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Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der neunziger Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
© Mike Wolff

Chefin des Bundesverbands Öffentlicher Banken: "Die Landesbanken werden beim Stresstest keine Probleme bekommen"

Liane Buchholz ist die erste Frau an der Spitze eines Bankenverbands. Im Interview spricht sie über ihre Pläne für den Verband, die Folgen der Finanzkrise und warum Europa mehr Förderbanken braucht.

Frau Buchholz, Sie sind Mathematikerin, keine Bankerin. Warum sind Sie die Richtige, um  die Finanzbranche zu vertreten?
Die Zeiten haben sich geändert. Lobbying ist heute auch Aufklärungsarbeit. Die Bankenregulierung ist mittlerweile extrem komplex geworden, da hilft es mir, dass ich als Wissenschaftlerin gelernt habe, gezielt zu hinterfragen und gut zu erklären.

Bislang hatten Sie aber keinen engen Draht zur Politik...
Nein, aber das heißt nicht, dass man deshalb die Prozesse nicht kennt oder kein Verständnis dafür hat. Vor allem aber bin ich hier in Berlin mit sehr viel Neugierde und Offenheit aufgenommen worden.

Sie sind die erste Frau, die einen Bankenverband führt. Was machen Sie anders als Ihre männlichen Kollegen?
Mir ist dieses Geschlechterdenken fremd. Aber ich glaube, dass sich beispielsweise die Art des Umgangs verändert, wenn eine Frau an der Spitze steht. Im Übrigen bin ich es auch gewohnt, beruflich mehrheitlich mit Männern zu tun zu haben, das hat mich sicher auch ein Stück weit geprägt.

Warum gibt es im Bankwesen noch so wenige Frauen in Führungspositionen?
Frauen arbeiten in Banken oft in Positionen, in denen sie Kontakt zum Kunden haben. Ihre Karrieren verlaufen sehr vertikal. Männer planen ihre Karriere stärker im Zick-Zack: Sie arbeiten mal im Vertrieb, mal in der Kreditabteilung, dann im Vorstandsstab. Damit sammeln sie mehr Erfahrung, vergrößern ihr Netzwerk und qualifizieren sich eher für höhere Führungsaufgaben.

Was sollten Banken nun tun?
Als erstes müssen Banken ihre Unternehmenskultur stärker an die Lebenswirklichkeit von jungen Frauen und Familien anpassen. Ich wünsche es meinen jungen Kolleginnen sehr, dass sie es einfacher haben als ich früher.

Was meinen Sie damit konkret?
Wir brauchen in den Banken eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das fängt schon damit an, dass man die Termine für Meetings an die Öffnungszeiten der Kindertagesstätten anpasst. Ich selbst kann mich noch an Konferenzen erinnern, bei denen ich mich kurz entschuldigen musste, um meinem Kind am Telefon ein Gute-Nacht-Lied vorzusingen. Das muss wirklich nicht sein.

Haben Sie Ihre Erfahrungen bereits auf Ihren Verband übertragen?
Ich bin erst ein gutes halbes Jahr im Amt, aber ich führe hierzu bereits konkrete Gespräche. Wir sind zwar zu klein, um etwa eine eigene Kindertagesstätte aufzubauen, aber wir wollen zum Beispiel den Wiedereinstieg nach der Elternzeit erleichtern.

"Wir wollen uns klar als EZB-Verband positionieren"

Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Verbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der 90er Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Verbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der 90er Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
© Mike Wolff

Sie wollen den Verband neu aufstellen. Was haben Sie konkret vor?
Wir wollen uns klar als EZB-Verband positionieren. Denn zwei Drittel der deutschen Banken, die ab November unter die Aufsicht der Europäischen Zentralbank fallen, sind Mitglieder im VÖB. So viele Institute vertritt kein anderer Verband in Europa. Für ihre Interessen werden wir uns noch stärker als heute einsetzen. Und sind wir realistisch: Die EZB-Regulierung wird am Ende auch so oder so Auswirkungen auf die Institute haben, die nicht dem EZB-Regime unterliegen.

Wenn die EZB die Bankenaufsicht übernimmt, gewinnt sie damit an Macht. Finden Sie das gut?
Wir schauen uns das erstmal an. Wichtig ist, dass wir eine starke europäische Bankenaufsicht bekommen, die verhindert, dass es aufsichtsrechtliche Arbitrage gibt – also dass Banken sich dort ansiedeln, wo sie die geringsten Anforderungen vorfinden.

Finden Sie es richtig, dass nur Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro unter EZB-Aufsicht fallen?
Es muss ein klares Kriterium geben, das sind nun einmal die 30 Milliarden Euro. Wir müssen allerdings akzeptieren, dass deshalb auch die deutschen Förderbanken unter EZB-Aufsicht fallen. Ich hätte es lieber gesehen, wenn man für diese Spezialinstitute eine Ausnahme gemacht hätte, denn sie stellen keinerlei Risiko für die Finanzmärkte dar.

Förderinstitute sind auch Banken. Warum sollten sie eine Sonderbehandlung bekommen?
Die EZB geht davon aus, dass Institute mit einer Bilanzsumme von über 30 Milliarden Euro international tätig sind. Doch auf die deutschen Förderbanken trifft das nicht zu: Außerdem machen sie vieles, was ein normales Kreditinstitut nicht macht – zum Beispiel finanzieren sie sozialen Wohnungsbau, die Energiewende oder den Breitbandausbau. Das sind keine riskanten internationalen Engagements, das sind Zukunftsinvestitionen.

"Wir erleben gerade eine Renaissance der öffentlichen Banken"

Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der neunziger Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der neunziger Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
© Mike Wolff

Neben Förderbanken vertreten Sie  die deutschen Landesbanken. Wie viele von denen  werden den Stresstest der Europäische Zentralbank (EZB) überleben?
Klare Antwort: alle. Ich bin mir sicher, dass die Landesbanken beim Stresstest keine Probleme bekommen werden. Sie sind in den letzten Jahren deutlich schlanker geworden, haben fast 60 Prozent ihrer Risikopositionen abgebaut, die Eigenkapitalbasis deutlich gestärkt und sich dort, wo es notwendig war, neu aufgestellt.

Dabei haben sich viele Landesbanken in der Finanzkrise überworfen. Ist das vergeben und vergessen?
Nein, im Gegenteil. Der Schock einer abgewickelten WestLB sitzt noch immer tief. Aber Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise haben  Institute zum Umdenken gebracht. Während andere Geldhäuser von einer neuen Unternehmenskultur reden, haben die Landesbanken sie bereits umgesetzt und in ihre Geschäftsmodelle implementiert.

Tatsächlich?
Ja, es gibt in den Häusern eine neue Form der Bescheidenheit. Insbesondere besinnen sich die Landesbanken wieder auf ihren Gründungsauftrag. Sie sind viel stärker national und regional tätig als vor Ausbruch der Finanzkrise. Sie finanzieren fast ein Viertel aller Unternehmenskredite und sind gemeinsam mit den Förderbanken mit fast 50 Prozent Marktführer bei der Kommunalfinanzierung. So gesehen, erleben wir gerade eine Renaissance der öffentlichen Banken.

Warum brauchen wir die denn noch?
Weil der Markt starke Landesbanken braucht. Sie liefern zum Beispiel auch den Sparkassen viele Produkte – sowohl für die Mittelstandsfinanzierung als auch für das Privatkundengeschäft. Außerdem spielen öffentliche Institute eine wichtige Rolle, wenn es um die Finanzierung der Infrastruktur geht.

Was ist mit riskanten Geschäften wie der Schiffsfinanzierung. Sollten Landesbanken darauf nicht besser verzichten?
Nein. Deutschland ist eine Exportnation. Deshalb brauchen wir Schiffe und die müssen finanziert werden. Im Übrigen halte ich die Schiffsfinanzierung nicht annähernd für so kritisch wie manch ein Hedgefondsgeschäft. Andere Länder fördern die Schiffsfinanzierung viel stärker als wir und nehmen sie beispielsweise von jeglicher Regulierung aus.

"Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Förderbanken gemacht"

Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Verbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der 90er Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
Liane Buchholz (49) ist seit Anfang des Jahres Hauptgeschäftsführerin des Verbands öffentlicher Banken (VÖB). Der Verband vertritt die Interessen von 62 Geldinstituten – darunter alle Landesbanken sowie die bundes- und ländereigenen Förderinstitute wie die Investitionsbank Berlin. Buchholz kommt aus der Wissenschaft. Sie war Professorin für Betriebswirtschaftslehre der Banken an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin und leitete die Management-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe. Mitte der 90er Jahre hat sie ein IT- und Beratungsunternehmen für Banken gegründet. Buchholz ist verheiratet und hat einen Sohn.
© Mike Wolff

Um das Finanzsystem sicherer zu machen, sollen Institute künftig  riskante von normalen Bankgeschäften trennen. Finden Sie das richtig?
Nein. Banken könnten dann zum Beispiel nicht mehr die Mittelstandsfinanzierung, wie wir sie heute kennen, aus einer Hand anbieten. Denn Mittelständler brauchen heute auch riskante Bankgeschäfte wie Derivate. Zum Beispiel ist es in der Exportfinanzierung gängige Praxis, sich mit Devisen-Termingeschäften gegen Währungsrisiken abzusichern. Solche Geschäfte nun auszulagern, macht keinen  Sinn und wäre nicht im Sinn der Kunden.

Können Sie das Trennbankensystem denn noch verhindern?
Ich bin der festen Überzeugung, dass es hier noch Bewegung gibt. Schließlich steht auch im Koalitionsvertrag der Bundesregierung, dass die Realwirtschaft keinen Schaden nehmen soll. Da wir aber nachweisen können, dass das mit einem Trennbankensystem der Fall wäre, haben wir gute Karten.

Die EZB ist noch immer im Krisenmodus und hat den Leitzins weiter gesenkt. Sie halten das für effektlos. Warum?
Man kann Banken nicht dazu zwingen, Kredite zu vergeben, indem man ihnen Übermengen an Geld zu einem extrem niedrigen Zins bereitstellt.

Doch was ist die Alternative?
Wir haben in Deutschland sehr gute Erfahrungen mit den Förderbanken gemacht. Die Situation in den südeuropäischen Krisenstaaten ist vergleichbar mit der Deutschlands in den 50er Jahren oder nach dem Mauerfall. Auch damals mussten die Länder Aufbauarbeit leisten, ohne dass man das Risiko der Finanzierung einschätzen konnte. In solchen Fällen können Förderbanken besser und zielgerichteter finanzieren als klassische Geschäftsbanken.

Aber es gibt doch auch in anderen Ländern Förderbanken.
Ja, in einzelnen Ländern gibt es bereits einige. Allerdings fehlt ihnen die föderalistische Struktur. Wir haben in Deutschland auf Bundesebene die KfW und die Landwirtschaftliche Rentenbank und zusätzlich in den Bundesländern einzelne Förderinstitute, die die Besonderheiten ihrer Region kennen. So eine Struktur könnte zum Beispiel auch in Europa sehr hilfreich und effektiv sein.

Durch die EZB-Politik fließt immer mehr Geld in den Markt. Entsteht da eine neue Blase?
Die Sorge muss man haben – vor allem auf dem Immobilienmarkt. Und die Politik hat das ja auch bereits erkannt und beobachtet das nach meiner Einschätzung sehr aufmerksam.

Und jetzt?
An dieser Stelle bin ich Keynesianerin durch und durch: Der Markt wird das im Zweifelsfall von alleine regeln. Ich sehe hier keinerlei Notwendigkeit für staatliche Eingriffe.

Für die Banken haben Sie sich gerade mit den Gewerkschaften auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt. Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Ja, das bin ich. Allerdings waren es sehr zähe Verhandlungen. Wir hätten beispielsweise sehr gerne das Thema der Samstagsarbeit mitgelöst. Das war allerdings nicht durchsetzbar.

Was hat das für Folgen?
Die Banken können zwar auch schon heute samstags Filialen öffnen, aber es ist deutlich schwieriger. Es wäre ein wichtiges Signal für die Branche gewesen, Samstagsarbeit im Tarifvertrag zu berücksichtigen. Denn die Institute haben immer größere Probleme ihre Filialen kostendeckend zu führen. Sie müssen deshalb noch viel stärker als bisher auf die Kundenbedürfnisse eingehen. Und dazu gehören eben auch Öffnungszeiten, die sich an den Wünschen der Kunden ausrichten.

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