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Nichts zu holen. Wer seine Ersparnisse auf dem Sparbuch hat, darf kaum Zinsen erwarten.
© dpa

Sparquote und Altersvorsorge: Die niedrigen Zinsen vernichten Vermögen

Junge Menschen sorgen nicht vor, heißt es in einer neuen Studie. Alte aber auch nicht – wie denn auch? Die niedrigen Zinsen helfen vielleicht dem Staat, aber nicht dem normalen Sparer. Eigentlich wäre hier schon längst die Bundesregierung gefordert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Georg Fahrenschon, der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes macht sich Sorgen. Vermutlich um die Renditen der zu seiner Organisation gehörenden Geldinstitute, aber er packt das Thema anders an, auf der menschlichen Ebene sozusagen. Die Hälfte der 14- bis 29-jährigen Bundesbürger bildet keinerlei Rücklagen für das Alter, hat er gesagt. Das geht aus dem Vermögensbarometer 2014 hervor, das jetzt veröffentlicht wurde. 16 Prozent der Bundesbürger insgesamt sähen sich finanziell nicht in der Lage, aktive Altersvorsorge zu treiben, kann man aus einer repräsentativen Umfrage des Verbandes ablesen, man müsse schon fast „von einer Erosion der Sparkultur sprechen“, krönt Fahrenschon seine mahnenden Worte.

Der Staat pumpt Geld quasi zum Nulltarif

Was der Präsident da registriert, ist tendenziell keine neue Entwicklung. Zum einen haben 14-jährige noch nie sonderlich viel Geld zum Sparen gehabt, zum anderen verdienen viele junge Leute Mitte 20 ziemlich bescheiden, falls sie nicht noch in der Berufsausbildung sind. Wenn sie dann in einem so genannten prekären Beschäftigungsverhältnis sind, also auf der Basis von Zeitverträgen arbeiten, werden sie an Eigentumsbildung kaum denken, denn Hypotheken müssen nun einmal immer bedient werden, auch wenn gerade kein Geld da ist. Sonst kommt es zur Zwangsversteigerung.

Bis vor einigen Jahren aber haben sowohl junge als auch alte Bürger sehr wohl gespart. Sie haben festverzinsliche Papiere gekauft, oder Aktien, die relativ stabile Wertsteigerungen boten, oder sie haben Geld in Lebensversicherungen gesteckt, weil das alles Renditen oberhalb der Inflationsrate nicht nur versprach, sondern auch hielt. Seit die Europäische Zentralbank aber ihre Politik des billigen Geldes begonnen hat, um die Spekulation gegen den Euro zu bremsen, sind die Zinsen überall auf ein Niveau deutlich unterhalb der Inflationsrate gesunken. Zwar war EZB-Präsident Mario Draghi mit dieser Strategie erfolgreich, der Euro steht nicht mehr unter Druck. Dafür zeichnet sich für den normalen Bürger, der Geld nur im bürgerlichen Rahmen anlegen kann, also keine Millionen zur Verfügung hat, etwas ab, was man nur noch als gigantische Vermögensvernichtung bezeichnen kann. Wenn selbst Bundesanleihen so niedrig verzinst werden, dass die – zur Zeit auch noch extrem niedrige – Geldentwertungsrate nicht ausgeglichen werden kann, freut sich nur noch der Bundesfinanzminister. Er pumpt sein Geld für den Staat quasi zum Nulltarif.

Der Bürger aber ist der Gelackmeierte. Risikoarme Geldanlagen, die auch nur schmale Renditen bringen, sind kaum zu finden. Und der Inflationsschock der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts sitzt tief, er ist sozusagen Teil des genetischen Codes der Deutschen geworden. Man muss schon ein vermögender Zocker sein, um den Renditeversprechen der Banken für exotische Papiere zu erliegen – wenn dann mal eine fünfstellige Summe perdu ist, gibt es in einem anderen Offshoreland vielleicht eine ausgleichende Rendite. Dass die Menschen, dermaßen desillusioniert, ihr Geld lieber in den Konsum stecken, als es sich auf dem Sparkonto von selbst vermindern zu lassen, liegt nahe. Ein Heuchler, wer ihnen dafür auch noch Vorwürfe macht.

Kein Wunder, dass so viele Beamte werden wollen

Nein, dies ist ein Punkt, an dem sich jede Bundesregierung eigentlich gefordert sehen müsste. Eine Geldpolitik, die es den kleinen Leuten unmöglich macht, für das Alter vorzusorgen, ist eine unanständige Politik, die am Ende auch auf die Gesellschaft und das Staatswesen als Ganzes zurückschlägt. Mit der Altersarmut, die die unausweichliche Folge ist, muss die Demokratie als Ganzes nämlich fertig werden, wenn sie nicht der Gefahr einer politischen Radikalisierung und Abwanderung zu extremen Partei blind gegenüber ist. Viele junge Menschen haben ihren ganz individuellen, in seiner Massierung aber fast schon wieder kollektiven Ausweg entdeckt: Sie streben in den Staatsdienst. Der Beamte nämlich ist, das haben die Jungen richtig erkannt, ist der einzig abhängig Beschäftigte, der dank der Pension im Alter keine Not leisten muss.

Flughafenchef kann schließlich nicht jeder werden. Dann bekommt man nach einem erfolgreichen Arbeitsgerichtsprozess nicht nur sein monatliches Gehalt von rund 30000 Euro weiter bezahlt, sondern oben drauf auch noch für jeden Monat bis zum Vertragsende im Mai 2016 3880 Euro für die betriebliche Altersvorsorge. Wen wundert es da noch, dass in entsprechenden Umfragen viele Menschen sagen, dass es in diesem Land nicht mehr gerecht zugehen würde?

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