Soziale Ungleichheit: Der Wohlstand wächst – die Ungleichheit auch
Eine aktuelle Studie zeigt: Der materielle Wohlstand ist so groß wie nie. Doch bei den unteren 40 Prozent der Gesellschaft kommt davon kaum etwas an.
Berlin - Es ist das Motto der Sozialen Marktwirtschaft und auch die großen Parteien versprechen in diesem Bundestagswahlkampf: Wohlstand für alle. Doch Anspruch und Wirklichkeit klaffen offenbar immer weiter auseinander. Zu dieser Erkenntnis sind nun Wissenschaftler des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung gelangt. Während die höchsten Einkommen zwischen 1991 und 2014 jährlich um durchschnittlich 1,3 Prozent gestiegen sind, kommt bei den unteren 40 Prozent der Gesellschaft kaum etwas an.
Der Studie zufolge ist die deutsche Wirtschaft seit Jahrzehnten zwar stabil gewachsen. Der materielle Wohlstand sei so groß wie nie zuvor. Allerdings hätten breite Schichten weder über steigende Arbeitseinkommen noch über Vermögenserträge einen Anteil daran. „Möglichst viele Menschen an den Wohlstandsgewinnen teilhaben zu lassen, bleibt somit eine der zentralen Herausforderungen für eine tragfähige Soziale Marktwirtschaft“, sagt Martin Ungerer vom ZEW. Ein Grund für die wachsende Ungleichheit sind der Studie zufolge die starken Zugewinne der höheren Einkommensschichten. Bei der Entwicklung der Ungleichheit würden auch wirtschaftliche Unterschiede zwischen Ost und West eine wichtige Rolle spielen.
Trotz des Beschäftigungsbooms der vergangenen zehn Jahre habe auch die Armutsrisikoquote einen neuen Höchststand erreicht. Waren 1962 schon 9,8 Prozent der Menschen von Armut bedroht, seien es 2015 sogar 15,4 Prozent gewesen. Und auch die betroffenen Gesellschaftsgruppen hätten sich verändert: Während sich zur Zeit des Wirtschaftswunders überwiegend alleinstehende Rentner vor Armut fürchten mussten, seien es heute vor allem Alleinstehende im erwerbstätigen Alter. Kritisch sei zudem die lange Verweildauer unterhalb der Armutsrisikogrenze. Lag sie 1991 noch bei etwa zweieinhalb Jahren, soll sie seit 2008 auf mehr als drei Jahre angestiegen sein. Laurin Meyer (mit afp)
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