Kein Mittel gegen die Krise: Die Autoprämie hilft vor allem Gutverdienern
Die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, wie wenig eine Autoprämie langfristig bringt. Noch dazu profitieren davon die Falschen. Ein Kommentar
Die Bundesregierung plant im Zuge ihres Konjunkturpakets eine Autoprämie. Ist das sinnvoll? Dazu ein Pro & Contra - den Pro-Kommentar von Alfons Frese lesen Sie hier.
Man braucht nur die Bürger zu fragen. Zwei Drittel von ihnen lehnen eine Autoprämie ab. Und das soll was heißen. Schließlich würden sie davon profitieren – zumindest wenn sie ohnehin gerade überlegen, sich in nächster Zeit ein neues Auto anzuschaffen. Trotzdem sind sie mehrheitlich gegen die Prämie. Denn sie sind als Steuerzahler auch diejenigen, die am Ende die Rechnung zahlen. Und die fällt enorm hoch aus. Fünf Milliarden Euro könnte der Staat nach dem Willen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dafür ausgeben. Eine Menge Geld, mit der man eine Menge Gutes tun könnte. Würde man dieses Mal nicht dem Drängen der mächtigen Autolobby nachgeben.
Dabei sollte die Politik heute doch eigentlich schlauer sein. So hat die Abwrackprämie, die Deutschland nach der Finanzkrise eingeführt hat, zwar kurzfristig die Nachfrage nach Autos angekurbelt. Auf längere Sicht hingegen ist der Absatz nicht stärker gestiegen als sonst auch. Zu diesem Schluss kommt das Ifo-Institut, das sich die Folgen der letzten Abwrackprämie in 15 Ländern angeschaut hat. „Unter dem Strich geben die meisten Studien keinen Hinweis, dass durch die Prämien mehr Autos verkauft werden“, sagt Ifo-Ökonom Felix Rösel.
Das heißt: Die Verbraucher ziehen den ohnehin geplanten Autokauf aufgrund der Prämie einfach vor. Keiner kauft hingegen ein Auto, nur weil der Staat ihm etwas dazu gibt. Für die Konzerne bedeutet das zwar Mehreinnahmen heute, aber auch Verluste morgen. Und das lässt sich der Staat dann fünf Milliarden Euro kosten? Zumal ein Teil der Prämie auch noch ins Ausland fließen würde. Schließlich bekämen Verbraucher sie auch, wenn sie sich nicht für eine deutsche Automarke entscheiden. Auch der Sachverständigenrat, der die Bundesregierung berät, lehnt die Prämie deshalb ab.
Das Geld fehlt an anderer Stelle
Dazu kommt, dass ein Auto eine teure Anschaffung ist. Geld, das die Menschen heute dafür ausgeben, fehlt an anderer Stelle. „Wer den Autokauf vorzieht, hat in dem Moment weniger Geld für Möbel“, sagt Ifo-Ökonom Rösel. „Das Plus der Autobranche kann deshalb schnell zum Minus anderer Sektoren werden.“
Dabei brauchen gerade andere Branchen noch sehr viel eher die Unterstützung des Staates als die Autoindustrie. Die Gastronomie und der Einzelhandel zum Beispiel. Restaurants und Geschäfte mussten wochenlang schließen. Und: Während man einen Autokauf aufschieben kann, sind die entgangenen Einnahmen eines Gastronomen für den April und große Teile des Mais unwiederbringlich verloren.
Gleichzeitig ist es ja nicht so, als ob die Regierung die Autoindustrie hätte hängen lassen. Auch die Autobauer können zum Beispiel die Kurzarbeit nutzen, um die Zeit zu überbrücken, bis sie wieder mehr produzieren und absetzen. Ganz abgesehen davon reden wir hier über eine Branche, die noch im letzten Jahr so viel verdient hat, dass sie nun Milliarden Euro als Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten kann.
Die Prämie hilft vor allem den Gutverdienern
Am Ende, warnte kürzlich Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Halle, könnte die Autoprämie sogar die Ungleichheit erhöhen. Denn Förderung hin oder her: Ein neues Auto kann sich nur leisten, wer entsprechend gut verdient. Eine Autoprämie käme also vor allem Gutverdienern zugute – und nicht jenen, die besonders unter den Folgen dieser Wirtschaftskrise leiden. Wer weiterhin einen Job und ein auskömmliches Einkommen hat, der braucht keine Zugabe vom Staat für den Autokauf.
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Darüber könnte man hinwegsehen, wenn wir mit der Prämie wenigstens beim Klima Fortschritte machen würden. Doch setzt sich Altmaier mit seinem Konzept durch, wird es den Bonus auch für den Kauf eines Verbrenners geben. Damit ist die Chance verpasst, einzig Elektroautos oder solche mit Hybridantrieb zu fördern. Von denen würden zwar Verbraucher auch mit Prämie weniger kaufen.
Dafür hätte der Staat dann aber Geld übrig, das er in die Ladeinfrastruktur stecken könnte. Das wiederum könnte dann auch diejenigen überzeugen, die bislang auf den Kauf eines E-Autos verzichten, weil sie Angst haben, es unterwegs nicht laden zu können. Nutzen Verbraucher hingegen die Prämie nun zum Kauf eines klassischen Verbrenners, legen sie sich damit für die nächsten zehn Jahre fest. Ein Umstieg auf eine grünere Mobilität gelingt mit solch einer Autoprämie nicht.
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