Tarifabschluss in der Pandemie: Drei Prozent mehr für den Handel
Die Einkommenserhöhung für mehr als vier Millionen Beschäftigte bleibt in diesem und im nächsten Jahr unter der Inflationsrate.
Rund drei Millionen Beschäftigte im Einzelhandel und weitere 1,2 Millionen im Groß- und Außenhandel bekommen in diesem Jahr eine Gehaltserhöhung um drei Prozent. Zwar sind noch lange nicht alle Verhandlungen in den Bundesländern abgeschlossen, für Berlin-Brandenburg etwa ist der nächste Termin am 19. Oktober. Die ersten Abschlüsse jedoch in Hessen, Bayern und drei ostdeutschen Bundesländern sind die Blaupause für die folgenden Tarifverträge: In Hessen steigen die Entgelte rückwirkend ab August um drei Prozent aber maximal 81,12 Euro, was einer prozentualen Erhöhung zwischen 1,8 Prozent und drei Prozent je nach Gehaltsgruppe entspricht, hat der Einzelhandelsverband HDE ausgerechnet. Im April 2022 gibt es weitere 1,7 Prozent. Der neue Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 24 Monaten.
Die Arbeitgeber sehen sich erpresst
Damit endet ein Verteilungskonflikt, der von der Pandemie geprägt war: Verdi stellte die besondere Belastung der Beschäftigten im Lebensmittelhandel heraus und forderte 4,5 Prozent plus 45 Euro sowie einen Mindeststundenlohn von 12,50 Euro. Die Arbeitgeber wiederum argumentierten mit dem Lockdown, der weite Teil des Einzelhandels sechs Monate betraf; vor allem der stationäre Textilhandel kämpfe noch um die Existenz und dürfe nicht übermäßig belastet werden. Diskutiert wurde eine Verschiebung der für dieses Jahr vorgesehenen prozentualen Erhöhung auf 2022; die betroffenen Mitarbeiterinnen hätte dafür freie Tage bekommen. Am Ende kam es nicht zu dieser Differenzierung, was die Arbeitgeber beklagen. Von Erpressung ist die Rede beim HDE mit Blick auf einige Warnstreiks. Man sei in „verantwortungsloser Art und Weise zu diesem für viele Nicht-Lebensmittelhändler überfordernden Tarifabschluss gezwungen worden“, schimpfte HDE-Chef Stefan Genth.
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Die Arbeitgeber hatten zwei Prozent in diesem, 1,4 Prozent im nächsten und weitere zwei Prozent im übernächsten Jahr angeboten, dazu eine Coronaprämie von 300 Euro. Verdi beharrte jedoch auf einer Drei vor dem Komma in diesem Jahr, weil die Schwarz-Gruppe bereits im Sommer freiwillig vorgeprescht war und den Beschäftigten von Lidl und Kaufland die Gehälter um drei Prozent erhöht hatte. Andere große Ketten, etwa Edeka, Rewe und Netto sowie die Pharmagroßhändler, hatten die Einkommen um zwei Prozent angehoben. Verdi hätte sich blamiert, wenn der Abschluss nicht deutlich darüber gelegen hätte.
Die Preise stiegen zuletzt um 4,1 Prozent
Schließlich erhöhten zuletzt die ständig steigenden Preise den Erwartungsdruck auf die Gewerkschaft. Im September lag die Inflationsrate bei 4,1 Prozent, in den kommenden Monaten sind sogar fünf Prozent möglich. Das bedeutet für die Handelsbeschäftigten trotz dreiprozentiger Gehaltserhöhung einen Kaufkraftverlust in diesem Jahr. Und 2022 dürften die jetzt vereinbarten 1,7 Prozent kaum ausreichen, um die Preissteigerung zu kompensieren.
Darauf müssen sich auch die Mitarbeitenden im Groß- und Außenhandel einstellen, für die Verdi am Dienstag einen ersten Abschluss in Bayern erzielte. Die Daten sind so gut wie deckungsgleich mit denen des Einzelhandels: Rückwirkend zum 1. Oktober steigen die Einkommen der 1,2 Millionen Beschäftigten um drei Prozent, im April 2022 gibt es weitere 1,7 Prozent. Auch dieser Tarifvertrag ist zwei Jahre gültig.
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