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Mister Spex: „Der Sehtest im Internet kommt“

Zehn Jahre nach der Gründung: Wie der Online-Brillenrevolutionär Mister Spex zunehmend Fielmann & Co. mit klassischen Läden attackiert.

Dirk Graber steht zwischen den großen Metallregalen im Lager seines Online-Optikers Mister Spex. Aus einem Pappkarton zieht er eine kleine bunte Tüte. Da drin stecken ein paar Standardgläser. „Bei Fielmann bezahlt man dafür 100 Euro“, sagt Graber, „und wissen Sie was die uns im Einkauf kosten?“ Weniger als zwei Euro.

Mister Spex erzielt mehr als 100 Millionen Euro Umsatz

Brillen gehören zu den Artikeln mit den höchsten Margen, genau deswegen hat Graber vor zehn Jahren überlegt, sie im Internet günstiger zu verkaufen. Was damals noch verwegen klang, ist inzwischen zum Massengeschäft geworden. Mehr als 100 Millionen Euro Umsatz haben die Berliner im Vorjahr erzielt, in den deutschsprachigen Ländern sei das Geschäft profitabel. Doch vor allem in Skandinavien investiert das Unternehmen derzeit viel. Insgesamt ist Mister Spex in zehn Ländern aktiv.

Wie gut das Geschäft läuft zeigt sich auch in der Produktionshalle am Siemensdamm. Auf einem großen Fließband sind in langer Reihe je fünf Plastikschalen übereinander gestapelt. Darin liegen je ein Gestell und zwei kreisrunde Gläser. Sie fahren in zwei grau-blaue Maschinen, die von außen wie zwei Fahrzeugkabinen aussehen. Im Inneren greifen sich Metallarme die Gläser und schleifen sie in einer Minute in die passende Form. Zwischen 1500 und 2000 Brillen laufen hier jeden Tag durch. Eine dritte Maschine ist schon bestellt.

Potenzial für mehr als hundert Filialen

„Wir sind jetzt der größte Omnichannel-Optiker in Europa“, sagt Graber. Omnichannel ist der Fachbegriff für die Kombination aus Onlinegeschäft und stationärem Handel. Denn vor zwei Jahren begannen auch die Internetrevoluzzer, klassische Läden zu eröffnen. Der ersten Filiale im Berliner Einkaufszentrum Alexa folgten fünf weitere, die nächsten vier Standorte stehen auch schon fest. Mittelfristig sieht das Unternehmen gar das Potenzial für mehr als hundert Filialen – die großen Optikerketten Fielmann und Apollo haben zwischen 700 und 800 Niederlassungen. „Wir können durch die Läden noch mehr vom Markt abschöpfen“, sagt Graber. Von den 20- bis 30-jährigen Brillenträgern habe zwar schon jeder zehnte eine Brille bei Mister Spex gekauft. Doch die Mehrzahl ist immer noch skeptisch.

Das zeigen auch die Marktzahlen: Etwa jeder zweite Deutsche benötigt eine Sehhilfe, jedes Jahr wird damit ein Umsatz von etwa sechs Milliarden Euro erzielt. Doch der Anteil des Onlinegeschäfts liegt nur bei knapp fünf Prozent. Apollo hat vor anderthalb Jahren auch Online-Bestellungen eingeführt, liefert dabei aber nur in Filialen. Mister Spex schickt die Brillen dagegen direkt nach Hause oder auf Wunsch auch zu einem der 500 Partneroptiker. Marktführer Fielmann bietet bislang seinen Kunden nur die Möglichkeit, Kontaktlinsen im Netz oder per App nachzubestellen. Gegen den Brillenverkauf im Netz spricht für Fielmann, dass sie sich da nicht anpassen und die Sehstärke nicht bestimmen lasse. „Wenn dies über die Distanz möglich ist, werden wir den Onlinehandel neu bewerten“, sagte Günther Fielmann vor zwei Jahren.

Experimente mit Online-Sehtests

Doch schon jetzt arbeiten verschiedene Unternehmen an Lösungen dafür. „Der Online-Sehtest wird kommen“, sagt Mister-Spex-Co-Geschäftsführer Mirko Caspar. Das Unternehmen testet solche Lösungen seit einiger Zeit. Noch seien die Ergebnisse nicht gut genug, doch in ein bis drei Jahren will das Unternehmen Internet-Sehtests anbieten. Und dann könnte auch Fielmann den Schritt ins Netz wagen.

Oliver Voß

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