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Herzlich willkommen. Wer mit einer Ausbildung zur Hotelfachfrau liebäugelt, muss nicht aufs Studium verzichten.
© Imago/Felix Abraham

Berufsabitur in Berlin: Doppelter Schlüssel zum Erfolg

Mit dem Berufsabitur können leistungsstarke Schüler parallel zwei Abschlüsse machen. Das spart Zeit – und öffnet viele Türen.

Berufsausbildung oder Abitur? Für viele Jugendliche ist der Weg klar vorgezeichnet. „Gerade am Gymnasium ist die Berufsberatung leider immer noch sehr stark auf das Studium ausgerichtet. Karrierewege über eine duale Ausbildung müssen künftig noch stärker vermittelt werden“, sagt Ulrich Wiegand, Geschäftsführer der Handwerkskammer Berlin. Während Handwerksbetriebe händeringend Nachwuchs suchen, entscheidet sich mehr als die Hälfte der Schulabgänger in Deutschland für eine akademische Laufbahn. Die Folgen: überlastete Universitäten und Azubi-Mangel. Im September blieben mehr als 57000 Lehrstellen unbesetzt. Die Zahl ist so hoch wie noch nie.

„Junge Menschen mit dem Abschlussziel Abitur sind bisher am Handwerk vorbeigegangen“, sagt Mirko Pollmer vom Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH). Das neue Modell „Berufsabitur“ soll das ändern. Die Idee: Lehre und Abitur werden in einem Rutsch gemacht. Nach vier Jahren haben Jugendliche zwei Abschlüsse in der Tasche: den Gesellenbrief und die Allgemeine Hochschulreife. Damit stehen ihnen viele Türen offen. „Sie schnuppern schon mal in ein Handwerk rein, können aber danach theoretisch auch Arzt werden“, sagt Ulrich Wiegand.

Seit September ist das Berufsabitur in Berlin erstmal nur für Hotelfachleute und Anlagemachaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) möglich. Beides Berufe, die nicht unbedingt auf der Hitliste bei Jugendlichen stehen – durch das neue Modell aber ein Stück weit aufgewertet werden. „Wir versuchen den Jugendlichen die ganze Perspektive aufzuzeigen. Auch ein Gymnasiast kann eine Lehre machen, und er steht später auch finanziell nicht unbedingt schlechter da, wenn er sich entsprechend fortbildet“, sagt Wiegand.

Sechs Länder haben das Berufsabitur bereits eingeführt

Die Schweiz geht dabei mit gutem Beispiel voran. Dort wurde bereits in den 1990er Jahren die sogenannte Berufsmatura eingeführt und hat sich inzwischen erfolgreich etabliert. Auch in der DDR gab es ein ähnliches Modell. Vor einem Jahr führten die sechs Länder Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Hamburg, Sachsen und Niedersachsen das Berufsabitur ein. „Das Konzept kommt gut an“, sagt Mirko Pollmer. Halbjährlich komme der ZDH mit der Kultusministerkonferenz zusammen, um Fortschritte und Probleme zu diskutieren und das Modell zu optimieren. An einigen Stellschrauben müsse noch gedreht werden, etwa um auszuschließen, dass bestimmte Lerninhalte doppelt vermittelt werden.

Für das Pilotprojekt an der Berliner Max-Taut-Schule, wo derzeit in einer Klasse acht angehende Anlagemechaniker für SHK lernen, wurde deshalb ein extra Stundenplan in enger Abstimmung mit der Bildungssenatsverwaltung entwickelt. „Im Leistungskurs Versorgungstechnik werden neben Fachwissen auch Mathe und Physik unterrichtet“, sagt Ulrich Wiegand. Die Ausbildung findet blockweise in der Schule und im Betrieb statt. Die Hotelfachleute werden an der Brillat-Savarin Schule für das Gastgewerbe in Weißensee ausgebildet.

Zulassungsvoraussetzung ist in beiden Berufen der Mittlere Schulabschluss (MSA) mit Gymnasialempfehlung. Eine Altersgrenze gibt es nicht. Die Handwerkskammer, die Innung und die Schulen stehen den Interessenten beratend zur Seite und helfen bei der Vermittlung eines Betriebes.

Auch Handwerksbetriebe sollen von der Doppelqualifizierung profitieren

„Der Vorteil des Berufsabiturs ist, dass die Jugendlichen den Status eines Auszubildenden haben und vom Betrieb eine Ausbildungsvergütung über die gesamten vier Jahre bekommen“, sagt Wiegand. Im Vergleich zum traditionellen Abitur und einer anschließenden Lehre sparen sie auch Zeit.

Doch Schule und Lehre gleichzeitig zu meistern, bedeutet auch eine Doppelbelastung. Um beides unter einen Hut zu bringen, braucht man viel Motivation. Deshalb richtet sich das Berufsabitur eher an Leistungsstarke. Davon soll auch das Handwerk profitieren. In den kommenden zehn Jahren müssen etwa 200 000 Betriebe übergeben werden, warnt der ZDH. Das Berufsabitur ist eine gute Chance für Inhaber, an geeignete Kandidaten für die Nachfolge heranzutreten und sie langfristig zu binden. Man hoffe auf einen „Klebeeffekt“, sagt Mirko Pollmer.

In der Schweiz machen heute 15 Prozent aller Jugendlichen eine Berufsmatura. In Deutschland ist man noch weit davon entfernt. Aber: „Unser Ziel ist, ein bundesweites Angebot zu schaffen“, sagt Pollmer. Derzeit sei man mit Thüringen, Brandenburg und Schleswig-Holstein im Gespräch. „Die Aussichten, dass am Ende alle 16 Bundesländer mitmachen, sind aktuell sehr gut“. Ob sich damit der Nachwuchsmangel in den Griff bekommen lässt, bleibt noch abzuwarten.

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