Angst vor Omikron: Die Reiselust lässt nach
Die Neubuchungen gehen zurück. Das liegt an den steigenden Corona-Zahlen und der neuen Variante. Wer aus Südafrika nach Deutschland fliegt, muss in Quarantäne.
Eigentlich wollte Europas größter Reiseveranstalter die Korken knallen lassen. Nach 20 Monaten Pause legte am Dienstag erstmals wieder ein Tui-Kreuzfahrtschiff in Kapstadt an. Doch statt Partystimmung herrscht Angst vor der in Südafrika um sich greifenden, hoch ansteckenden Omikron-Corona-Variante. Also fallen die geplanten Landausflüge aus, viele Passagiere sind von Bord gegangen, um nach Hause zu fliegen. Andere verlassen das Schiff nicht und wollen möglichst schnell wieder weg.
Noch weiß niemand genau, was Omikron für die Reisenden und die gebeutelte Reisebranche bedeutet. Ob die neue Virusvariante den Tourismus wieder zum Erliegen bringen wird, hängt davon ab, wie sich das Virus verbreitet, wie gefährlich es ist und wie wirksam die derzeit auf dem Markt befindlichen Impfstoffe sind. Die Warnung des Moderna-Chefs Stephane Bancel, dass die aktuellen Vakzine gegen Omikron weniger gut wirken, hat den Aktien von Flug- und Reiseunternehmen am Dienstag auf jeden Fall geschadet. Lufthansa und Easyjet verloren rund drei Prozent, Tui-Aktien gaben um 2,5 Prozent nach.
Ein Dämpfer für die Reisebranche
Dabei hatten die Reiseveranstalter noch bis vor wenigen Tagen Hoffnung geschöpft, die Corona-Pandemie langsam hinter sich lassen zu können. Tui-Deutschland-Chef Stefan Baumert hatte kürzlich geschwärmt, dass die Buchungen für den nächsten Sommer wieder das Niveau der Vorkrisenzeit erreichen könnten. Auch die Nummer zwei, DER Touristik, hatte sich Hoffnungen auf einen „nachfragestarken Sommer 2022“ gemacht, Unternehmenschef Ingo Burmester hatte noch vor wenigen Tagen von „großen Nachholeffekten“ gesprochen. Insgesamt hat die Reisebranche seit Beginn der Pandemie im März 2020 Umsatzverluste von rund 24 Milliarden Euro hinnehmen müssen.
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Reiserückkehrer müssen in Quarantäne
Doch statt der ersehnten Erholung gibt es nun erst einmal neue Sorgen. Die Bundesregierung hat verschiedene afrikanische Staaten – Botsuana, Eswatini, Lesotho, Malawi, Mosambik, Namibia, Simbabwe und Südafrika - zu Virusvariantengebieten erklärt. Das heißt: Auch vollständig Geimpfte und Genesene müssen nach der Rückkehr 14 Tage in Quarantäne.
Dennoch fliegt die Lufthansa weiterhin Südafrika an, obwohl sie derzeit nur Reiserückkehrer mit deutschem Pass und Menschen mit Wohnsitz in Deutschland nach Hause bringen darf. Doch das scheint zu reichen. „Unsere Flüge sind weiterhin gut gebucht“, sagte eine Lufthansa-Sprecherin. DER Touristik beobachtet dagegen bereits eine gewisse Zurückhaltung bei Afrika-Zielen. Allerdings ist Südafrika ohnehin ein eher kleines Reiseziel. Vor der Coronakrise zählte der Deutsche Reiseverband (DRV) 300.000 Reisende bei gut 55 Millionen Urlaubern insgesamt. Zuletzt waren nur 400 deutsche Pauschalurlauber vor Ort.
Neubuchungen gehen zurück
Das Analysehaus TDA sagt der Reisebranche schwierige Wintermonate voraus. Schon in den ersten beiden Novemberwochen habe es einen leichten Abwärtstrend bei den Neubuchungen gegeben. Es sei absehbar, dass die derzeit stark anziehenden Corona-Infektionen und Omikron die Nachfrage nach Winterurlaub schmälern wird, hieß es am Dienstag. „Die Unsicherheit, wie sich die Situation weiter entwickelt, führt zu einer erkennbaren Zurückhaltung bei der Buchungsentscheidung“, bestätigt auch DRV-Präsident Norbert Fiebig. Eine deutliche Belebung erwartet er aber ab dem zweiten Quartal des nächsten Jahres.
Vorerst schotten sich aber viele Länder ab. Israel verhängte als erstes Land eine Einreisesperre, Japan und Australien folgen. Eigentlich wollte Australien seine Grenzen an diesem Mittwoch wieder öffnen, doch wegen Omikron wird die Einreisesperre um zwei Wochen verlängert. Marokko hat alle Flüge ins Land vorerst ausgesetzt.
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Das ist bitter für die Tui, die im Dezember das nordafrikanische Land wieder anfliegen wollte. Dennoch hat der Reiseveranstalter den Optimismus nicht verloren. „Es gibt zur Zeit nicht wenige Gäste, die adhoc dem trüben Wetter entfliehen und auf den Kanarischen oder den Kaperverdischen Inseln Sonne tanken“, sagte ein Sprecher am Dienstag. Allerdings bleibe das Buchungsverhalten „weiter kurzfristig“.