Rücktritt der Chefs: Die Deutsche Bank braucht einen Neuanfang
Der Rücktritt der Deutsche-Bank-Chefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen ist richtig. Das Institut braucht einen Neuanfang. Ein Kommentar
Vertrauen ist der Anfang von allem. Mit diesem Spruch hat die Deutsche Bank in den neunziger Jahren für sich geworben. Umgekehrt heißt das aber auch: Geht das Vertrauen verloren, bedeutet das das Ende. Für Anshu Jain und Jürgen Fitschen ist es das Ende ihrer Karriere – zumindest als Chefs der Deutschen Bank. Sie treten zurück. Etwas anderes blieb ihnen nicht übrig.
In den letzten Wochen und Monaten waren Jain und Fitschen nur noch mit einem beschäftigt: sich zu rechtfertigen. Für die vielen Skandale, in die die Bank verwickelt ist – von manipulierten Zinsen bis hin zu Vorwürfen der Geldwäsche in Russland. Für die mauen Zahlen im Vergleich zur Konkurrenz. Für ihre neue Strategie, die vielen Aktionären nicht konsequent genug war. Für den hektischen Umbau des Vorstands. Am Ende war all das zu viel.
Noch vor zwei Wochen sahen sich die Chefs "auf dem richtigen Weg"
Dabei haben Jain und Fitschen gekämpft. Sie haben versucht, an ihrem Amt festzuhalten – komme, was wolle. Noch vor zweieinhalb Wochen sahen sie sich auf „dem richtigen Weg“. Vorwürfe und Skandale, die andere Konzernchefs längst den Job gekostet hätten, ließen sie an sich abprallen. Fitschen steht vor Gericht, ihm wird Prozessbetrug vorgeworfen. Doch aus der Bank hieß es dazu: kein Grund für einen Rücktritt. Auf der Hauptversammlung erteilten nur 61 Prozent der Aktionäre den beiden Chefs die Entlastung. Doch auch das war: kein Grund zum Rücktritt.
Aber irgendwann mussten wohl auch Jain und Fitschen einsehen, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Ihr Rücktritt kommt daher nicht überraschend. Das Überraschende ist vielmehr, dass er erst jetzt kommt.
Die Entscheidung hat der Aufsichtsrat getroffen
Die Entscheidung, zu gehen, werden Jain und Fitschen wohl außerdem nicht freiwillig getroffen haben. Abgenommen hat sie ihnen der Aufsichtsrat. Deren Chef, Paul Achleitner, ist zuletzt selbst unter Druck geraten – weil er Jain und Fitschen trotz aller Kritik den Rücken gestärkt hat. Zuletzt war aber auch der Druck auf ihn zu groß. Und er musste erkennen: Jeder ist ersetzbar, auch Jain und Fitschen.
Jetzt machen die beiden den Weg frei für einen Neuanfang. Und den hat die Bank dringend nötig. Diesmal muss er gelingen. Denn die letzten Versuche waren wenig erfolgreich. Nach der Finanzkrise hatten Jain und Fitschen schon einmal einen Neuanfang versucht und dem Haus einen Kulturwandel verordnet – bis heute ist davon aber nur wenig zu spüren. Auch ihr zweiter Versuch ging schief. Mit ihrer Strategie, das Haus zu verschlanken und die Postbank zu verkaufen, konnten sie die Aktionäre nicht überzeugen.
Dem Nachfolger muss der Neuanfang gelingen
Ihr Nachfolger, John Cryan, muss es jetzt besser machen. Für ihn spricht: Er kommt von außen. Bislang saß er nur im Kontrollgremium der Bank, war nicht im Tagesgeschäft aktiv. Gleichzeitig ist er jedoch Brite. Entsprechend schwer könnte es ihm fallen, der Deutschen Bank ein Gesicht zu geben. Deshalb soll Fitschen ihm wohl auch noch ein Jahr lang zur Seite stehen. Sich durchsetzen können, wird Cryan nur, wenn es ihm gelingt, die Aktionäre von sich zu überzeugen.
Denn nur dann werden sie ihm ihr Vertrauen schenken. Und Vertrauen ist schließlich der Anfang von allem.