus kommt eine Zahl.“ Das Geld aus Kartellstrafen geht am Ende an die Mitgliedsländer. Die Verfahren gehen üblicherweise aber jahrelang durch Gerichtsinstanzen.

Der Internet-Konzern war auch der vorherige Rekordhalter im Verfahren um die Shopping-Suche im vergangenen Jahr mit gut 2,4 Milliarden Euro. Google war vorgeworfen worden, mit einem eigenen Angebot andere Preisvergleichsportale zu benachteiligen. Im Frühjahr hatten mehrere Anbieter gegenüber dem Tagesspiegel beklagt, dass die von Google vorgenommenen Änderungen daran kaum etwas verändern würden. Ob Google die Vorgaben einhält, wird derzeit durch die Kommission geprüft und sei laut Vestager „sehr offen“.

Vestager sagte, politische Überlegungen hätten keine Rolle gespielt. Es gibt Befürchtungen, dass US-Präsident Trump die Entscheidung als weiteren Anlass nimmt, um im Handelsstreit mit der EU nachzulegen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wird dazu kommenden Mittwoch Gespräche mit US-Präsident Donald Trump in Washington führen. „Im politischen Kontext gibt es nie das richtige timing“, sagte Vestager. Die Anleger sahen die Entscheidung zunächst entspannt: Die Alphabet-Aktie gab im frühen US-Handel nur leicht um 0,5 Prozent nach.

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