Konjunktur und Inflation 2022: Die Korken knallen später
Erst wenn die Pandemie beherrscht wird, kommt der Aufschwung. Vermutlich frühestens im zweiten Quartal.
Die Gegenwart ist trist, aber im kommenden Jahr knallen die Korken. Aktuelle Studien zur Stimmung und zum Verhalten der Verbraucher sind geprägt vom Pandemiegeschehen. 2022, so meint das gewerkschaftschaftliche Institut für Makroökonomie (IMK), werde der private Konsum „die treibende Kraft des kräftigen Wirtschaftswachstums." Irgendwo muss das viele Geld ja hin, denn nach Schätzungen des IMK haben die Privathaushalte hierzulande in den Corona- Jahren 2020 und 2021 rund 180 Milliarden Euro zusätzlich gespart. Obwohl es keine Sparzinsen gibt. Und selbst im Weihnachtsgeschäft geben die Leute viel weniger Geld aus als sonst.
Die Konsumstimmung werde derzeit „von zwei Seiten stark unter Druck gesetzt“, teilten die Marktforscher der Nürnberger GfK am Dienstag mit. Die vierte Welle der Pandemie mit Einkaufsbeschränkungen sowie „deutlich gestiegene Preise“ drücken den Konsum. „Vor allem die 2G-Regel für weite Teile des Einzelhandels versetzen dem Weihnachtsgeschäft einen schweren Schlag“, sagte Rolf Bürkl von der GfK. Und wegen Omikron sind die Aussichten für den Beginn des nächsten Jahres „gedämpft“.
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Der Ukraine-Konflikt als Risiko
Das IMK nennt ein weiteres Risiko für die Wirtschaft: den Ukraine-Konflikt. Wenn dieser sich zuspitze, würden womöglich Gaslieferungen in den Westen unterbrochen. Mit entsprechenden Auswirkungen für die Konjunktur. Unabhängig davon werde die deutsche Wirtschaft im Winterhalbjahr stagnieren, weil Corona und Lieferengpässe den Aufschwung bremsen. In diesem Jahr erwartet das IMK nur noch ein Wachstum von 2,6 Prozent. 2022 soll das Bruttoinlandsprodukt dann um 4,5 Prozent steigen, da „ab dem zweiten Quartal auf die Winterpause ein kräftigtes Wachstum folgt“, schreibt das IMK. Die Arbeitslosenquote, die 2021 nur leicht auf 5,7 Prozent sinkt, geht 2022 auf 5,1 Prozent zurück.
Zwischen 2,6 und 3,2 Prozent Inflation
Optimistisch ist das IMK bei der Inflationsrate. „Nach 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt 2021 wird die Teuerungsrate im kommenden Jahr durchschnittlich bei 2,6 Prozent im Jahresmittel liegen“. Das ist deutlich weniger als die unter der Prognose der Europäischen Zentralbank EZB, die in der vergangenen Woche die bisherige Erwartung von 1,7 Prozent für den Jahresdurchschnitt 2022 auf 3,2 Prozent erhöht hatte. Das wäre erheblich über der Zielinflationsrate der Zentralbank von rund zwei Prozent.
Eine Zinswende hat die EZB dennoch bislang nicht angekündigt, was nach Einschätzung des IMK „völlig richtig ist“ – eben weil das gewerkschaftliche Institut nur von 2,6 Prozent Inflationsrate ausgeht. Den Koalitionsvertrag der Ampelparteien lobte IMK-Direktor Sebastian Dullien, weil die neue Regierung trotz des FDP-Finanzministers Christian Lindner „Grundlagen für die Kreditaufnahme geschaffen hat“.
"Gutes Signal" von Finanzminister Lindner
Die von Lindner bereits vollzogene Umschichtung von 60 Milliarden Euro aus dem Pandemietopf für Klimaschutz-Investitionen sei „ein mutiges Signal“. Die riesigen Hilfsprogramme zur Eindämmung der Coronafolgen führen in diesem Jahr zu einem Budgetdefizit in Höhe von 4,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Im kommenden Jahre sind es nur noch 2,2 Prozent – weil der erwartete Aufschwung die staatlichen Kassen füllt. Allerdings sind Investitions- und Sozialprogramme der neue Regierung dabei noch nicht berücksichtigt, „weil diese bislang nicht ausreichend konkret sind“.
Sehr konkret sind dagegen die Einschätzungen der IMK-Ökonomen zum privaten Konsum. 2021 sind die realen Konsumausgaben nur um 0,2 Prozent gestiegen, weshalb die Sparquote auch nur minimal auf 15,1 Prozent sinkt. Für das kommende Jahr prognostiziert das IMK dann „bei deutlich auf 10,1 Prozent sinkender Sparquote einen Sprung der privaten Konsumausgaben um real acht Prozent im Jahresmittel“.
Einkommenserwartungen sinken
Das kann so kommen. Wenn die Pandemie bewältigt wird. „ Erfolgt die Pandemiebekämpfung rasch und erfolgreich, werden Beschränkungen in größerem Umfang gelockert und der Konsum wird sich zügig erholen“, schreibt das GfK. Sollte sich jedoch im weiteren Verlauf das Infektionsgeschehen wieder verstärken, wird sich der Aufschwung weiter verzögern. So wie das bereits in diesem Jahr geschah. Nach einem guten dritten Quartal ging es im Herbst wieder bergab; neben den Folgen durch das Virus außer dem Virus würgten hohe Rohstoff- und Transportkosten sowie die Lieferengpässe bei industriellen Vorprodukten die Konjunktur ab. Das macht sich dann auch bei den Verbrauchern und deren Kaufbereitschaft bemerkbar. „Die Konjunkturaussichten der Verbraucher trüben sich zum Jahresende spürbar ein“, hat das GfK ermittelt. Die Konsumstimmung fällt auf den niedrigsten Wert seit Januar. Das ist kein Wunder, denn auch die Einkommenserwartungen sind derzeit rückläufig.
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