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In Städten wie Berlin sind die Abgase von Verbrennungsmotoren eine große Belastung.
© Michael Kappeler/dpa
Exklusiv

Grüne fordern Verbot ab 2030: Die Mehrheit der Deutschen will Verbrenner behalten

Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm, dass ab 2030 keine neuen Verbrenner-Autos verkauft werden. Eine deutliche Mehrheit der Deutschen lehnt dies ab.

Es ist ein Reizthema für Politik, Autoindustrie und Wähler:innen, die oft genug auch Pkw kaufen: Ab wann sollen in Deutschland keine Neuwagen mehr mit Verbrennungsmotor zugelassen werden? Folgen wir Norwegen, das 2025 als Enddatum festgelegt hat, oder China, das eine Frist bis 2060 lässt?

Die Grünen fordern in ihrem Programm für den Bundestagswahlkampf, das sie am Freitag vorstellen, dass ab 2030 nur noch emissionsfreie Autos neu zugelassen werden dürfen. Im Gegenzug wollen sie einen schnellen Aufbau der Ladeinfrastruktur und eine weitere Förderung des Markthochlaufs von sauberen Fahrzeugen sicherstellen. 

Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat zwar das Jahr 2035 genannt. Wenn Verbrennungsmotoren aber mit synthetischen Kraftstoffen betrieben werden, sollen sie das ewige Leben haben. Hildegard Müller, die ehemalige CDU-Staatsministerin im Kanzleramt und heutige Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie, nimmt gleich gar keine Jahreszahl in den Mund.

In einem Interview der „Süddeutschen Zeitung“ sagt Müller: „Nicht der Motor ist das Problem, sondern der fossile Kraftstoff.“ Beim aktuellen Stand der Elektrifizierung des Verkehrs wäre es zu früh, ein Enddatum zu nennen. 

Auf die irreführende Nachfrage, ob es machbar sei, den „Verkehr ab 2030 abgasfrei“ zu machen, wie die Grünen es angeblich wollten, antwortet Müller: „Dann müssten die Grünen 2030 rund 30 Millionen Benziner und Diesel verbieten und verschrotten.“ Die Partei sprach allerdings nur von Neuzulassungen, nicht von Altfahrzeugen.

Wie sehr das Thema Verbrennerverbot die Bevölkerung spaltet, zeigt auch eine repräsentative Civey-Umfrage für Tagesspiegel Background. Insgesamt sprechen sich 22,1 Prozent der mehr als 2500 Befragten dafür aus, ab 2030 oder früher keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr in Deutschland zu verkaufen. Gemeint sind Neuwagen. Für die in anderen Ländern immer wieder genannten Daten 2035 und 2040 gibt es überraschend wenig Zustimmung. Doch 55,2 Prozent lehnen jedes zeitliche Limit ab.

Die Parteipräferenzen spielen eine entscheidende Rolle

Wie dieses auf den ersten Blick erstaunliche Ergebnis zustande kommt, zeigt der Blick auf das Abstimmungsverhalten nach Parteipräferenzen. Von den Grünen-Wähler:innen sprechen sich 55,1 Prozent für das Ausstiegsdatum 2030 oder früher aus; immerhin 19,5 Prozent wollen sich auf keine Jahreszahl festlegen. Bei den Linken-Sympathisant:innen liegen diese beiden Pole mit 44,4 und 37 Prozent schon recht nahe beieinander.

Bei der zumindest der Tradition nach gewerkschafts- und industriearbeiternahen SPD-Klientel kippt es dann: 30,5 Prozent wollen das früheste Exit-Datum, doch 39,5 Prozent wollen sich noch gar nicht festlegen. Noch klarer wird es bei den Wähler:innen von CDU/CSU, FDP und AfD, die zu rund 65 bis 86 Prozent eine Jahreszahl für das Verbrenner-Aus ablehnen.

Schaut man sich in der Welt um, liegen sie damit nicht im Trend. Die Niederlande, Österreich, Belgien, Dänemark, Griechenland, Malta, Irland, Litauen und Luxemburg haben die EU-Kommission in einem Schreiben aufgefordert, ein Ausstiegsdatum für den Verkauf von Benzin- und Dieselautos zu nennen. 

Andere Länder sind weiter

Nach einer Zusammenstellung durch den Thinktank Berylls hat sich die Regierung von Dänemark auf das Jahr 2030 festgelegt, ebenso die EU-Staaten Irland, Slowenien, Schweden und die Niederlande. Das Nicht-EU-Land und E-Auto-Paradies Norwegen plant das Verbrenner-Verbot für 2025.

Der britische Premier Boris Johnson hat in der „Financial Times“ angekündigt, das Verbot nicht nur von 2040 auf 2035 vorzuziehen, sondern direkt auf 2030. Schottland war ohnehin schon bei 2032.

Frankreich und Spanien wollen sich dagegen bis 2040 Zeit lassen. Eine Sonderrolle spielt allerdings Mallorca, wohin viele Deutsche schon wieder Flüge gebucht haben. Auf der Baleareninsel dürfen ab 2025 keine neuen Diesel-Pkw mehr zugelassen werden, Benziner sind ab 2035 dran.

Das gilt dann auch für die Mietwagenbranche, die schon seit 2020 kontinuierlich steigende Quoten an Elektroautos erfüllen muss.

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