Schonfrist für Börsianer: Die Finanztransaktionssteuer kommt später
Die EU-Finanzminister werden sich auf ihrer letzten Sitzung am Dienstag nicht auf Details zur Finanztransaktionssteuer einigen. Das ließen Diplomanten bereits durchblicken.
Brüssel - Von der Zeitnot, die in der Vergangenheit die Dezember-Sitzungen der EU-Finanzminister prägte, ist dieses Mal nichts zu spüren. Wo vor zwei Jahren in Sondersitzungen noch das zweite Griechenland-Paket rechtzeitig vor dem Jahreswechsel auf den Weg gebracht werden musste, herrschte beim Treffen der Minister am Montag vorweihnachtliche Ruhe. Den Ton gab der deutsche Amtsinhaber Wolfgang Schäuble (CDU) schon bei seiner Ankunft in Brüssel vor: „Wir sind alle auf dem richtigen Weg.“
Viele der ursprünglich für diese Sitzung erwarteten Entscheidungen fielen dann auch dem politischen Willen zum Opfer, keinen neuen Unmut in den Krisenländer zu erzeugen – und die Finanzmärkte nicht zu beunruhigen. Das betrifft zum Beispiel die Finanztransaktionssteuer, zu deren Einführung sich elf Euro-Staaten vor mehr als zwei Jahren bekannt hatten.
Bis Weihnachten sollten eigentlich die Details der Steuer stehen. Doch nun können die beteiligten Staaten darunter Deutschland, Frankreich und Italien, dieses selbstgesteckte Ziel nicht einhalten. So war es am Montag aus Diplomatenkreisen zu hören.
Die Finanztransaktionssteuer war bereits stark verwässert worden
Dabei war die Steuer, die noch im Gespräch war, eh schon weit von dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission entfernt. Der hatte vorgesehen, eine Abgabe auf alle Finanzprodukte zu erheben, die alle Akteure trifft. Doch im Laufe der Verhandlungen haben verschiedene Regierungen immer wieder für verschiedene Finanzprodukte Ausnahmen gefordert. Zuletzt haben sich zum Beispiel Österreich und Frankreich darüber gestritten, ob auch Kreditausfallversicherungen mit der Abgabe belastet werden sollen, wie es der französische Finanzminister Michel Sapin vorschlug. Deshalb hatte auch Schäuble die Erwartungen an die Steuer in den letzten Monaten deutlich heruntergeschraubt.
Überhaupt war zuletzt nur noch von einer erweiterten Aktiensteuer die Rede gewesen. Auf die Besteuerung von Derivaten, die den Großteil der erwarteten Einnahmen hätten bringen sollen, wollten sich die Länder erst zu einem späteren Zeitpunkt einigen – ohne zu sagen, wann das der Fall sein solle. Doch selbst diese Finanztransaktionssteuer „light“ ist nun beim Ministertreffen kein Thema mehr.
Die Staaten wollen über die Abgabe 2015 weiter verhandeln
Sie sei in den Vorgesprächen noch weiter verwässert worden, so dass lieber noch länger verhandelt werden solle, hieß es als Begründung am Montag in Diplomatenkreisen. Insider verwiesen darauf, dass schließlich auch Schäubles Koalitionspartner SPD nicht um jeden Preis ein Ergebnis sehen wolle. An diesem Dienstag soll dies nun offiziell festgestellt werden.
Bisher war geplant, die Steuer 2016 einzuführen – doch daraus dürfte nun nichts mehr werden. Die Arbeit an der Steuer soll im kommenden Halbjahr unter der lettischen EU-Ratspräsidentschaft weitergehen.
Frankreich und Italien bekommen mehr Zeit für ihre Sparziele
Mehr Zeit gibt es auch für die Beratungen über die Haushaltsentwürfe der Euro-Länder. Die Minister billigten den Vorschlag der EU-Kommission, Frankreich und Italien einen Aufschub bis März zur Erfüllung ihrer Spar- und Reformziele zu gewähren. Von der harschen Kritik, die gerade Unionspolitiker aus Sorge um die Glaubwürdigkeit des Stabilitätspaktes an der Fristverlängerung übten, war bei Schäuble nichts zu hören: „Man muss immer bedenken, was möglich ist und was ein Land leisten kann.“ Er lobte, dass die Pariser Regierung ständig neue Maßnahmen in Kraft setze und jene in Italien kürzlich eine beachtliche Arbeitsmarktreform auf den Weg gebracht habe.
In der Sitzung mit seinen Kollegen verwies Schäuble nach Angaben aus der deutschen Delegation lediglich darauf, „dass die Konsolidierung der nationalen Haushalte nicht zu einem Halt kommen darf“. Über „präzise Schritte“ soll daher nun die EU-Kommission wachen. „Die Zeit muss genutzt werden, um die Lücke zu schließen“, sagte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem aus den Niederlanden. In Frankreich und Italien fehlen den Brüsseler Berechnungen zufolge noch Spar- und Reformmaßnahmen in Höhe von 0,6 beziehungsweise 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung, um den Stabilitätspakt einzuhalten. Das entspricht rund 16 beziehungsweise acht Milliarden Euro.