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Leere Gleise der Deutschen Bahn. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) hat den längsten Streik in der Geschichte der Deutschen Bahn begonnen. Der Ausstand soll am Montag in den Morgenstunden enden.
© dpa

Wie der Bahnstreik in anderen Ländern gesehen wird: Deutschland steht am Bahnsteig

Gerade im Süden Europas können die Menschen über die Streiks und den Groll in Deutschland oft nur müde lächeln. Denn wenn hier gestreikt wird, geht in der Regel wirklich nichts mehr. Gar nichts.

Streikbedingt von der Außenwelt abgeschnitten - in Griechenland kommt das durchaus vor. Daher hält sich das Mitleid mit genervten Bahn-Reisenden in Deutschland eher in Grenzen. Ein Überblick dazu, wie andere Länder die Streiks von Lokführern und Piloten sehen:

Griechenland

Über das Streikgeschehen in der Bundesrepublik können viele Griechen eigentlich nur müde lächeln. Hier ist man weitaus massivere Arbeitskämpfe gewöhnt. Der Begriff „Superstreiks“ machte schon die Runde. „Die (Menschen in Deutschland) haben eigentlich keine Ahnung, was ein wirklich umfangreicher Streik bedeutet“, sagt etwa Giorgos Mistras, Inhaber eines Cafés im Zentrum Athens.

So gab es in Griechenland beispielsweise kombinierte Ausstände der Fluglotsen. Gleichzeitig wurden die Fähren bestreikt, wodurch Dutzende Inseln von der Außenwelt komplett abgeschnitten waren.

Müllberge lagen tagelang auf den Straßen. Die Menschen in den Städten mussten kilometerweit täglich zur Arbeit hin- und zurückgehen, weil es keine öffentlichen Verkehrsmittel gab; Taxis fuhren auch nicht. Wer sich ins Auto wagte, musste stundenlange Staus in Kauf nehmen.

Die Streiks haben inzwischen nachgelassen. Denn viele Griechen können es sich wegen der harten Sparpolitik der Regierung und der Kürzungen ihrer Gehälter schlicht nicht mehr leisten, die Arbeit niederzulegen.

Italien

Einen kleinen Seitenhieb auf die aus italienischer Sicht immer pünktlichen und korrekten Deutschen kann man sich in dem streikerprobten Land nicht verkneifen. Deutschland, das „aus der Effizienz eine nationale Tugend“ gemacht habe, werde seit Tagen lahmgelegt, schrieb jüngst die Turiner Tageszeitung „La Stampa“. Und weiter: „Wenn so etwas in Italien geschehen würde, können wir uns die Schlagzeilen in deutschen Zeitungen nur vorstellen.“ Überschrieben ist der Artikel mit dem Titel: „Deutschland von Streiks blockiert - es wächst das ,italienische Syndrom'“.

Arbeitskämpfe und vor allem die Drohung mit „sciopero“ (Streik) kommen in Italien recht häufig vor.

Spanien und Portugal

In Spanien und Portugal finden die Streiks bei der Deutschen Bahn und der Lufthansa nur wenig Echo. Spanische Zeitungen wie „El País“ oder „El Mundo“ widmeten dem jüngsten Pilotenstreik keine Zeile. In Portugal wurde vor allem registriert, welche Flüge in Lissabon und Porto wegen des Ausstands gestrichen wurden. Spöttische Bemerkungen gibt es kaum, weil die meisten Spanier und Portugiesen von den Arbeitsniederlegungen in Deutschland nichts wissen.

Eine Ausnahme bildete ein Artikel in „El Mundo“ über den Lokführerstreik unter der Überschrift „Deutschland steht am Bahnsteig“. Dort wurden die Leser darüber aufgeklärt, dass früher die Devise gegolten habe: „In Deutschland heißt Pünktlichkeit: fünf Minuten früher.“ Der Lokführerstreik habe bei den Deutschen Ärger und Verwirrung ausgelöst. „Bislang hatte die Bahn als eine so seriöse Institution wie die Bundesbank gegolten.“

Frankreich

Im Nachbarland wurde der Streik in Deutschland bisher eher beiläufig beachtet. Das dürfte aber auch mit dem Ausstand bei Air France zusammenhängen. Die Aktionen in Frankreich hatten das Land im September in Atem gehalten. Der zweiwöchige Pilotenstreik bei Air France-KLM kostete die Fluggesellschaft etwa eine halbe Milliarde Euro, das Passagieraufkommen und auch das Cargo-Geschäft gingen kräftig zurück.
Mit ihrem bislang längsten Ausstand hatten die Piloten gegen eine umstrittene Ausweitung der Billigflug-Tochter Transavia protestiert. Dadurch war etwa die Hälfte der Air-France-Flüge ausgefallen. dpa

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