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Zum Staunen: Das neue Luxus-Modell von Samsung ist 2,45 Meter breit, 1,08 Meter hoch - und leicht gebogen.
© Samsung

Fernsehgeräte von 1990 bis heute: Die Glotzen der Nation

1990 haben die Deutschen bei der WM noch in die Röhre geschaut. Inzwischen sind die Schirme flach und die Geräte smart.

Er ist 2,45 Meter breit und 1,08 Meter hoch. Niemand geht an dem riesigen Bildschirm im schicken Silberrahmen vorbei, ohne magisch von den brillanten Bildern angezogen zu werden. Das liegt auch daran, dass er curved, also leicht gebogen ist. Samsungs neuer Fernseher im Kinoformat mit dem Namen UE105S9W Timeless ist wohl das luxuriöseste, was der TV-Markt heute zu bieten hat. Jedes Gerät ist eine Sonderanfertigung und wird nach Kundenwunsch hergestellt. Auch der Preis ist spitze: 119 999 Euro kostet so ein Luxus-Modell. Seit Deutschland 1990 zum vorerst letzten Mal die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hat, hat sich viel getan in der Fernsehtechnik.

Große Sportereignisse wie die Fußball-WM oder die Olympischen Spiele animieren viele Kunden, ein neues Fernsehgerät zu kaufen. Sie wollen für die Spiele einfach das möglichst beste Bild. „Im Juni lagen die Verkäufe von Fernsehgeräten 41 Prozent über dem Vorjahreswert“, sagt Jürgen Boyny, Experte für Unterhaltungselektronik beim Marktforschungsinstitut GfK. Doch unterm Strich werden in Jahren mit Top-Fernsehereignissen nicht unbedingt viel mehr Fernseher verkauft als in den Jahren dazwischen. „Die Käufe werden einfach nur vorgezogen“, sagt Boyny. Daher geht er davon aus, dass die TV-Händler im kommenden August entsprechend weniger zu tun haben werden.

"Innovationen treiben den Markt"

Viel wichtiger für die Kaufentscheidung seien dagegen fundamentale Wandel bei Form und Technik. „Innovationen sind die eigentlichen Treiber des Marktes“, sagt Boyny. So habe die Einführung der schicken flachen Fernseher, die die alten Kisten mit Echtholzfurnier abgelöst haben, dazu geführt, „dass die Leute auch dann einen neuen Fernseher gekauft haben, wenn der alte noch gar nicht kaputt war“. Das absolute Spitzenverkaufsjahr war übrigens 2012 – und das lag nicht an der Fußball-Europameisterschaft in Polen und der Ukraine, meint Boyny. Damals verkauften die Händler hierzulande fast zehn Millionen Geräte. „Der Grund lag vielmehr in der Abschaltung der analogen Sender“, sagt Boyny. „Das haben viele Zuschauer zum Anlass genommen, sich gleich ein neues Gerät zu kaufen.“

Wer sich noch erinnert: Das Spiel Deutschland gegen Argentinien im Jahr 1990 schaute das deutsche Publikum noch auf den klassischen Röhrenfernsehern im Format 4:3. Braun oder schwarz waren die Geräte meist und um die 50 Kilo schwer. Im Schnitt hatten Fernseher damals eine Bildschirmdiagonale von 72 Zentimetern. Das Maximum lag bei 80 Zentimetern – mehr gab die Standardbildauflösung nicht her. 1990 wurden hierzulande 5,8 Millionen TV-Geräte verkauft, der Durchschnittspreis lag bei 618 Euro, wie die Statistiken der GfK zeigen. Deutsche Marken wie Grundig oder Telefunken dominierten den Markt.

Übrigens: 1,4 Fernseher standen damals in den deutschen Haushalten, also nur 40 Prozent von ihnen hatten ein zweites Gerät. Heute stehen dagegen im Schnitt zwei Fernseher Zuhause.

Die ersten Plasma-Fernseher kosteten 13000 Euro

1999 kamen die ersten Flachbildfernseher von Pioneer heraus. Plasma-Geräte kosteten damals um die 13 000 Euro, nur 1000 Stück wurden in dem Jahr verkauft. 2001 folgten die ersten LCD-Geräte. Mit ihnen sank der Preis, gleichzeitig wurden die Bildschirme größer. Dafür reichte aber die Standardbildauflösung nicht mehr. „Die Leute gingen in die Geschäfte und beschwerten sich über das verpixelte Bild“, erinnert sich Boyny. Die hochauflösenden Bilder (HD) benötigen digitale Übertragungstechnik. 2006 wurden die ersten HD-Geräte auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin gezeigt. Genau an dem Ort, wo 1928 die allerersten Fernsehgeräte überhaupt der staunenden Öffentlichkeit präsentiert wurden. Damals hieß die Ifa noch Große Deutsche Funkausstellung Berlin.

2010 wurden Fernseher smart. Smart heißt, sie haben eine Verbindung ins Internet. Noch nutzen nicht alle Zuschauer die Möglichkeit, über den großen Schirm im Wohnzimmer ins Netz zu gehen, doch es werden mehr. „In Zukunft wird der Fernseher die Steuerungszentrale für das vernetzte Zuhause sein“, sagt Boyny voraus. HD ist dagegen heute bereits Technik von gestern. Die neuesten Geräte sind Ultra HD und haben eine vier Mal höhere Auflösung. In der Folge werden die Bildschirme noch größer.

Loewe, Metz und Technisat produzieren Fernseher in Deutschland

Fans vor der Röhre: Bei der WM 1990 konnten die Zuschauer noch Getränke auf dem Fernseher abstellen. Bei den flachen Geräten von heute geht das nicht mehr.
Fans vor der Röhre: Bei der WM 1990 konnten die Zuschauer noch Getränke auf dem Fernseher abstellen. Bei den flachen Geräten von heute geht das nicht mehr.
© IMAGO

Zwei Drittel der Flachbildfernseher von heute haben eine Bildschirmdiagonale von mehr als 80 Zentimetern. Im Schnitt kostet ein Gerät derzeit 604 Euro. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande 7,8 Millionen TV-Geräte verkauft. „Wir gehen davon aus, dass der Markt in diesem Jahr bei 7,5 Millionen verkauften Geräten liegen wird“, sagt Boyny von der GfK.

Marktführer ist Samsung – mit großem Abstand. Dann folgt LG. Die beiden südkoreanischen Hersteller stehen für mehr als 50 Prozent des deutschen Marktes. Es folgen die japanischen Anbieter Sony, Panasonic und Toshiba, dazwischen reiht sich Philipps ein. Deutsche Hersteller spielen kaum noch eine Rolle. Ihr Marktanteil liegt heute zusammen genommen bei weniger als zehn Prozent.

Loewe hat einen neuen Investor

Aber es werden tatsächlich immer noch Fernsehgeräte in Deutschland produziert: bei Loewe, Metz und Technisat. Technisat aus Daun in der Eifel hat ursprünglich Settop-Boxen und Satelliten- Empfangsgeräte gebaut, seit 1998 auch Fernseher. Sie werden in Dresden entwickelt und im Werk in Staßfurt bei Magdeburg produziert. Hier wurden schon zu DDR-Zeiten Fernseher gebaut. Verkauft werden die Geräte „made in Germany“ meist über den Fachhandel. So hält es auch das Familienunternehmen Metz aus dem mittelfränkischen Zirndorf, das bereits seit 1955 Fernseher baut.

Loewe wiederum hat seit März neue Eigentümer, die Münchner Investorengruppe Stargate Capital, die das Unternehmen erst einmal vor dem Aus gerettet haben. Loewe, 1923 in Berlin gegründet, ist durch viele Höhen und Tiefen gegangen. Das Unternehmen mit Sitz im oberfränkischen Kronach konnte sich mit seinen hochpreisigen Geräten in anspruchsvollem Design nicht gegen die starke Konkurrenz aus Asien durchsetzen. Das wollen die neuen Eigner ändern: „Wir sind mitten im Neustart“, sagte Mark Hüsges, einer der beiden neuen Investoren, dieser Tage in Berlin bei einer Vorschau auf die kommende Ifa. Hüsges will Loewes Position als Premiummarke ausbauen – auch im Ausland. Europa, China und der Mittlere Osten stehen dabei im Fokus. Aber auch in Berlin entsteht eine neue Loewe-Galerie, die Ende August nahe am Kurfürstendamm eröffnet werden soll.

UHD, curved und smart zum Trotz: Laut einer aktuellen Befragung steht noch in 20 Prozent der deutschen Haushalte ein altes Röhrengerät. Das muss nicht im Wohnzimmer sein, es kann auch im Kinderzimmer oder im Hobbykeller stehen. Wer also unbedingt das alte WM-Endspielfeeling von damals wieder haben will, hat noch gute Chancen.

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