Deutsche Bank & Co: Droht eine neue Bankenkrise?
Die Kurseinbrüche bei den Banken wecken Angst vor einer Bankenkrise. Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle? Fragen und Antworten.
Nach dem weltweiten Absturz der Bankaktien in der vergangenen Woche ringen die Institute darum, verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Einer der mächtigsten Bankchefs der Welt, Jamie Dimon von JPMorgan, erklärte, er werde 26 Millionen Dollar privates Geld dazu verwenden, um Aktien seiner eigenen Bank zu kaufen. John Cryan, Co-Chef der schwer gebeutelten Deutschen Bank, kündigte an, dass sein Institut eigene Anleihen für 5,4 Milliarden Dollar zurückkaufen werde.
Die Kurserholungen vom Freitag bedeuten aber noch nicht, dass das Schlimmste wirklich überstanden ist. Dafür gibt zwei Gründe, die nicht so schnell zu beseitigen sind.
Warum brechen den Banken Einnahmen weg?
Erstens: Den Banken brechen Einnahmen weg. Sie müssen Strafzinsen bezahlen, wenn sie ihr Geld bei der Notenbank parken. Diese negativen Zinsen sind Verluste, die sie im gegenwärtigen Marktumfeld nicht an ihre Kunden weitergeben können.
Zudem können sie – zweitens – von den Kunden selbst nur niedrige Zinsen verlangen, wenn sie Geld verleihen.
Warum drücken die Notenbanken die Zinsen immer weiter?
Beides hängt mit der lockeren Geldpolitik der Notenbanken zusammen, die die Zinsen drücken, um Wirtschaft und Inflation anzukurbeln und die eigene Währung billig zu machen. Dabei wollen die Notenbanken die Banken zwingen, Geld in profitablere Bereiche der Wirtschaft zu lenken, wobei profitabler gleichzeitig heißt: mehr Risiko.
Die Banken müssen also höhere Risiken beim Verleihen eingehen. Es ist ein Dilemma: Einerseits wurde viel getan, um die Banken nach der letzten Finanzkrise zu stabilisieren, gleichzeitig nötigt man sie jetzt, wieder höhere Risiken einzugehen. Diese Zusammenhänge scheinen bei den Investoren angekommen zu sein. Fast panikartig haben sie Bankaktien in der vergangenen Woche abgestoßen.
Welche Unterschiede gibt es zwischen den USA und dem Rest der Welt?
Interessant ist, dass die Bankaktien in der Euro-Zone und in Japan am stärksten gefallen sind, weniger in den USA. Dort gibt es noch keine negativen Zinsen. Während der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, bereit ist, die negativen Zinsen im März noch weiter zu verschärfen, hält sich Janet Yellen, Chefin der US-Notenbank Fed, eher bedeckt. Sie wolle negative Zinsen nicht ausschließen, aber sie seien derzeit nicht geplant, sagte sie vergangene Woche vor dem US-Senatsausschuss für Finanzangelegenheiten.
Es könnte also sein, dass das Bankensystem in den USA stabiler sein wird, wenn Yellen weiterhin auf negative Zinsen verzichtet. Ohnehin befinden sich die USA und der Rest der Welt auf einem Weg der Divergenz. Die Fed hat am 16. Dezember zum ersten Mal seit neun Jahren die Leitzinsen erhöht. Die Eurozone, Japan und die meisten Schwellenländer lockern dagegen ihre Geldpolitik weiter.
Die Frage ist, ob die EZB ihre Politik nicht überdenken muss, wenn immer deutlicher wird, dass negative Zinsen das Bankensystem gefährden.
Haben die Märkte die Entwicklung erst mit Verspätung gesehen?
Neu sind diese Zusammenhänge nicht. Daher stellt sich die Frage: Warum sind die Bankaktien jetzt so unter Druck? Haben die Märkte die Zusammenhänge erst mit Verspätung gesehen, was gelegentlich vorkommt, oder gibt es eine unsichtbare Bedrohung im Bankensektor, von der nur unheimliche Ahnungen zirkulieren, ohne dass es feste Fakten gibt? Das wäre verstörend. Oder das Ganze ist ein rein psychologisches Phänomen. Sich ganz plötzlich ausbreitende Angst gibt es immer wieder, das beste Beispiel ist der Oktober 1987, als die Kurse einbrachen und niemand wusste, warum.
Die Frage ist, ob sich die Erholung vom Freitag fortsetzt und alles nur ein Spuk war, oder ob wirklich eine Bankenkrise droht. Die nächsten Tage werden zeigen, in welche Richtung die Reise gehen wird.
Einen Bericht des Autors, warum Anleger sich vor Bankanleihen hüten sollten, finden Sie hier.