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Der Daten-Service von Amazon hat einen weltweiten Marktanteil von 52 Prozent.
© AFP

Cloud Computing: Die Allmacht von Amazon beim Geschäft mit Daten

Amazons Daten-Sparte AWS spielt mehr Geld ein als McDonalds Umsatz macht. Ihr Chef erklärt, warum Tinder, VW, Siemens und die Bundespolizei den Service nutzen.

Wie dominant Amazon nicht nur im Online-Handel, sondern auch beim Cloud Computing, der Speicherung von Daten im Internet ist, zeigte sich in dieser Woche. Volkswagen hat gerade eine umfangreiche Kooperation mit den Amerikanern vereinbart, um künftig die Daten aller Maschinen, Anlagen und Systeme aus weltweit allen 122 Fabriken in einer "Industrie-Cloud" zusammenzuführen. Siemens wird die VW-Fabriken vernetzen und tritt dazu ebenfalls dem Cloud-Bündnis mit Amazon bei.

Und auch die Bundespolizei setzt auf Amazon, um dort die Fotos der Körperkameras zu speichern, mit denen Polizisten künftig ausgerüstet werden sollen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber hat diese Entscheidung sofort scharf kritisiert: "Ein Zugriff von US-Behörden auf die Bodycam-Daten kann nicht ausgeschlossen werden."

Wie sicher ist es, auf Servern eines US-Konzerns zu speichern? Lange hatten auch viele deutsche Konzerne und gerade Mittelständler Bedenken, ihre Firmengeheimnisse auf Servern eines US-Konzerns zu speichern.

Doch da habe sich einiges geändert, sagt Werner Vogels, Technikchef und Kopf hinter der Sparte Amazon Web Services (AWS). "Inzwischen setzen bei uns etwa 80 Prozent der Dax30-Konzerne AWS ein", sagt Vogels. Gerade Sicherheit sei dabei ein entscheidendes Argument. In den vergangenen Jahren gab es zahlreiche Datenpannen. "Immer lagen die Informationen auf den Rechnern der betroffenen Firmen", sagt Vogels. "Die Sicherheitsbedrohungen steigen und die Unternehmen merken, wie schwer es ihnen fällt, Schritt zu halten. Wenn sie zu uns wechseln, bekommen sie ein Sicherheitslevel, das sie selbst nicht bieten können."

Bundesinnenministerium schwört auf Amazon

Dass dies nicht nur Marketingversprechen sind, zeigt das Beispiel der Bundespolizei: Als das Projekt startete, hatte Amazon als einziger Anbieter die Zertifizierung des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationssicherheit (BSI). Inzwischen erfüllen zwar auch andere Cloudanbieter die Sicherheits- und Datenschutzstandards, trotzdem erklärt das Bundesinnenministerium: "AWS ist der einzige geeignete Cloud-Anbieter."

Bei öffentlichen Auftritten trägt Vogels gern ein T-Shirt mit dem Schriftzug "Encrypt everything" ("Verschlüssele alles"). Denn er rät auch allen Kunden, ihre Informationen auf diese Weise zu sichern, bevor sie in die Datenwolke geladen werden. So sei garantiert, dass weder Hacker noch Geheimdienste etwas damit anfangen können. Mit diesem Argument wehrt sich auch das Bundesinnenministerium gegen Kritik an der Nutzung der Cloud für Polizeibilder. Doch Datenschützer Kelber zweifelt an dieser Einschätzung: "Nach hiesigem Kenntnisstand werden die Bodycam-Daten auch in der Amazon-Cloud bearbeitet und dafür zwingend entschlüsselt".

Ein Grund liegt womöglich darin, dass die zugehörige Software des Kameralieferanten Motorola weitere AWS-Dienste nutzt. Denn gerade den Bereich der Zusatzdienste baut das Unternehmen auch konsequent aus. "Viele Dinge, die wir bisher als Menschen gesehen oder gehört haben, werden zu Datenströmen, die analysiert werden können", sagt Vogels. Das reicht von Bilderkennung als Grundlage für autonom fahrende Autos bis zur Analyse von Spracheingaben. "Doch diese Datenmengen sind zu groß für Menschen, man braucht Maschinen, um Muster in diesen Daten zu finden."

Auch Tinder, Fortnite oder Moodys nutzen AWS

Die Zahl der Kunden ist enorm vielfältig. Videospielfirmen wie Epic, deren "Fortnite" gerade enorm populär ist, oder Supercell ("Clash of Clans") werten kontinuierlich enorme Datenmengen aus, um ihre Spiele zu verbessern. Bei einzelnen populären Spielen gibt es jeden Tag bis zu 45 Milliarden Ereignisse. Die Ratingagentur Moodys extrahiert Informationen aus Texten, um relevante Finanzinformationen zu finden.

"Die Dating-App Tinder nutzt unsere Bilderkennung und analysiert ob Fotos beispielsweise am Strand oder in einer Bar aufgenommen wurden und nutzt diese Informationen um andere Personen zu finden, die passen könnten", sagt Vogels. "Snapchat schaut mit der Bilderkennung, welche Werbung am besten neben bestimmte Fotos passt."

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) sieht AWS kritisch.
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) sieht AWS kritisch.
© www.junophoto.de

Für AWS sind die Zusatzdienste von denen es inzwischen mehr als 160 gibt eine weitere Möglichkeit seine Marktposition zu festigen. Der Cloudpionier hatte 2017 laut den Analysten von Gartner einen weltweiten Marktanteil von 52 Prozent, Microsoft Azure folgt abgeschlagen mit 13 Prozent. Zudem ist es eine weitere Einnahmequelle, denn natürlich lässt sich Amazon die Nutzung der Werkzeuge bezahlen. Im Vorjahr steigerte der Konzern die Einnahmen mit dem Cloudgeschäft um 47 Prozent. Insgesamt spielte die Sparte 2018 knapp 26 Milliarden Dollar ein - das ist mehr als der weltweite Umsatz von McDonalds.

"Wir machen die Werkzeuge für eine breite Zielgruppe zugänglich", sagt Vogels. Ein Beispiel ist der Empfehlungsmechanismus von Netflix, etwa 75 Prozent der Filme werden dort geschaut, weil sie die Algorithmen empfehlen. "Viele Kunden wollten auch so etwas und haben uns danach gefragt, deswegen bieten wir nun auch ein Empfehlungswerkzeug an", sagt Vogels. Ein weiterer Bereich der immer wichtiger und stärker nachgefragt wird ist Spracherkennung. "Sprache ist eines der nächsten Eingabesysteme und wir statten unsere Kunden mit den nötigen Fähigkeiten aus", sagt Vogels.

"Bei sensiblen Daten, sollten keine Menschen beteiligt sein"

Das zeigt auch der Erfolg des eigenen Sprachassistenten Alexa. Allerdings warnen Kritiker davor, sich damit quasi einen virtuellen Spion ins Haus zu holen, der potenziell mithören kann. Sie fühlten sich von einer Datenpanne im vergangenen Jahr bestätigt: Ein deutscher Nutzer hatte bei Amazon nach von ihm gespeicherten Informationen gefragt und 1700 Sprachdateien erhalten. Die stammten allerdings von jemand anderem, der Nutzer hatte selbst Alexa noch nie verwendet. "Das war ein menschlicher Fehler", sagt Vogels. Amazon habe inzwischen die Prozeduren geändert und automatisiere möglichst viel, um menschliche Fehler auszuschließen.

"Wenn es um sensible Daten geht, sollten möglichst keine Menschen beteiligt sein", sagt Vogels. "Wo tatsächlich nur Menschen eine Aufgabe übernehmen können, haben wir Prozesse geändert: konnte bisher ein einzelner eine Aktion durchführen, braucht man dann vielleicht zwei, fast so wie beim Zugriff auf die Schlüssel von einem Atom-U-Boot." Die Nachfrage nach Spracherkennung wachse besonders in Ländern, wo die Sprache schwieriger zu tippen ist. "Wir sehen ein viel schnelleres Wachstum der Sprachnutzung in China, als in vielen anderen Ländern", sagt Vogels. Aber auch in vielen Entwicklungsländern, wo es wenig Computer oder Smartphones gibt. "Für große Teile der Gesellschaft wird Sprache der erste Weg sein, mit digitalen Systemen zu interagieren", sagt Vogels.

Als Beispiel nennt er ein internationales Institut, das Systeme für Farmer in Indonesien entwickelt hat, um den Düngereinsatz beim Reisanbau zu optimieren. "Doch niemand hat das genutzt, bis sie eine Spracheingabe ergänzt haben." Nun könnten die Bauern einfach anrufen und ihre Informationen durchsagen. Teilweise sei der Düngereinsatz dadurch um 90 Prozent reduziert worden. "Der Erfolg liegt komplett an der Spracheingabe, denn selbst wenn sie Computer hätten, würden viele Bauern sie nicht nutzen, da sie oft gar nicht lesen oder schreiben können", sagt Vogels.

Eine Herausforderung sei es jedoch, die Spracherkennung auf weitere Länder ausweiten. "Es gibt über 9600 Sprachen weltweit, die können wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht alle anbieten, aber die vielgesprochenen wie Chinesisch, Hindi oder Suaheli wollen wir abdecken", sagt Vogels. Allerdings gebe es neben der Hauptsprache in China oder Indien viele Variationen und Dialekte, dass vor einer Umsetzung noch viele Barrieren stehen.

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