Corona bremst die Wirtschaft: Der Aufschwung kommt später
Corona und Lieferengpässe in der Industrie wirken bis weit ins nächste Jahr. Die Maschinenbauer erfreuen sich einer Auftragsflut.
Optimistische Aussagen und Prognosen gehören zum Kerngeschäft der Wirtschaftspolitik. Schließlich spielt die Psychologie mit, wenn es um Investitionen oder Konsumentscheidungen geht. Aber die Verhältnisse sind nicht so. „Die deutsche Wirtschaft bereitet sich auf einen harten Corona-Winter vor“, heißt es im jüngsten Bericht des Bundeswirtschaftsministeriums. Nachdem die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal noch um 1,7 Prozent zugelegt hatte, erwartet das Ministerium, das seit einer Woche von Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) geführt wird, im vierten Quartal nur noch minimales Wachstum. Corona bremst die Konjunktur ebenso wie die Produktionsprobleme der Industrie.
34 Prozent mehr Aufträge
Zum Beispiel im Maschinenbau, der ein gutes Jahr hinter sich hat, aber wegen der Lieferprobleme kein sehr gutes. „Wir hätten mehr produzieren können, wären die verschiedenen Lieferengpässe nicht so hartnäckig gewesen“, sagte Karl Haeusgen, Präsident des Branchenverbandes VMDA, am Dienstag. Im September hatte der Verband noch mit einem Produktionsplus von zehn Prozent 2021 gerechnet, jetzt wird die Prognose auf sieben Prozent nach unten korrigiert. Es fehlt schlicht an Material, um die Order abzuarbeiten: In den ersten zehn Monates erhöhte sich der Auftragseingang der Maschinenbauer um 34 Prozent.
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2022 wird schwächer als gedacht
Die Probleme in der Realwirtschaft - große Teile der Dienstleistungsbranchen sind von Corona-Schutzmaßnahmen betroffen, der Industrie fehlen vor allem Halbleiter - prägen die Prognosen der Ökonomen. Das Münchener Ifo Institut veränderte deshalb seine Vorausschau für die kommenden beiden Jahre. 2022 wird die Wirtschaft demnach um 3,7 Prozent und 2023 um 2,9 wachsen, bislang war 2022 5,1 Prozent und 2023 nur 1,5 Prozent erwartet worden. „Die Verschiebung der konjunkturellen Dynamik vom nächsten ins übernächste Jahr ist weitgehend der vierten Coronawelle und den Produktionsschwierigkeiten im Verarbeitenden Gewerbe geschuldet“, teilte das Institut mit.
Die Bundesregierung hatte bereits ihre Prognose für dieses Jahr von 3,5 auf 2,6 Prozent herabgestuft, das Ifo geht von 2,5 Prozent aus. Im ersten Coronajahr 2020 war die Wirtschaft um 4,6 Prozent geschrumpft, weil es einen langen Shutdown vor allem für den Handel und das Gastgewerbe gegeben hatte.
Höheres Rezessionsrisiko
Aktuell erhöht sich in der vierten Coronawelle leicht das Rezessionsrisiko, wie das gewerkschaftliche Institut für Makroökonomie (IMK) mitteilte. Das auf die aktuell verfügbaren Wirtschaftsdaten bauende Frühwarnsystem weise für den Zeitraum von Dezember 2021 bis Februar 2022 eine Rezessionswahrscheinlichkeit von 45,2 Prozent aus. Im November waren es noch 40,8 Prozent, im Oktober 44,1 Prozent gewesen, teilte das IMK mit. Während vor allem der Einzelhandel im wichtigen Weihnachtsgeschäft unter den 2G-Maßnahmen leidet, berichten 84 Prozent der Maschinenbauer von „gravierenden Beeinträchtigungen der Lieferketten“. Den Betrieben fehlen vor allem Elektronik-Komponenten (86 Prozent der Unternehmen berichten von „merklichen oder gravierenden Problemen“) und Metallen (65 Prozent), hat der VDMA in einer Umfrage ermittelt. Und das werde noch mindestens bis Ostern so bleiben.
Halbleiter fehlen bis ins dritte Quartal 2022
38 Prozent der Unternehmen rechnen für die kommenden drei Monate mit einer zunehmenden Beeinträchtigung, 57 Prozent mit keiner Veränderung. „Dies gilt insbesondere für Elektronikkomponenten“, teilte der Verband mit. Eine Verbesserung der Lage werde „frühestens im zweiten Quartal 2022 erwartet“. Bei Elektronikkomponenten rechneten die Unternehmen mit einer Entspannung nicht vor dem Sommerquartal 2022. Trotzdem erhöhte der VMDA am Dienstag seine Produktionsprognose für 2022 von plus fünf auf sieben Prozent. Neben dem Maschinenbau leidet vor allem auch der Fahrzeugbau unter Lieferschwierigkeiten bei Halbleitern: Die Autoproduktion bleibt hierzulande in diesem Jahr fast ein Fünftel unter dem Niveau von 2020.
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