Weltkonjunktur schwächelt: DIHK korrigiert Prognosen für Handel und Wirtschaft nach unten
Der Ukraine-Konflikt ist weltweit zu spüren. In Deutschland könnten 100 000 Arbeitsplätze betroffen sein. Der Deutsche Industrie- und Handelkammertag (DIHK) hofft nun auf Vernunft in der internationalen Politik.
Die Aussichten für die deutsche Exportwirtschaft waren ohnehin schon nicht sehr gut. Im Januar hatte der Deutsche Industrie- und Handelkammertag (DIHK) noch ein Ausfuhrwachstum von 4,5 Prozent vorausgesagt. Nur vier Monate später korrigierte der Verband die Vorhersage um 0,5 Prozent nach unten. Doch jetzt wird klar: 2014 ist ein „geopolitisches Sorgenjahr“, wie es Volker Treier, Außenwirtschaftsschef der DIHK, nennt. Daher rechnet der DIHK lediglich mit einem Exportwachstum für 2014 „von bestenfalls 3,5 Prozent“, sagte Volker heute in Berlin bei der Vorstellung des AHK-Weltkonjunkturberichts 2014/2015.
Insgesamt würden die deutschen Exporteure elf Milliarden Euro weniger umsetzen. Rechne man dies auf die Arbeitsplätze herunter, die für eine solche Wertschöpfung benötigt würden, gelange man zu 100 000 Jobs in deutschen Unternehmen, die womöglich abgebaut werden könnten, erklärte Treier.
Zwar exportieren deutsche Unternehmen nur 3,5 Prozent ihrer Waren nach Russland. Doch die unsichere Lage in der Ukraine-Krise und die gegenseitig auferlegten Sanktionen betreffen auch andere Länder. So entstehen Bremseffekte in anderen europäischen Staaten, was sich wiederum auf den Handel mit Deutschland auswirkt.
Frankreich und Italien unter EU-Durchschnitt, Großbritannien brilliert
Tendenzen für einen Aufschwung, die man im letzten Quartal 2013 noch in einigen Ländern beobachten konnte, endeten mit Beginn der Ukraine-Krise. Eine Blitzumfrage der Auslandshandelskammern (AHK) bei Unternehmen in den EU-Ländern ergab, dass dort mit einer weiteren Beeinträchtigung der Konjunktur gerechnet wird. Die DIHK-Prognosen geben der pessimistischen Stimmung Recht: Italien, Treiers „größtes Sorgenkind“, rutscht in die Rezession. Frankreich werde 2015 mit nur einem Prozent Wirtschaftswachstum unter seinen Möglichkeiten bleiben, sagte Treier.
Spaniens Reformbemühungen könnten sich dagegen laut der dortigen AHK auszahlen und die Wirtschaft um zwei Prozent wachsen. Großbritannien wachse stärker als der EU schnitt in diesem und kommenden Jahr wohl um drei Prozent. Damit ist das Land wieder auf Vorkrisenniveau angekommen. Die EU-Wirtschaft insgesamt wächst nur mäßig mit rund anerthalb Prozent.
Die Krise in Osteuropa macht sich am stärksten dort bemerkbar. Die AHK Moskau rechnet damit, dass die russische Wirtschaft stagnieren wird. Die DIHK-Delegation in der Ukraine geht von einer Schrumpfung der Wirtschaft um sieben Prozent aus.
Hoffnung auf Wirtschaftswachstum 2015
Unternehmen suchen sich aufgrund der Sanktionen und der instabilen politischen Lage andere Wege. „Jetzt werden Handelsströme umgelenkt“, sagte Treier. Maschinenbau, einer der wichtigsten deutschen Exportbranchen, schauen sich russische Importeure bereits in Japan, Südkorea und China um. Die Chinesen, die laut Treier gemeinsam mit den USA die Weltwirtschaft noch um 0,2 Prozentpunkte über der Rezessionsschwelle von drei Prozent halten, könnten somit von der Ukraine-Krise profitieren.
Die Verlierer der Weltwirtschaft sind indes die „Fragile Five“: Die Türkei, Brasilien, Indien, Indonesien und Südafrika. Ihnen macht laut Treier der Kapital- und Vertrauensabfluss zu schaffen. Die deutschen Exporte in diese Länder werden nicht wie 2013 noch angenommen moderat wachsen, sondern sogar schrumpfen, wie DIHK-Experten errechnet haben. Brasilien trifft es besonders. Statt fünf Prozent mehr wird das lateinamerikanische Land elf Prozent weniger aus Deutschland importieren.
Dennoch ist der DIHK für das kommende Jahr optimistisch – „vorausgesetzt, die Spirale der Eskalation in Osteuropa dreht sich nicht weiter“, sagte Treier. „Wir hoffen, dass nun Vernunft in den internationalen Beziehung Einzug hält.“
Treier rechnet damit, dass der Schock 2015 verdaut sein wird. Das Wachstum der Weltwirtschaft könne dann schon im kommenden Jahr um 0,6 Prozent auf 3,8 Prozent steigen. Der deutsche Handel von 3,5 auf fünf Prozent – was, mit Treiers Worten einen „Aufschwung light“ bedeuten würde.
Vinzenz Greiner