Check24 will ein eigenes Girokonto anbieten: Der unvergleichliche Aufstieg des Vergleichportals
Selbst die Preise für Schönheits-OPs kann man bei Check24 inzwischen vergleichen. Jetzt will das Portal auch noch ein eigenes Girokonto anbieten.
Die einen finden sie lustig, die anderen sind von ihnen genervt: die zwei Familien aus dem TV-Spot von Check24. Zur besten Sendezeit werben sie mit plumpen Sprüchen für das Vergleichsportal – untermalt mit lauten Lachern aus der Konserve. Manchen könnte das Lachen beim Zuschauen bald vergehen: den Chefs der etablierten Banken. Denn jetzt steigt Check24 ins Bankgeschäft ein.
Noch in diesem Jahr will das Münchener Vergleichsportal ein eigenes Girokonto samt Karte herausbringen. Sein Projekt nennt das Unternehmen C24, ganz im Stil von bekannten Smartphone-Banken wie N26. Die formellen Hürden hat das Unternehmen bereits genommen. Die Finanzaufsicht Bafin hat Check24 vor wenigen Wochen eine Vollbanklizenz erteilt, wie das Unternehmen bestätigte. Zu den weiteren Details hält sich das Unternehmen bedeckt.
Für viele etablierte Banken dürfte das einer Kampfansage gleichkommen. Denn Check24 hat ihnen gegenüber einen großen Vorteil: Es könnte in seinem Konto die Produktpalette sämtlicher Partnerbanken einbinden, die auch schon beim Vergleichsportal gelistet sind. Das Prinzip: Der Kunde hat ein Konto bei C24, sucht sich seinen Konsumentenkredit aber bei der Targobank aus. Oder er legt sein Tagesgeld über C24 bei der Postbank an. Check24-Chef Christoph Röttele will seine neue Bank deshalb keineswegs als Konkurrenz verstanden wissen. „Check24 ist und bleibt eine offene Plattform für seine Kooperationspartner“, sagte er dem Tagesspiegel. Schließlich sei der Vergleich und die Vertriebspartnerschaft mit den langjährigen Bankpartnern das Kerngeschäft. „Die neue Open-Banking-Plattform wird dieses Modell stärken und den Partnern eine weitere Vertriebsoberfläche bieten.“
Das Portal dringt in immer mehr Branchen vor
Mit seiner eigenen Bank macht Check24 da weiter, wo es vor einigen Jahren begonnen hat. Das Vergleichsportal dringt in immer mehr Branchen vor. Es vergleicht mittlerweile Stromtarife, Handyverträge, Reisen oder Konsumgüter. Sogar 50000 private Dienstleister stellen sich bei Check24 dem Wettbewerb. Nachhilfelehrer konkurrieren um Schüler, Fitnesstrainer überbieten sich mit günstigen Sportprogrammen. Und selbst Schönheitsoperationen vermittelt Check24. Das Motto: Wer vor dem Fettabsaugen den Chirurgen vergleicht, kann bis zu 1500 Euro sparen.
Vergleichsportale und Unternehmen – beide Seiten verbindet seit jeher eine schwierige Beziehung. Den gelisteten Firmen versprechen die Plattformen mehr Reichweite. Doch je mehr Konkurrenten mitmachen, desto schwieriger wird es, sich den Portalen noch zu entziehen. Und die lassen sich ihre Dienste gut bezahlen. Vermittelt ein Vergleichsportal etwa einen neuen Stromtarif, zahlt der Anbieter in der Regel einen fixen zweistelligen Betrag, heißt es.
Dabei hat Check24 selbst klein angefangen. Im Jahr 1999 gingen die Gründer Henrich Blase und Eckhard Juls mit einem Vergleichsportal ausschließlich für Kfz-Versicherungen online. Zum Start waren 20 Mitarbeiter dabei, immerhin zwei Millionen Euro setzte das Unternehmen im Gründungsjahr um. In 2008 folgte dann der Zusammenschluss mit der Kreditplattform „Moneyworld“ sowie dem Stromportal „Tarifvergleich“. Seitdem ist Check24 rasant gewachsen. Mehr als 1000 Beschäftigte zählt das Unternehmen heute, die jüngsten Geschäftszahlen aus dem Jahr 2016 weisen einen Umsatz von einer halben Milliarde Euro aus. Und der dürfte heute nochmal deutlich höher liegen. Laut Bundeskartellamt lag das durchschnittliche Umsatzwachstum der Vergleichsportale bei zuletzt 22 Prozent pro Jahr.
Das Kartellamt beobachtet die Entwicklung genau
Die Wettbewerbshüter haben Check24 längst auf dem Radar. Erst im vergangenen Jahr hat das Bundeskartellamt einen ausführlichen Bericht über das Geschäft mit den Preisvergleichen veröffentlicht. Neben intransparenten Rankings kritisierte die Behörde eben jene Marktmacht der Großen. Demnach wickelten Check24 und dessen Konkurrent Verivox bei Handyverträgen zusammen rund 90 Prozent aller Vermittlungen ab. Im Bereich Energie kamen sie zuletzt sogar auf einen Marktanteil von 95 Prozent.
Aufgefallen sind den Wettbewerbshütern auch die vielen Verflechtungen von Vergleichsplattformen untereinander. Vermeintlich eigenständige Portale greifen auf die Daten oder Tarifrechner der großen Anbieter wie Check24 zurück – ohne dass Verbraucher dies immer bemerken würden, beklagt das Bundeskartellamt. Und auch einzelne Firmen wehren sich gegen die Münchener, so etwa die HUK Coburg.
Der Kfz-Versicherer hatte sich im Jahr 2017 von allen Vergleichsportalen zurückgezogen. Der Grund: Die Provisionen sind dem Unternehmen zu teuer geworden. Was folgte, waren mehrere Auseinandersetzungen mit Check24 vor Gericht. So hat die HUK Coburg erfolgreich dagegen geklagt, dass das Vergleichsportal weiterhin die Logos des Kfz-Versicherers auf seiner Webseite verwendet hatte. Vor wenigen Wochen entschied das Landgericht Köln zudem, dass das Werbeversprechen von Check24, die „Nirgendwo günstiger“-Garantie, in die Irre führt. Klägerin war wieder die HUK Coburg und argumentierte, es gebe sehr wohl günstigere Angebote. Nach Einschätzung der Richter kann das Vergleichsportal tatsächlich nur in 80 Prozent der Fälle die günstigsten Tarife anbieten.
Das Ziel von Check24 scheint dennoch klar zu sein: weiter wachsen. So investiert das Unternehmen seit einigen Jahren kräftig in Start-ups – stets in der Hoffnung, das nächste lukrative Geschäft für seine Vergleichsplattform zu finden. Über die Tochterfirma „Check24 Ventures“ ist das Unternehmen etwa an Moebel24 beteiligt, einem Berliner Internetportal, auf dem Nutzer die Preise von Sofas oder Tischen vergleichen können. Außerdem haben die Münchener ins Start-up Campstar investiert, einer Suchmaschine für Campingplätze. Und auch bei Zizoo, einem Online-Bootsverleiher, hat sich das Unternehmen eingekauft.
Eines dürfte sicher sein: dass Check24 auch sein neues Konto bald zur besten Sendezeit bewerben wird. Schätzungen zufolge soll das Unternehmen allein im ersten Quartal dieses Jahres bereits fast 50 Millionen Euro für Werbung ausgegeben haben – mehr als Volkswagen oder der Pay-TV-Sender Sky. Wer beim Zuschauen noch mitlachen wird, bleibt aber abzuwarten.
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