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Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) und der DB-Vorstandsvorsitzende Richard Lutz (links) im Führerhaus eines ICE.
© imago/Markus Heine

Deutsche Bahn: Der Zorn des Passagiers

Verkehrsminister Scheuer und Bahn-Chef Lutz setzen sich bei einer rollenden Bürgersprechstunde den Kunden aus. Und bekommen einiges zu hören.

Es half nichts, das rötlich-warme Deckenlicht im brandneuen ICE4 vermochte den Zorn des Passagiers nicht zu mildern. „Wir fühlen uns von der Deutschen Bahn verarscht“, sagte der junge Mann am Dienstag bei einer Zugfahrt der besonderen Art. 5000 Euro gebe er im Jahr für eine Bahn-Card 100 aus, fuhr er fort, 250.000 Kilometer sei er im Jahr unterwegs. „Da kann man erwarten, dass die Bahn auch pünktlich und kundenfreundlich ist“. Stattdessen habe er in den vergangenen zwei Wochen wegen Stunden langer Verspätungen zwei Nächte im Hotel verbracht, etliche Taxifahrten hinter sich und sechs Termine verpasst. 

Der Adressat seines Wutausbruchs stand dem Bahn-Kunden im ICE-Großraumwagen gegenüber: Bahn-Chef Richard Lutz. Neben ihm: Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister. Der CSU-Politiker hatte zu einer rollenden Bürgersprechstunde eingeladen und einige Bürger machten ihrem Ärger Luft - über verspätete Züge, teure Tickets, komplizierte Tarife, Ausfälle im Regionalverkehr. „Ich melde mich bei Ihnen, versprochen“, antwortete Lutz dem verärgerten Vielfahrer. „Wir treffen uns!“ Eine kompakte Begründung für die aktuell besonders vielen Verspätungen konnte der Bahn-Chef allerdings nicht geben. 

Es mangelt an vielem

Die Dinge sind kompliziert, bei der Deutschen Bahn besonders. Es mangelt an Vielem: Personal, Zügen und Infrastruktur. Die „Bahn der Bürger“ sei ins „Ruckeln“ gekommen, räumte auch der Verkehrsminister ein. Dabei kann sich die DB im Fernverkehr kaum vor Passagieren retten. „Wachstumsschmerzen“ hat Bahn-Chef Lutz deshalb in seinem Unternehmen diagnostiziert, bei dem er seit einem Vierteljahrhundert beschäftigt ist. Auch Scheuer sparte nicht mit Kritik: Bei der Kundeninformation müsse man besser werden, bei der Pünktlichkeit ohnehin, und im Güterverkehr mache die Bahn zu wenig aus der guten Wirtschaftslage. „Ich verstehe nicht, wie man da Verluste machen kann“, rüffelte Scheuer die Spitze des Staatskonzerns. Im ersten Halbjahr 2019 wolle man da deutliche Fortschritte sehen.

Doch der „echte Bahn-Fan“ Scheuer nahm auch gerne den Dank des Bahn-Chefs entgegen: So üppig finanziert sei das System Schiene wie seit Jahrzehnten nicht. Die Große Koalition habe mit dem Schienenbündnis, dem geplanten Deutschlandtakt und steigenden Regionalisierunsgmitteln bahnpolitische Unterstützungsarbeit geleistet. Die Bahn selbst stehe nun vor der Anstrengung, ihren Anteil aus eigener Kraft zu liefern. Fünf Milliarden Euro zusätzlich will Lutz mobilisieren für Investitionen, mehr Qualität, Kapazität, Digitalisierung, Innovationen. „Der Schienenverkehr ist nicht unterfinanziert“, sagte Scheuer. In den kommenden vier Jahren stünden allein mehr als 20 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt für die Investitionen in die Bahn-Infrastruktur zur Verfügung, jedes Jahr mehr als fünf Milliarden. „Die Bahn befindet sich in einer entscheidenden Phase, diesen Schwung sollten wir mitnehmen“, sagte Scheuer. 

So soll es auch bei der Strategietagung des Aufsichtsrats am Donnerstag und Freitag nicht vordringlich ums Geld gehen. Von der Bahn-Spitze wolle der Eigentümer zuerst wissen, welche Projekte bis wann realisiert werden müssen, um die akuten Probleme zu lösen. „Dann erst reden wir über Geld“, sagte Scheuer. „Wir stellen keinen Blanko-Scheck aus.“

Und dann sollte es doch noch um Lichtblicke und die neue Farbe am ICE4 gehen, dem modernsten Vorzeigezug der Bahn. Ein grüner Streifen ziert das Fahrzeug, von dem die Bahn 138 Exemplare für sieben Milliarden Euro bestellt hat. „Ein Signal“, wie Scheuer meinte, auch für manchen Kunden. Auf 80 Prozent will die Bahn den Anteil an Ökostrom am Bahnstrom bis 2030 steigern, bislang waren 70 Prozent geplant. Aktuell liegt der Anteil bei 57 Prozent. 

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