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Ein gutes Jahr? Deutsche Bank-Chef John Cryan, Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Rewe-Chef Alain Caparros.
© dpa/ Collage Tsp

Sieger und Verlierer 2016: Die Auf- und Absteiger des Jahres

Die Deutsche Bank ist dabei, ihre Altlasten abzuarbeiten, der VW-Skandal zieht sich hin und das Gezerre um Kaiser’s beschäftigt die Politik. Wer hat was gewonnen in diesem Jahr? Und wer hat verloren? Eine Übersicht.

John Cryan

Einen Tag vor Weihnachten gab es doch noch eine kleine Erlösung für den Chef der Deutschen Bank. Statt 14 Milliarden Dollar, wie ursprünglich von der US-Justiz aufgerufen, kostet der Vergleich in den USA „nur“ gut sieben Milliarden. Der Umfang der Erleichterung war an der Börse zu besichtigen: Die Aktie der Deutschen Bank verteuerte sich am Tag vor Weihnachten zeitweise um vier Prozent und lag über 18 Euro. Das ist weit weg von den erbärmlichen zehn Euro im September, dem Tiefpunkt. John Cryan hat ein beinhartes Jahr hinter sich.

Noch Anfang Dezember sprach er im Zusammenhang mit dem Italien-Referendum von einer „kalte Brise“, die der Bankenbranche entgegenschlage. Die Branche leidet unter niedrigen Zinsen, die Deutsche Bank unter vielen hausgemachten Problemen. Dabei hat Cryan viel getan. Der Brite wechselte den Vorstand komplett aus, auch auf der Ebene darunter wurden viele Posten neu besetzt. Tausende Arbeitsplätze fielen weg, 2017 könnten weitere Streichmanöver folgen. Schon jetzt ist klar, dass viele Filialen der Deutschen Bank schließen und die Marke „Berliner Bank“ bis Ende nächsten Jahres verschwinden wird. Die Bank muss auch deshalb schrumpfen, weil sie beziehungsweise ihre Spitzenkräfte in den vergangenen Jahrzehnten zu hochmütig waren. (cne/alf)

Janet Yellen

Fed-Chefin Janet Yellen.
Fed-Chefin Janet Yellen.
© Reuters

Sie ist die mächtigste Frau der USA. Und sie hat einen ernsthaften Gegner: den mächtigsten Mann der USA. Der künftige US-Präsident Donald Trump hat im Wahlkampf angekündigt, seine Gegenspielerin Janet Yellen als Chefin der Notenbank Fed abzusetzen. Doch Yellen? Bleibt stur. Sie habe vor, ihren Vertrag zu erfüllen, also bis Januar 2018 an der Spitze der Fed zu bleiben. Und als wäre das nicht genug, legte sie erst kürzlich noch einen drauf.

Die Notenbank erhöhte Mitte Dezember nicht nur die Zinsen, sie stellte auch drei weitere Zinsschritte für das nächste Jahr in Aussicht – das war mehr als erwartet. Damit macht Yellen es Trump mit seiner Politik ein Stück weit schwerer. Schließlich will der neue US-Präsident Steuern senken, mehr in Infrastruktur investieren und all das mit höheren Staatsschulden finanzieren. Steigen aber die Zinsen, werden Kredite teurer – und zwar auch für den Staat. Yellen weiß das. Kümmern tut es sie nicht. (cne)

Lee Kun Hee

Samsung-Chef Lee Kun Hee (vorne links)
Samsung-Chef Lee Kun Hee (vorne links)
© REUTERS

Was zum Triumph über US-Konkurrent Apple werden sollte, endete im Debakel: Wegen Explosionsgefahr musste Samsung sein neues Smartphone Galaxy Note 7 im September vom Markt nehmen und die Produktion komplett einstellen. Für Firmenchef Lee Kun Hee geht es aber nicht allein um den finanziellen Schaden von geschätzten 17 Milliarden Dollar, sondern auch darum, dass er mit seinem Führungsstil ganz offensichtlich gescheitert ist: In dem patriarchalisch geführten Unternehmen sei Kritik an der Führungsriege unerwünscht, Ingenieure und Manager müssten den Anweisungen folgen, auch, wenn sie denken, dass diese falsch sind, erklärte der südkoreanische Ökonom Kim Sang Jo. Diese Strategie habe erst zu dem Debakel um das Galaxy Note 7 geführt. 2017 soll nun Lee Kun Hees Sohn J. Y. Lee die Führung übernehmen – er muss beweisen, dass er die Samsung-Kultur neu prägen kann. (sal)

Alain Caparros

Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender der Rewe Group.
Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender der Rewe Group.
© picture alliance / dpa

Den französischen Akzent hört man ihm deutlich an. Die Sprache ist weich, aber in der Sache ist Rewe-Chef Alain Caparros knallhart. Das hat der 60-Jährige im Ringen um die Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann bewiesen. Caparros wollte verhindern, dass der Erzrivale und Marktführer Edeka die kleinere Kette schluckt und so seinen Abstand zum Branchenzweiten Rewe vergrößert. Dafür zog der Manager alle Register – vor Gericht und am Verhandlungstisch. Der Rewe-Chef hat gedroht, gelockt, getobt und am Ende gewonnen. Er übernimmt mehr als 60 Filialen in Berlin und baut seinen Marktanteil in der Hauptstadt gewaltig aus. Kämpfen – das kann Caparros.

Als Sechsjähriger floh der Junge im Unabhängigkeitskrieg aus Algerien und ging mit seinen Eltern nach Lothringen. Nur zwei Koffer waren der Familie geblieben, der Rest war verloren. Doch Caparros biss sich durch. Er studierte Betriebswirtschaft, arbeitete für Yves Rocher, für Aldi Frankreich und kam 2004 zu Rewe. Seit 2006 ist er Chef der Gruppe. 2011 warf er den Aufsichtsratsvorsitz bei Karstadt hin, weil er mit der Zerschlagung des Unternehmens nicht einverstanden war. 2015 tauschte er seine französische Staatsbürgerschaft gegen die deutsche. Er schäme sich, aus Frankreich zu kommen, sagte er und lobte die deutsche Flüchtlingspolitik als „Leuchtturm der Humanität“. Caparros bleibt noch bis 2018. Sein Nachfolger: Lionel Souque, Franzose, 45 Jahre alt und derzeit Chef der Rewe-Märkte. (hej)

Ramona Pop

Die neue Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
Die neue Wirtschaftssenatorin Ramona Pop.
© Doris Spiekermann-Klaas

Ein „Jahrzehnt der Investitionen“ hat der Berliner Senat in seinem Koalitionsvertrag ausgerufen. Das klingt gut und wird, sofern es so kommt, der neuen Wirtschaftssenatorin helfen, die Stadt auf Wachstumskurs zu halten. Ramona Pop, 39 Jahre alt, Politologin und bislang Chefin der Berliner Grünen, hat die Wirtschaftsverwaltung in der Martin-Luther-Straße von Cornelia Yzer übernommen. Anders als ihre Vorgängerin hat Pop ein gutes Verhältnis zur einflussreichen IHK, und ihre erste wichtige Personalentscheidung wurde dann auch von der Kammer begrüßt: Henner Bunde, seit vielen Jahren in allen möglichen Verwaltungen tätig und zuletzt Wirtschaftsstaatssekretär, bleibt im Amt und steuert für Pop die Verwaltung; trotz CDU-Mitgliedschaft.

Pop ist grün und hat die Ziele ihrer Partei im Blick: Wachstum vom Ressourcenverbrauch abkoppeln, „aktive Industriepolitik“ sowie die „Herausforderungen der Digitalisierung und die Frage der Nachhaltigkeit sind Prioritäten“, heißt es im Koalitionsvertrag. In dieser Legislatur wird entschieden, wie smart Berlin wird, wie auch mithilfe der Start-ups Wirtschaft und Verwaltung digitalisiert, der Verkehr sauberer und die Verbindung von Wirtschaft und Wissenschaft intensiver werden. Und mit der gegenwärtigen Wachstumsdynamik ist die Ausgangslage für Pop ziemlich gut. (alf)

Carsten Spohr

Lufthansa-Chef Carsten Spohr.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr.
© dpa

Als die Pilotengewerkschaft VC auch im November Streiks ausrief und wieder Hunderte von Lufthansa-Jets am Boden blieben und mit ihnen hunderttausende Passagiere, war von Carsten Spohr nichts zu hören und zu sehen. Auch bei der Piloten-Demonstration am 30. November mussten die Vorstandskollegen des Lufthansa-Chefs die Buhrufe über sich ergehen lassen. Spohr glänzte in einer der schwierigsten Phasen der Lufthansa in diesem Jahr durch Abwesenheit. Aber dann hat der 50-jährige gelernte Pilot überraschend doch noch gepunktet.

Nicht nur, weil die Vereinigung Cockpit in die Schlichtung für die Gehälter einwilligte und weitere Streiks damit erst mal tabu sind. Weitsicht bewies der hartnäckige Westfale mit anderen Entscheidungen: Die Kooperation mit der Golf-Airline Etihad ist ein echter Coup, weil die Lufthansa die Staats-Airlines aus Arabien seit Jahren massiv bekämpft. Nun mietet die Lufthansa fast 40 Air-Berlin-Jets für ihre Töchter Eurowings und Austrian, was ohne den Air-Berlin-Mehrheits-Aktionär Etihad nicht möglich wäre. Spohr geht – mit dem Segen aus Abu Dhabi – noch weiter: Mit Thomas Winkelmann übernimmt bei Air Berlin ein ihm vertrauter Lufthanseat den Steuerknüppel. Deutschlands größte und zweitgrößte Airline sind keine echten Konkurrenten mehr. Spohr ist sogar eine Fusion 2017 zuzutrauen. (ro)

Matthias Müller

Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen (VW).
Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender von Volkswagen (VW).
© dpa

Wir haben nicht gelogen.“ Als VW-Chef Matthias Müller diesen Satz kurz nach dem Jahreswechsel 2015/16 in einem Radio-Interview in den USA sagte, trauten viele ihren Ohren nicht. Der Skandal um mehr als elf Millionen manipulierte Diesel war gerade vier Monate alt – und alle wussten: Volkswagen hatte gelogen und betrogen. Müller hat inzwischen dazugelernt, beschönigen kann er Dieselgate nicht mehr. Stattdessen versuchte es der Ex-Porsche Chef 2016 mit Krisenmanagement, was ihm mehr schlecht als recht gelang.

Die meisten Autos sind noch nicht umgerüstet, die Verantwortlichen sind noch nicht benannt. Immerhin konnte Müller mit den Behörden in den USA den letzten Vergleich erzielen, nun kann dort entschädigt, zurückgekauft oder repariert werden. Für Volkswagen war 2016 insgesamt ein erstaunlich erfolgreiches Jahr: Der Konzern ist weltweit Nummer eins, die Diesel-Verkäufe erholen sich. Und: 2016 erklärte Müller Volkswagen zum elektromobilen Marktführer der Zukunft – ungelogen. (mot)

Werner Baumann

Bayer Vorstandsvorsitzender Werner Baumann.
Bayer Vorstandsvorsitzender Werner Baumann.
© dpa

Furioser kann man einen neuen Job kaum beginnen. Nicht einmal fünf Monate war Bayer-Chef Werner Baumann im Amt, als er Mitte September die 66 Milliarden Dollar schwere Übernahme des umstrittenen US- Konkurrenten Monsanto verkündete. „Mit dieser Transaktion schaffen wir erheblichen Wert für die Aktionäre, Kunden und für die Gesellschaft“, sagte der Manager selbstbewusst nach der Unterzeichnung der Fusionsverträge. Unabhängig von ihrem Erfolg in der Zukunft hat der Manager Baumann mit der Zusammenführung der beiden Unternehmen schon jetzt Geschichte geschrieben: Es ist die größte Firmenübernahme, die jemals ein deutscher Konzern im Ausland getätigt hat. Gelingt der Zusammenschluss, dürfte er auch für den vierfachen Familienvater persönlich zur Sternstunde werden.

Mit dem Kauf von Monsanto hat der Bayer-Chef dem Unternehmen, für das er seit knapp drei Jahrzehnten arbeitet, wichtiges Know-how und Marktanteile in den Segmenten gentechnisch verändertes Saatgut und Pflanzenschutzmittel gesichert, die beide als Wachstumssektoren gelten. Doch der Deal ist nicht ohne Risiken. Neben einem zukunftsträchtigen Geschäft haben Bayer und Baumann auch das schlechte Image von Monsanto gekauft, das es nun abzulegen gilt. (S.K.)

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