Heute Hauptversammlung: Aufsichtsratschef: Das Bild der Deutschen Bank ist beschädigt
Die Deutsche Bank richtet sich neu aus - und baut dafür den Vorstand um. Anshu Jain wird an der Spitze gestärkt, sein Co-Vorstand Jürgen Fitschen muss sich derweil vor Gericht gegen den Vorwurf des Prozessbetrugs wehren.
Die Deutsche Bank will weitere Diskussionen über ihren beschlossenen Kurswechsel beenden. „Auch wenn manche über Phantomschmerzen zu verfügen scheinen: Richtungsdiskussionen gehören der Vergangenheit an“, betonte Aufsichtsratschef Paul Achleitner vor Aktionären am Donnerstag in Frankfurt. Der Vorstand habe sich nach reiflicher Überlegung und ausgiebiger Beratung mit wichtigen Anteilseignern auf die neue Strategie festgelegt.
Die Deutsche Bank hat nach Einschätzung ihres Aufsichtsratsvorsitzenden bei der Bewältigung der Vergangenheit noch einen weiten Weg vor sich. „Keine Frage: Das öffentliche Bild der Deutschen Bank ist derzeit stark angeschlagen und beschädigt“, sagte Achleitner. „Niemand kann mit dem äußeren Erscheinungsbild sowie mit der Entwicklung des Aktienkurses zufrieden sein.“ Rechtsfälle und schärfere Regeln der Aufseher überschatteten erste Erfolge. Es sei jedoch klar, dass die Branche im Allgemeinen und die Deutsche Bank im Besonderen „diese unrühmliche Vergangenheit konsequent aufzuarbeiten“ habe, betonte Achleitner.
Aufsichtsrat baut die Konzernführung um
Die Deutsche Bank krempelt zur Umsetzung ihrer neuen Strategie die Führungsetage um: Am Vorabend der Hauptversammlung beschloss der Aufsichtsrat einen Vorstandsumbau. Die beiden Bankchefs Anshu Jain und Jürgen Fitschen bleiben an Bord. Aber Jain wird gestärkt und übernimmt vom bisherigen Finanzchef Stefan Krause die Verantwortung für die Umsetzung der Ende April beschlossenen “Strategie 2020“. Krause ist dafür künftig unter anderem für die interne “Bad Bank“ zuständig, die bislang bei Fitschen lag. Außerdem soll er maßgeblich die Trennung von der Postbank leiten und dort den Chefposten im Aufsichtsrat übernehmen. Privatkunden-Chef Rainer Neske verlässt den Konzern zum 30. Juni und wird durch Christian Sewing ersetzt, der erst im Januar für Rechts- und Compliance-Themen neu in den Vorstand geholt worden war. In Kürze soll auch Alan Cloete den Konzern verlassen, der dem erweiterten Vorstand angehört und im Zuge des Zinsskandals ins Visier der Ermittler gerückt war. Die Deutsche Bank gab die Änderungen am späten Mittwochabend bekannt, nachdem der Aufsichtsrat gut drei Stunden in Frankfurt beraten hatte.
Einflussreiche Investoren machen Druck
Der Druck auf die Bankführung ist groß, viele einflussreiche Investoren sind mit den bisherigen Ergebnissen unzufrieden und auch noch nicht von den Weichenstellungen für die Zukunft überzeugt. Um die Bilanz zu kürzen, will Deutschlands größtes Geldhaus die Postbank verkaufen - vorzugsweise über die Börse - und das verbleibende “blaue“ Filialnetz drastisch schrumpfen. Neske galt als Verlierer dieser Entscheidung, büßt er damit doch einen Großteil seines Bereichs ein, während die Investmentbanker, die Jain jahrelang selbst führte, wieder an Gewicht gewinnen. Neske Abgang war daher schon länger erwartet worden.
Aufsichtsratschef Paul Achleitner dankte Neske für dessen 25 Jahre bei der Deutschen Bank, betonte nach der Sitzung aber: “Angesichts der neuen strategischen Ausrichtung des Geschäftsbereichs für Privat- und Geschäftskunden haben wir uns darauf verständigt, dass eine neue Führung angebracht ist.“ Den Neuanfang macht Sewing. Er soll den Privatkundenbereich ohne Scheuklappen wieder auf Vordermann bringen, wie ein Insider berichtete. Die Erwartungen an Sewing sind hoch, er wird auch den sich abzeichnenden Jobabbau in der Sparte vertreten müssen.
"Achleitner steht hinter Jain"
Achleitner gilt als mächtiger Wächter über die “neue“ Deutsche Bank, der sich hinter den Kulissen auch stark operativ einmischt. Er trat vor drei Jahren zusammen mit Jain und Fitschen an, um den von zahllosen Rechtsstreitigkeiten gebeutelten Konzern wieder in ruhiges Fahrwasser zu lenken. “Inzwischen ist klar: Achleitner steht hinter Jain“, sagte eine Person, die mit den Beratungen im Aufsichtsrat vertraut ist. Die Person Fitschen werde dagegen intern zunehmend kritisch gesehen, denn er muss sich seit einigen Wochen wegen versuchten Prozessbetrugs im Kirch-Verfahren vor dem Landgericht München verantworten. Fitschen hat die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Doch der einflussreiche US-Aktionärsberater ISS kritisierte unlängst scharf, der Prozess sei eine zusätzliche Belastung für die Bank. Fitschens Vertrag läuft bis 2017.
Neue Gesichter auch unterhalb des Vorstands
Vom Rivalen Goldman Sachs warb Achleitner Marcus Schenck als neuen Finanzchef ab, wie schon länger bekannt ist. Er übernimmt das Ruder mit der Hauptversammlung an diesem Donnerstag. Auch außerhalb des Vorstands, eine Ebene darunter, gibt es einige Veränderungen, nicht nur in Sachen Cloete, der zuletzt für die Geschäfte in der Region Asien/Pazifik zuständig war: Nadine Faruque wird Generalbevollmächtigte der Bank und soll damit Sewing bei Compliance-Themen unterstützen. Der ebenfalls als Neske-Nachfolger gehandelte Christian Ricken scheidet aus dem erweiterten Vorstand aus. rtr,dpa
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