Nachprüfung des Verkehrsministers: Diesel beim CO2-Test meist sauber
Bei Stickoxiden versagen viele Diesel, die CO2-Emissionen entsprechen aber meist den Angaben der Hersteller - nur ein Opel und ein Smart fallen bei amtlichen Tests durch. Doch die Messungen stoßen auf Kritik.
Mehr als ein Jahr lang hat Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verdächtige Messwerte zum CO2- Ausstoß von Diesel-Fahrzeugen unter Verschluss gehalten. Nun, kurz vor der Sommerpause und im beginnenden Wahlkampf, sollte es schnell gehen.
Am Dienstag veröffentlichte Dobrindt einen „ersten Teilbericht“ mit den Ergebnissen amtlicher Nachmessungen. Diese hatte das Ministerium für insgesamt 29 auffällige Fahrzeuge beim Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Auftrag gegeben. Der Hintergrund: Im Zusammenhang mit den Untersuchungen im VW-Skandal war vor mehr als einem Jahr aufgefallen, dass Dieselfahrzeuge verschiedener in- und ausländischer Hersteller nicht nur zu viel Stickoxid (NOx) ausstoßen, sondern auch mehr Kohlendioxid (CO2), als die Unternehmen offiziell angeben. Je mehr Sprit ein Auto verbraucht, desto höher ist der CO2-Ausstoß; Grenzwerte für jedes Fahrzeug wie bei NOx gibt es nicht.
19 der überprüften 29 Fahrzeuge, die entweder eine Typzulassung in Deutschland haben oder von deutschen Herstellern stammen, hat das Ministerium inzwischen getestet. 17 der 19 Modelle halten auf dem Prüfstand die „Katalogwerte“ ein, zwei fielen mit überhöhten Werten negativ auf: ein Opel Zafira mit einem 1,6-Liter-Dieselmotor und ein Smart Fortwo mit einem 0,8-Liter-Dieselmotor. Beide Modelle werden nicht mehr gebaut. Opel muss den Zafira nun mit einem Software-Update nachbessern, der Smart wird zunächst weiter untersucht. Die Tests für die zehn verbleibenden Modelle ausländischer Marken laufen noch.
Die Tests fanden unter den Bedingungen der Autoindustrie statt
Umwelt-Experten überrascht das Ergebnis nicht, fanden die Nachmessungen doch auf dem Rollenprüfstand unter speziellen technischen Bedingungen statt, die auch die Autohersteller wählen: vorgeheizte Fahrzeuge, besondere Reifen, untertourige Fahrweise, keine Klimaanlagen oder Heizungen und anderes. So erklärte denn auch der Autoverband VDA, die Ergebnisse bestätigten im Wesentlichen die schon bei der Zulassung ermittelten Werte der Behörden.
„Die Untersuchung ist nicht glaubwürdig. Minister Dobrindt wollte verhindern, dass die Auto-Hersteller Milliarden Euro an Kfz-Steuern nachzahlen müssen“, kritisierte Oliver Krischer, stellvertretender Vorsitzender der Grünen-Bundestagsfraktion. Die Höhe der Steuer ist an den CO2-Ausstoß gekoppelt. Krischer zufolge werden Autokäufer bei den Angaben zum Spritverbrauch und zu den Abgasen „systematisch hinter die Fichte geführt“.
Immerhin räumt auch der Verkehrsminister ein, dass Prüfwerte im Labor und reale Emissionen und Verbräuche in der Realität voneinander abweichen – weil jeder Fahrer anders fährt, weil sich Strecken unterscheiden oder „Verbraucher“ im Auto wie Klima- oder Heizungsanlagen oder Radios genutzt werden oder nicht. Doch welche Werte sind verlässlich?
Ein neues, unabhängiges Institut soll realistische Messungen vornehmen
Wegen der Verunsicherung der Kunden will Dobrindt ein Institut für Verbrauchs- und Emissionsmessungen gründen. An dem als Verein organisierten Institut sollen Autoindustrie, Bundesministerien, Verbraucherverbände und auch Umweltschutzgruppen beteiligt werden. Finanziert wird es von der Autobranche mit jährlich rund zwei Millionen Euro. Pro Jahr sollen 70 Modelle in realen Fahrsituationen getestet werden. Die regulären Zulassungstests, die nach einer Vereinbarung in der EU ab Herbst realitätsnäher sein sollen, werden dadurch jedoch nicht ersetzt. Verbraucher sollen auf einer Internetseite lediglich „Bandbreiten“ möglicher Verbräuche und Emissionen auf der Straße nachlesen können.
Oliver Krischer: „Das Institut für Verbrauchsmessungen ist ein Witz, gerade wenn es von den Autoherstellern finanziert wird.“ Auch die Deutsche Umwelthilfe kritisierte das Vorhaben: „Das ist der Offenbarungseid im Verbraucherschutz“, sagte DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. „Was wir brauchen ist ein industrieunabhängiges behördliches Prüfinstitut, idealerweise am Umweltbundesamt angegliedert.“
"Nationales Forum Diesel" im August
Bewegung kommt derweil in die Diskussion um die Nachrüstung älterer Diesel, mit der Fahrverbote in Großstädten vermieden werden soll. Am 2. August soll erstmals ein „Nationales Forum Diesel“ mit Beteiligung von Bund, Länder und Autobranche tagen, wie Umwelt- und Verkehrsministerium am Dienstag mitteilten. Dort werde man „sicherlich“ eine Lösung finden, wie Nachrüstungen ohne Belastung der Kunden ablaufen könnten, sagte Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD). Auch andere betroffene Bundesministerien sollen sich beteiligen. In Baden-Württemberg und Bayern laufen bereits Gespräche zwischen Landesregierungen und Autobranche. Unter anderem in München, Stuttgart und Hamburg könnte es Fahrverbote geben, wenn die EU-Grenzwerte für Stickoxid weiter gerissen werden.