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Volle Kraft voraus. Kurz vor der EEG-Reform inklusive Kürzung der Förderung wurden nochmal jede Menge Windräder aufgestellt oder zumindest genehmigt.
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Energiewende: Der Strom wird immer grüner

Im ersten Halbjahr steigt der Anteil der erneuerbaren Energien auf 28,5 Prozent. Kurz vor der Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes haben die Investoren nochmal zugelangt.

Das monatelange Gezerre um die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) hat dem Ökostrom nicht geschadet. Im Gegenteil: Mitte des Jahres decken Erneuerbare 28,5 Prozent des Stromverbrauchs hierzulande, das sind fast vier Prozent mehr als vor einem Jahr. Offenkundig haben die diskutierten und inzwischen beschlossenen Veränderung bei der Förderung die Installation vor allem von Windanlagen und Solarmodulen forciert. „Da die Investoren unsicher waren, was das EEG 2014 bringen würde, haben sie Windenergieprojekte an Land mit Hochdruck realisiert“, hieß es am Dienstag beim Verband der Maschinenbauer (VDMA). Tatsächlich wurden im ersten Halbjahr 66 Prozent mehr Windräder an Land aufgestellt als im ersten Halbjahr 2013. Insgesamt wurden 31 Milliarden Kilowattstunden (kWh) Windstrom produziert.

Photovoltaikanlagen produzierten von Januar bis Juni 18,3 Milliarden kWh und legten damit um 27,3 Prozent zu. Die Biomasse, für deren Förderung sich vor allem die CSU eingesetzt hatte, verbuchte ein Plus von 5,2 Prozent und kommt nun auf 22 Milliarden kWh. Der Bundesverband der Energiewirtschaft BDEW betonte allerdings die Vorläufigkeit dieser Zahlen, da die Erzeugung von Grünstrom „nach Jahreszeit und Witterung stark schwankt“. Der Blick auf das Gesamtjahr 2013 zeigt jedoch, wie sich die Erneuerbaren einen immer größeren Marktanteil erobern: Mit knapp 152 Milliarden Kilowattstunden deckte der Ökostrom 25,3 Prozent des Stromverbrauchs hierzulande, im Jahr zuvor waren es 23,6 Prozent gewesen.

Das hat Folgen: Der Anteil der konventionellen Energieträger sinkt, während die EEG-Umlage, mit der die Masse der Verbraucher den grünen Strom finanziert, steigt. Die Stromnetze sind an der Belastungsgrenze wegen der schwer kalkulierbaren, vom Wetter abhängigen Einspeisung des Ökostroms, und die konventionellen Kraftwerke werden zunehmend unwirtschaftlicher. Letzteres trifft vor allem auf Gasanlagen zu.

Der Anteil von Erdgas an der Stromerzeugung fiel im ersten Halbjahr erneut von 11,4 auf 9,8 Prozent. Fürs Klima ist das eine schlechte Nachricht, denn bei der Verstromung von Gas wird deutlich weniger CO2 emittiert als bei der Verfeuerung von Kohle. Der Anteil der schmutzigen Braunkohle lag im ersten Halbjahr mit gut 25 Prozent ungefähr auf Vorjahresniveau. Die Energiewende mit dem rasanten Ausbau der Erneuerbaren hat also durchaus zwiespältige Folgen für das Klima. Immerhin ging sowohl der Gas- als auch der Stromverbrauch im ersten Halbjahr wegen des milden Winters zurück, Der Gasverbrauch sank um fast 20 Prozent, der Stromverbrauch um fünf. „Der Produktionsrückgang in der chemischen Industrie verstärkte diese Entwicklung“, schreibt der Branchenverband BDEW.

Bundestag und Bundesrat hatten kurz vor der Sommerpause eine Novelle des EEG beschlossen, mit der Wirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel (SPD) den Ausbau der Erneuerbaren besser steuern, die Förderung langsam umbauen und überhaupt die Kosten in den Griff kriegen will. Bislang bekommt jeder Produzent von Grünstrom einen festen Preis, der von allen Verbrauchern mit 6,3 Cent je Kilowattstunden subventioniert wird. Diese so genannte EEG-Umlage sowie andere staatlichen Abgaben und Steuern machen inzwischen 52 Prozent des Strompreises aus. Nach Berechnungen des BDEW zahlt ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 3500 Kilowattstunden rund 85 Euro im Monat für Strom. Gut 18 Euro davon landen bei den Besitzern von Windräder oder Solaranlagen.

Jahr für Jahr war diese Summe gewissermaßen im Gleichschritt mit dem Ausbau der Erneuerbaren gestiegen. Gabriel will nun mit der künftigen Pflicht zur Direktvermarktung die feste Einspeisevergütung überwinden und den Grünstrom nach und nach unter Wettbewerbsbedingungen stellen. Die noch verbleibende Förderhöhe soll ebenfalls im Wettbewerb ermittelt werden. Bislang wird Windstrom dann produziert und eingespeist, wenn der Wind weht, künftig soll sich das Angebot auch nach der Nachfrage richten, wozu ein Marktpreis gebraucht wird. Die Branche der Erneuerbaren lehnt das ab: „Verpflichtende Direktvermarktung und Ausschreibungen bremsen den weiteren Ausbau der Erneuerbaren und erhöhen gleichzeitig Aufwand und Kosten des Gesamtsystems.“

An den explodierenden Kosten dieses Gesamtsystems wollte Gabriel die Erzeuger des Ökostroms beteiligen, indem sie ebenfalls die EEG-Umlage zahlen. Das passiert künftig auch zumindest teilweise, alle bereits laufenden und genehmigten Anlagen bleiben aber weiter ausgenommen. Dennoch glaubt Gabriel an halbwegs stabile Preise, weil die Überförderungen abgebaut, Boni gestrichen und die Förderung stufenweise gesenkt werden. Während die durchschnittliche Vergütung für Grünstrom derzeit 17 Cent pro Kilowattstunde beträgt, werden Betreiber neuer Anlagen ab 2015 im Schnitt nur zwölf Cent erhalten.

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