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Barren statt Bares: Die BMF-Stiftung hat Anlegern Gold verkauft und zugesagt, es später teurer zurückzunehmen.
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Grauer Kapitalmarkt: Die Politik will Anleger besser schützen

Erst Prokon, dann der Fall der Berliner BWF-Stiftung: Die Politik will Anleger besser vor dubiosen Angeboten des grauen Kapitalmarkts schützen. Doch Experten halten das geplante Gesetz für viel zu schwach.

Ein goldenes Geschäft hat die Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF) ihren Anlegern versprochen: Über Jahre hat sie ihren Kunden Gold verkauft – mit der Zusage, es später zu einem deutlich höheren Preis wieder zurückzunehmen. Im Gegenzug sollten die Anleger ihr Gold bei der BWF-Stiftung hinterlegen, die in der Zwischenzeit damit handelte. Beworben wurde das als eine „risikoarme und innovative Anlageform“. Die mindestens 6500 Verbraucher, die bei der Berliner Stiftung ihr Geld angelegt haben, dürften nun geschockt sein. Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft den Verantwortlichen „gewerbsmäßigen Anlagebetrug“ vor. Die Finanzaufsicht Bafin hat ihr Handeln als Einlagengeschäft eingestuft und verboten.

Dabei stellt sich die Frage, wie die Verantwortlichen so lange unbehelligt Geschäfte machen konnten – wenn die, wie es nun scheint, gar nicht legal waren. Die Stiftung, die ihren  Hauptsitz in Berlin-Zehlendorf hat, gibt es seit 2010. Mindestens seit 2011 soll sie über ihre Goldsparverträge Geld bei Anlegern eingesammelt haben.

Das Problem: Die BWF-Stiftung handelte auf dem grauen Kapitalmarkt. Darunter fallen alle Anbieter von Finanzprodukten, die keine Bankzulassung haben. Solche Firmen agieren häufig weitgehend außerhalb des Radars der Aufsicht. Die Bafin kann gegen sie in der Regel erst aktiv werden, wenn Kunden Anzeige erstatten. Bei der BWF-Stiftung war das vermutlich im vergangenen September der Fall – diese Woche haben Beamte nun die Geschäftsräume in Berlin und Köln durchsucht, Gold und Unterlagen sichergestellt.

Neues Koordinatensystem für den grauen Kapitalmarkt

Aus Sicht von Verbraucherschützern zeigt der Fall der Berliner Stiftung einen Fehler im System: Noch immer sei der graue Kapitalmarkt viel zu wenig reguliert. Dabei wollte die Politik das nach der Pleite der Windenergiefirma Prokon ändern. Prokon hatte über Genussscheine Geld bei Anlegern eingeworben und sie mit falschen Versprechen gelockt. Prokon hatte unter anderem massiv in öffentlichen Verkehrsmitteln für die Papiere geworben. Um so etwas in Zukunft zu verhindern, hat die Bundesregierung ein neues Kleinanlegerschutzgesetz erarbeitet. Am Freitag war es Thema im Bundestag. Justizminister Heiko Maas (SPD) sprach von einem neuen Koordinatensystem für den grauen Kapitalmarkt. Das Gesetz schränkt zum Beispiel die Möglichkeiten der Anbieter ein, für ihre Produkte zu werben. Außerdem sollen die Kunden besser über die Risiken aufgeklärt werden.

Experten sind von dem Gesetz allerdings enttäuscht, es geht ihnen längst nicht weit genug. „Jede Firma, die Kapitalanlagen vertreibt, müsste unter die Aufsicht der Bafin fallen“, sagt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz. Er fordert etwa, dass jede Finanzfirma ihre Gesellschafter bei der Aufsichtsbehörde melden müsse. „Die Bafin könnte dann anhand der Vita der Gesellschafter zum Beispiel prüfen, ob sie überhaupt ausreichend qualifiziert sind, um Finanzgeschäfte anzubieten.“

Nieding hält es vor allem für bedenklich, dass die Vermittler von Finanzprodukten des grauen Kapitalmarktes auch nach dem neuen Gesetz weiter unter die Aufsicht der Gewerbeämter fallen – und nicht unter die der Bafin. „Es kann doch nicht sein, dass der Vertrieb komplexer Finanzprodukte von Beamten beaufsichtigt wird, die auch für die Glühweinstände auf dem Weihnachtsmarkt zuständig sind“, sagt er.

Anlagebetrügern auf Tretrollern hinterherjagen

Der Berliner Rechtsanwalt Jochen Resch sieht das ähnlich. Er vertritt regelmäßig Anleger, die von dubiosen Finanzfirmen geprellt worden sind. Seiner Meinung nach kann man den Anlagebetrug nur auf eine Weise eindämmen: durch eine strenge Strafverfolgung. Viel zu oft würden Anzeigen im Nichts verlaufen, weil Aufsicht und Staatsanwaltschaft personell schwach besetzt sind. Dass es den Behörden an Mitarbeitern fehlt, ist ein offenes Geheimnis. In Finanzkreisen scherzt man, die Täter würden Ferrari fahren, während die Kontrolleure ihnen auf Tretrollern hinterherjagten.

Etwas mehr Rechte bekommen die Aufsichtsbeamten mit dem neuen Gesetz immerhin: Die Bafin soll nicht mehr auf eine Anzeige gegen eine Finanzfirma warten müssen – sondern aktiv werden können, sobald sich mehrere Anleger bei ihnen beschweren. „Kollektiver Verbraucherschutz“, nennen das die Politiker.

Für die Anleger, die Gold der Berliner BWF-Stiftung gekauft haben, kommen die neuen Regeln allerdings zu spät. Sie können nur hoffen, mit einem möglichst geringen Verlust aus der Sache herauszukommen.

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