"Deutschland-Ticket" der Deutschen Bahn: Die Tücken eines Fahrscheins für alle Verkehrsträger
Die Deutsche Bahn kündigt ein sogenanntes Deutschland-Ticket für alle Verkehrsmittel an. Der Fahrgastverband findet die Idee gut, sieht aber Probleme.
„Wir sagen, dass wir eine übergreifende nationale Mobilitätskarte brauchen, mit der der Kunde alles machen kann: Zug fahren, Räder ausleihen, Busse und Taxis nutzen und bezahlen“, sagte Bahn-Chef Rüdiger Grube dem Wochenmagazin „WirtschaftsWoche“. „Am Monatsende gibt es dann eine Rechnung wie fürs Telefon. Und der Kunde hat die Garantie, dass das System stets den günstigsten Tarif abrechnet.“ Daran arbeite man gerade „mit Hochdruck“ beteuerte er.
Ein Hindernis auf dem Weg zur Mobilitätskarte sei noch die „sehr fragmentierte Mobilitätsverantwortung“ in Deutschland. „Die Kommunen und die Länder sind für den Regionalverkehr zuständig, und viele verteidigen ihre Königreiche, indem jeder seine eigene Mobilitätskarte hat.“ Der Bahn-Kunde wolle aber „ein einziges Ticket haben, um alle Buchungen zu bezahlen, und damit einen Dienstleiter, der alles für ihn erledigt“, meinte Grube, der den Konzern seit Mai 2009 führt. Die Bahn werde diese Aufgabe übernehmen. „Es wird dann nur noch ein Ticket oder eine App geben, die alle Verkehrsmittel vereinen“.
Konkrete Aussagen zur Ausgestaltung und zum Zeitpunkt der Einführung eines solchen Angebots seien noch nicht möglich, sagte ein Konzernsprecher auf Nachfrage. Er führte aus, dass es nicht nur um die einfachere Buchbarkeit und bessere Verknüpfung der konzerneigenen Verkehrsträger wie Bahn, Bus, Carsharing, Mietfahrrad gehe, sondern auch um die nahtlose Integration anderer Mobilitätsbausteine, etwa private Fernbusse, Mitfahrzentralen, Mietwagen, Taxis, Flugzeug. Zudem verwies er darauf, dass die Bahn mit ihren digitalen Produkten wie der App DB Navigator, dem Reiseplaner Qixxit oder dem neuen „Mobilitätsbudget“-Angebot für Geschäftskunden die Möglichkeit biete, verschiedene Mobilitätsangebote einfach miteinander zu kombinieren.
Karl-Peter Naumann, Ehrenvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn, begrüßte am Freitag, dass Grube an diesen Konzepten weiterdenkt. Er erinnerte auch daran, dass die vielen Unternehmen im Bundesverband der Verkehrsunternehmen bereits 2004 einen Beschluss gefasst hätten, ihre Beförderungsbedingungen ansatzweise zu harmonisieren. „Bis heute ist das Konzept zur Multimodalität nicht wirklich umgesetzt“. Das sei aber Voraussetzung für die Preisberechnung. Pro Bahn sei auch im Gespräch mit der DB über den Datenschutz: Ist der gewährleistet, wenn Kunden nur ein Ticket kaufen und damit der Weg von Haustür zu Haustür exakt dokumentiert ist? Eine Idee, sagt Neumann, sei eine anonyme Prepaid-Karte. Die könne man mit Geld aufladen und kosten damit begleichen.
In Grubes Schwärmen von einer Sammelrechnung am Monatsende mag Naumann nicht einstimmen. Schließlich könnten auf Reisen schnell deutlich höhere Kosten entstehen als beim Telefonieren. „Kostenkontrolle muss gewährleistet sein“, sagte er.
Grube denkt derweil nicht allein beim Ticketkauf in die Zukunft. Dieser Tage war er auch im Silicon Valley unterwegs und setzte sich in Googles Prototypen des selbstfahrenden Autos. Auch dazu machte er sich so seine Gedanken. Zuletzt war die Bahn vor allem mit Rückblicken beschäftigt gewesen. So hatte Grube im März die Geschäftszahlen für 2015 vorgelegt - und den ersten Konzernverlust seit 2013 erklären müssen.