Fehlender Nachwuchs in der Gastronomie: Deutschland gehen die Köche aus
Der deutschen Gastronomie fehlen die Nachwuchsköche. Die Arbeitszeiten, schlechte Bezahlung und der oft raue Ton in der Küche schrecken viele ab. Die Branche ist alarmiert und will den Beruf attraktiver machen.
Am Anfang war es nur ein Ferienjob. Um sich etwas dazuzuverdienen, half Daniel Schade mit 14 Jahren in einer Restaurantküche aus. Dort spülte er Teller ab – nach einiger Zeit durfte er auch Salate zubereiten. Als Schade zwei Jahre später vor der Frage stand, ob er weiter zur Schule gehen oder eine Ausbildung machen sollte, war die Entscheidung schnell gefallen: Schade wurde Koch. „Ich habe das bis heute nicht bereut“, sagt er. Mittlerweile hat der 30-Jährige seine Meisterprüfung abgelegt und leitet die Küche einer Rehaklinik in Berlin. Dort würde Schade gerne selbst junge Menschen ausbilden. Doch geeignete Kandidaten zu finden, ist schwer. Seine beiden letzten Lehrlinge haben die Lehre geschmissen. Die drei Ausbildungsplätze für dieses Jahr sind noch immer unbesetzt.
Der Gastronomie fehlt der Nachwuchs. „Die Entwicklung ist erschreckend, der Abwärtstrend leider ungebrochen“, sagt Andreas Becker, Präsident des Verbandes der Köche Deutschlands. Seit 2007 hat sich die Zahl der jungen Menschen, die sich zu Köchen ausbilden lassen, halbiert. Nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) haben 2013 nur noch 9750 Jugendliche eine Kochlehre begonnen. Auch den Berliner Restaurants und Kantinen fehlen die Nachwuchskräfte. Haben 2008 noch 606 junge Menschen in der Hauptstadt eine Kochausbildung abgeschlossen, waren es zuletzt nur noch 445.
Viele Kandidaten nicht geeignet
Die Branche schlägt deshalb Alarm. An diesem Wochenende kommen die deutschen Köche in Erfurt zu ihrem jährlichen Branchentreffen zusammen. Am Samstag werden sie in weißer Kluft durch die Innenstadt ziehen, um auf den Nachwuchsmangel aufmerksam zu machen und für ihren Berufszweig zu werben. Auch der Berliner Daniel Schade wird dabei sein. Er sagt: Nur wenn sich die Branche wandle, könne sie für Nachwuchskräfte attraktiver werden.
„Früher gab es für eine Lehrstelle 50 bis 60 Kandidaten“, sagt er. Heute könne man froh sein, wenn man ein bis zwei Bewerbungen bekomme. Und dann seien von den wenigen Kandidaten viele noch nicht einmal geeignet. Einem Großteil fehlten Mathekenntnisse – dabei sind die für Köche sehr wichtig, denn sie müssen zum Beispiel Rezepturen berechnen. Und nicht immer lasse sich das mit Nachhilfe im Betrieb auffangen. Auch deshalb ziehen viele Nachwuchskräfte die Ausbildung zum Koch nicht durch: Die Abbrecherquote liegt bei 27,5 Prozent.
Das Problem: Die wenigsten jungen Menschen wissen, was auf sie zukommt, wenn sie in die Kochlehre gehen. „70 bis 80 Prozent der Arbeitszeit verbringt ein Koch mit dem Vor- und Nachbereiten und nicht mit dem Kochen selbst“, sagt Schade. Der Nachwuchs unterschätze meist, wie lange es dauert, mehrere Kilogramm Kartoffeln zu schälen oder Salat zu putzen. Und zum Job gehöre es nun mal auch, am Ende des Arbeitstages aufzuräumen und den Boden zu wischen. Zudem klagen die Nachwuchskräfte häufig über den rauen Ton in der Küche.
Viele Köche wandern ins Ausland ab
Nicht ganz unschuldig an den falschen Vorstellungen der Lehrlinge seien die vielen Kochshows im Fernsehen, sagt Schade. Sie haben zwar das Image des Berufs aufpoliert – gleichzeitig vermitteln Tim Mälzer und Jamie Oliver aber den Eindruck, dass die Arbeit leicht von der Hand geht.
Die Folge der Entwicklung: Deutschland gehen die Köche aus. „Wir haben in vielen Regionen bereits einen Fachkräftemangel“, sagt Verbandspräsident Becker. Das könnte in den nächsten Jahren dazu führen, dass Gastronomiebetriebe schließen müssen, weil sie schlichtweg keinen Koch finden.
Die Branche versucht deshalb, den Beruf attraktiver zu machen – zum Beispiel mit neuen Arbeitszeitmodellen. Außerdem müsse sich etwas an der Bezahlung ändern, sagt Daniel Schade. In den ersten Jahren nach der Ausbildung verdient ein Koch im Schnitt gerade einmal 1600 Euro brutto. Schade hofft, dass der Fachkräftemangel automatisch zu höheren Gehältern führt. Denn bereits jetzt wandern viele Köche ins Ausland ab – und finden dort schnell eine Anstellung. „In Dubai oder Las Vegas sind deutsche Köche gefragt“, sagt Schade. Damit die Gehälter hierzulande steigen, müssten aber die Restaurantbesucher mitziehen. „Auch der Gast muss sich ändern“, sagt Schade. Die Deutschen verlangten hohe Qualität, seien aber nicht bereit, dafür entsprechend zu zahlen. „Das passt nicht zusammen“, meint der Koch. (mit dpa)
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