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Der Riese wird schrumpfen. Das Hauptquartier der Deutschen Bank in Frankfurt am Main.
© Ralph Orlowski/Reuters

Kahlschlag befürchtet: Der Deutschen Bank drohen tiefe Einschnitte

Die Deutsche Bank baut bis zu 20.000 Stellen ab und den Vorstand um. Am Sonntag will der Vorsitzende Christian Sewing seinen Aufsichtsrat informieren.

Er sei zu harten Einschnitten bereit und wolle die Bank auf die profitablen Bereiche ausrichten, hatte Christian Sewing auf der Hauptversammlung der Deutschen Bank Ende Mai gesagt. Und konkrete Entscheidungen angekündigt. Die stehen jetzt offenbar bevor. Am kommenden Sonntag will der seit April vergangenen Jahres amtierende Vorstandschef der Deutschen Bank dem Aufsichtsrat anscheinend seine Pläne auf den Tisch legen. Zwei Punkte werden demnach im Mittelpunkt stehen: Zum einen der Abbau von bis zu einem Fünftel der 91.500 Arbeitsplätze weltweit. Zum anderen ein Umbau im Vorstand, dem bis zu drei Managerinnen und Manager zum Opfer fallen dürften. Die Bank selbst kommentiert die Meldungen nicht, aber die Anzeichen, dass genau das passieren wird, verdichten sich.

Am Freitag noch hatte Sewing vor allem sein Team in den USA gelobt, weil die Bank den Stresstest der US-Notenbank Fed bestanden hatte. Und das, nachdem sie zuvor drei- mal durchgefallen war. Das seien „hervorragende Nachrichten“ und für das Geschäft in den USA und weltweit ein großer Fortschritt. Wenige Stunden später war die gute Nachricht schon fast wieder vergessen. Erste Meldungen poppten auf, die Deutsche Bank erwäge den Abbau von 15.000 bis 20.000 Stellen. Wie viele davon im Inland, wie viele im Ausland betroffen sein könnten ist ebenso unklar wie der zeitliche Rahmen. Seit Ende 2017 hat die Bank bereits 7.000 Stellen gestrichen, bis Jahresende sollen es weniger als 90.000 sein. Allein durch die Integration der Postbank sollen bis zu 2 000 Stellen wegfallen.

Gewerkschaft gegen Fusion

Zu den aktuellen Spekulationen äußert sich auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi nicht. Für sie sitzen Gewerkschaftschef Frank Bsirske und Fachgruppenleiter Jan Duscheck im Aufsichtsrat der Bank. Sie hatten sich im April massiv gegen die geplante Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank geäußert, weil dies den Abbau von mehreren zehntausend Arbeitsplätzen bedeutet hätte.

Die Commerzbank erziele mit rund der Hälfte des Personals bessere Ergebnisse als die Deutsche Bank, sagt Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Allerdings sei Gesundschrumpfen nicht ausreichend. Nieding fordert „endlich Aussagen“ zu einer überzeugenden Strategie und damit dazu, wo und wie die Bank künftig ihr Geld verdienen wolle.

Die in Rede stehenden Schritte seien überfällig, sagt auch Dieter Hein vom Analysehaus Fairesearch. „Die Deutsche Bank hat ein Kostenproblem. Kosteneinsparungen wird man nicht ohne Stellenabbau erreichen.“ Seit Jahren sinken nach den Worten von Hein die Erträge der Bank deutlich, die Kosten aber weniger schnell. Dabei entfalle die Hälfte auf Personalaufwendungen. Für absurd hält er, dass die Bank trotz zweistelliger Milliarden-Verluste in den letzten Jahren sieben Milliarden Boni ausgeschüttet habe. „Sie hätte 2018 schon zwei Milliarden Euro sparen können, wenn sie keine Boni gezahlt hätte.“

Es wird teuer

Vor allem Global Markets und damit der Wertpapierhandel scheine ein Riesenproblem zu sein, „mit Blick auf die Kosten, aber auch auf die Risiken“. Andere Großbanken in Europa wie die niederländische ING oder die französische BNP Paribas hätten die Verkleinerung ihrer Investmentbanking-Sparte erfolgreich bewältigt. „Warum soll das die Deutsche Bank nicht auch schaffen?“ Dem Vernehmen nach wird deshalb Investmentbank- Chef Garth Ritchie gehen müssen. Er war im vergangenen Jahr mit mehr als acht Millionen Euro bestbezahlter Vorstand. Das war so viel, wie der gesamte Vorstand der Commerzbank erhalten hat. Auch die für das Compliance – und damit für Missstände bei der Geldwäschebekämpfung verantwortliche – Sylvie Matherat und Finanzvorstand James von Moltke gelten als Wackelkandidaten. Letztlich soll der Vorstand von derzeit neun Personen verkleinert werden. „Die Deutsche Bank hat ein grundsätzliches Management-Problem“, sagt Hein.

Fest steht, dass ein möglicher personeller Kahlschlag ebenso wie die Verkleinerung des Vorstandes die Bank über Abfindungen viel Geld kosten wird. Schätzungen zufolge könnten diese Aufwendungen eine Höhe von drei bis fünf Milliarden Euro erreichen. Damit wäre die von Sewing für das laufende Jahr angepeilte Eigenkapitalrendite von vier Prozent passé – und das vermutlich auch für das nächste Jahr. Bislang erwarten Analysten 2019 für die Bank im Schnitt einen Nettogewinn von 951 Millionen Euro und eine Rendite von 1,7 Prozent. 2020 sollen es dann 1,5 Milliarden und 2,6 Prozent sein. Allerdings stammen diese Prognosen von Mitte Juni.

Die jetzt offenbar anstehenden tiefen Einschnitte verbunden mit hohen Kosten und erst allmählich sichtbaren positiven Ergebnissen sind dabei noch nicht berücksichtigt. Der Kurs der Aktie stieg am Montag um 1,8 Prozent auf rund 6,90 Euro – deutlich mehr als beim Rekord-Tief von 5,80 Euro Anfang Juni.

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