Tagesspiegel eMobility Summit 2015: „Die Zeit ist reif“
2015 hat der Markthochlauf der Elektromobilität begonnen. Doch die Nachfrage fehlt. Branchenverband und Autohersteller fordern finanzielle Anreize zum Kauf von Elektroautos – die Politik zögert noch.
Der deutsche Markt für Elektromobilität braucht eine staatliche Anfahrhilfe. Mit der Forderung nach einer „kraftvollen Entscheidung“ der Politik zur finanziellen Förderung von privaten und gewerblichen E-Auto-Käufern eröffnete Matthias Wissmann, der Präsident des deutschen Autoverbandes VDA, am Montag den 5. eMobility Summit des Tagesspiegels mit rund 300 Teilnehmern.
„Wir müssen uns wesentlich stärker auf die Entwicklung des deutschen Marktes konzentrieren“, sagte Wissmann. Insgesamt 29 elektrische Modelle hätten die deutschen Autohersteller Ende dieses Jahres im Angebot. Die Nachfrage nach Elektroautos bleibe aber wegen der vergleichsweise hohen Anschaffungskosten hinter den Erwartungen zurück. Während die Industrie investiert und geliefert habe, hinke die Politik hinterher.
Auch Daimler-Chef Dieter Zetsche warnte davor, die Industrie und ihre potenziellen Kunden alleinzulassen. Kein Hersteller verdiene bislang etwas an Elektroautos, auch Daimler nicht. „Wir legen in jedes Handschuhfach Geld“, sagte Zetsche. Wenn sich die Elektromobilität durchsetzen solle, müsse mehr geschehen. Deutschland sei weltweit ein Leitanbieter, aber noch lange kein Leitmarkt, sagte er auf dem zweitägigen eMobility- Summit, den der Tagesspiegel erstmals zusammen mit Hubject veranstaltet, ein Gemeinschaftsunternehmen von BMW, Bosch, Daimler, EnBW, RWE und Siemens, das eine Plattform zur Vernetzung von Infrastrukturdienstleistern bietet. Hubject veranstaltet im Verlagsgebäude parallel seine internationale „Intercharge Network Conference“.
2015 sei ein wichtiges Jahr auf dem Weg zum Massenmarkt, betonte Wissmann. „Wir hoffen, dass jetzt die richtigen politischen Entscheidungen getroffen werden.“ Bei der finanziellen Unterstützung von E-Auto-Käufern „gibt es noch Luft nach oben“, sagte Zetsche. In vier von fünf Ländern mit einer großen Autoindustrie gebe es bereits Kaufhilfen. Zetsche sprach sich für eine zeitlich befristete Subventionierung von Elektroautos in Deutschland aus, einen „Brückenschlag“ zum Massenmarkt. Andernfalls sei das Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020 „völlig unrealistisch“. In fünf Jahren sollen nach dem Willen der Bundesregierung eine Million Elektroautos und Plug-in-Hybride auf den Straßen unterwegs sein; aktuell sind es nur 30 000.
VDA-Präsident Wissmann begrüßte ausdrücklich die Bundesratsinitiativen der Länder Hessen und Niedersachsen, die für eine steuerliche Förderung eintreten – etwa durch Sonderabschreibungen beim Kauf gewerblich genutzter E-Fahrzeuge. „Gebt ein klares Signal“, appellierte Wissmann auch an andere Bundesländer. „Die Zeit ist reif.“ Wegen der erwarteten Steuerausfälle sei eine Sonder- Afa Streitpunkt in den Bund-Länder-Finanzbeziehungen. Im Juni gebe es dazu aber ein Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Ich hoffe, dass dann der Knoten gelöst wird“, sagte Wissmann. Die öffentliche Hand gehe bei der Beschaffung eigener E-Fahrzeuge für Ministerien, Behörden und öffentliche Unternehmen mit schlechtem Beispiel voran. „Man kann nicht sagen, dass wir hier an der Spitze des Zuges unterwegs sind“, kritisierte Wissmann.
Norbert Barthle, parlamentarischer Staatssekretär, erklärte dies unter anderem auch mit dem „dünnen Angebot im mittleren Preissegment und in der oberen Mittelklasse“, jenen Modellreihen also, die gerne als Dienstwagen genutzt werden. „Hier brauchen wir mehr Elektrofahrzeuge“, appellierte er an die Hersteller. Zum Thema finanzielle Förderung sagte Barthle lediglich, der Bund „prüfe sorgfältig weitere Instrumente und Regelungen“. Zugleich warnte er mit Blick auf die Erfahrungen in Frankreich vor „kurzzeitigen Strohfeuern“.
Unterstützt wurde die Forderung nach neuen Mittelklasse-E-Autos von Gerd Lottsiepen vom ökologischen Verkehrsclub VCD. „Die Fokussierung auf die Luxusklasse ist nicht richtig.“ Es gehe dabei aber weniger um Kaufpreise, sondern vielmehr darum, auch beim Klimaschutz Fortschritte zu machen und sich die Frage zu stellen, wer große, schwere Autos wirklich brauche. Das Thema Elektromobilität müsse auch energiepolitisch gedacht werden. „E-Wagen machen für den Klimaschutz nur Sinn, wenn die Energiewende stattfindet.“ Deshalb werde mehr grüner Strom gebraucht.
"Alle suchen nach Geschäftsmodellen"
Mit Blick auf das Eine-Million-Ziel gab sich Peter Sallandt, Leiter der Gemeinsamen Geschäftsstelle Elektromobilität der Bundesregierung, zuversichtlich. „Wir sind im Zeitplan, die Marktvorbereitung lief gut.“ Beim nun begonnenen Markthochlauf seien alle Beteiligten gefragt. Von der Industrie forderte Sallandt mehr Flexibilität bei der Preisgestaltung von E-Fahrzeugen. Der Bund habe bereits viel geleistet, etwa mit dem Schaufenster-Programm, das seit 2012 Pilotprojekte in vier großen Regionen fördert. Für eine zweite Auflage des Elektromoblitätsgesetzes werde jetzt überlegt, was im Bereich von Miet- und Städtebaurecht verbessert werden könne. Über die Sonder-Afa werde ebenfalls diskutiert. Zwei der größten Herausforderungen – der Aufbau einer Ladeinfrastruktur und die Batterienproduktion – würden jetzt in einer eigens gegründeten Arbeitsgruppe diskutiert. Die im Vergleich mit anderen Ländern eher langsame Entwicklung der Elektromobilität verteidigte Sallandt. „Alle suchen jetzt nach Geschäftsmodellen und Marktnischen – das braucht Zeit.“ Am Ende werde aber der Erfolg stehen.
Henrik Mortsiefer, Angie Pohlers
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