Razzia in Berlin-Zehlendorf: Berliner Gold-Stiftung soll Tausende Anleger geprellt haben
Die Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF) hat Anlegern Gold verkauft und versprochen, es ihnen mit hohen Aufschlägen später wieder abzunehmen. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen gewerbsmäßigen Betrugs.
Der Keller einer Villa in Zehlendorf: Dort hat die Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (BWF) in einem Hochsicherheitstresor Gold im Wert von etlichen Millionen Euro gehortet. Kleinanlegern hat sie angeboten, ihnen einen Teil des Goldes zu verkaufen, es für sie zu verwahren und es später zu einem deutlichen höheren Preis zurückzunehmen. Zunächst klingt das nach einem glänzenden Geschäft – die Rendite der Anleger scheint garantiert. Legal war das Ganze aber wohl nicht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Verantwortlichen der BWF-Stiftung. Der Vorwurf lautet: gewerbsmäßiger Betrug. Am Mittwoch haben Einsatzkräfte die Geschäftsräume der Stiftung in Berlin und in Köln durchsucht. 120 Beamte sowie fünf Ermittler der Finanzaufsicht Bafin waren nach Angaben der Polizei im Einsatz.
6500 Verbraucher sind betroffen
Über Jahre hat die BWF-Stiftung mit ihrem Gold-Versprechen Geld bei Verbrauchern eingesammelt. Nach ersten Informationen haben etwa 6500 Verbraucher ihr mindestens 48 Millionen Euro anvertraut. Einsteigen konnten die Anleger mit einer Einmalzahlung von 2000 Euro oder mit Sparbeträgen von monatlich 25 Euro. Je nach Vertrag sagte die Stiftung zu, ihnen nach zwei bis zehn Jahren bis zu 180 Prozent der eingesetzten Summe auszuzahlen. Dafür behielt sie sich vor, in der Zwischenzeit mit dem Gold der Anleger zu handeln.
Die Staatsanwaltschaft Berlin und die Bundesfinanzaufsicht (Bafin) verdächtigen die Stiftung nun „des gewerbsmäßigen Anlagebetrugs“. Denn vermutlich hat die Stiftung nicht für jeden ihrer Anleger tatsächlich Gold hinterlegt. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie mindestens einen zweistelligen Millionenbetrag „vertragswidrig und betrügerisch verwendet“ hat, heißt es in einer Mitteilung.
Eventuell Schneeballsystem geplant
„Es ist nicht auszuschließen, dass dahinter ein Schneeballsystem steht“, sagt der Berliner Anwalt Jochen Resch, der sich mit dem Fall bereits länger beschäftigt. So könnte die Stiftung das Geld neuer Anleger eingesetzt haben, um die Kunden der ersten Stunde auszubezahlen. Ein solches Geschäft geht jedoch nur solange gut, wie mehr neue Anleger angeworben werden als alte ausbezahlt werden müssen. Für diese These spricht die Tatsache, dass die Stiftung die Finanzprodukte über ein Netz von Vermittlern vertrieben hat. So betreibt die Stiftung laut ihrer Internetseite in Berlin, Bremen und Köln jeweils einen „Campus“ „als Ausbildungs- und Schulungsorte“.
Die Stiftung soll Spareinlagen ohne Zulassung eingesammelt haben
Vorgeworfen wird der Stiftung wohl vor allem, dass die Stiftung ein Bankgeschäft betrieben hat – ohne die nötige Zulassung der Bafin. Schließlich hat die Stiftung Gelder bei Anlegern eingesammelt und ihnen dafür einen Zins versprochen. Das ist ein typisches Einlagengeschäft, das Banken vorbehalten ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch wegen eines Verstoßes gegen das Kreditwesengesetz.
Wie ein Zeuge dem Tagesspiegel berichtete, rollte die Polizei am Mittwochmorgen mit mehreren Mannschaftswagen in Zehlendorf an. Beamte trugen Umzugskartons in die Villa, später transportierten sie auch mehrere Fahrzeuge ab. Neben dem Hauptsitz in Zehlendorf wurden Räume in Charlottenburg und Hellersdorf durchsucht. Auch am Kölner Standort der Stiftung schlugen Ermittler auf.
Die Ermittler fanden vier Tonnen Gold
Laut Pressemitteilung der Polizei, stellten die Beamten etwa vier Tonnen „angebliches Gold sowie umfangreiches Beweismaterial“ wie Akten und Computer sicher. „Wie hoch der Feingehalt des Goldes ist oder ob es sich um Doubletten handelt, ist Gegenstand der laufenden Ermittlungen“, hieß es weiter.
Noch sind viele Fragen in dem Fall offen. Unklar ist zum Beispiel wer die Drahtzieher sind. Als Vorstand der Stiftung agiert ein Detlef B., mit dem erst kürzlich ein Interview auf dem Blog der Stiftung erschienen ist. Darin erklärt er, man wolle nun alle Anleger auszahlen – um künftig ein neues Produkt namens „Gold-Profit“ zu vertreiben. Als Mitinhaber und Geschäftsführer wird in einer Strafanzeige, die im Netz kursiert, ein Gerald S. genannt. Er soll erst 2012 die Privatinsolvenz hinter sich gelassen haben. Insgesamt laufen derzeit Ermittlungen gegen zehn Personen.
Die Anleger dürfen nun immerhin darauf hoffen, einen Teil ihres Geldes wiederzusehen. Die Bafin hat eine Frankfurter Rechtsanwaltskanzlei damit beauftragt, die am Mittwoch sichergestellten Vermögenswerte zu erfassen und eine Rückzahlung zu veranlassen.
Carla Neuhaus
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