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Udo Marin, Hauptgeschäftsführer des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI).
© DAVIDS/David Darmer

Wahl-Reaktionen der Berliner Wirtschaft: "Den Einzug der AfD in das Abgeordnetenhaus bedauern wir"

Die Spitzenvertreter der Berliner Wirtschaftsvertretern können mit dem Wahlergebnis ganz gut leben. Nur der Einzug der Rechtspopulisten stört.

Udo Marin, der Hauptgeschäftsführer des Vereins der Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI), schob sich am Sonntag nach 18 Uhr durch die Wahlparty der SPD. Nicht zwingend aus persönlicher parteipolitischer Präferenz, eher aus Neugier. Und es war ja absehbar, dass hier der alte und neue Regierende Bürgermeister auftritt. "Es zeichnet sich ja das seit Monaten erwartete Ergebnis ab", stellte Marin fest. Er persönlich freue sich besonders, dass die wirtschaftsliberale FDP wieder im Abgeordnetenhaus vertreten sein wird - "auch wenn die mit ihrer Forderung, den Flughafen Tegel offenzuhalten, nur eine markante Position im Wahlkampf hatten", wie er einräumte.

SPD-Chef Michael Müller habe nun diverse Optionen. "Wenn Müller klug ist, und das ist er, dann spricht der auch mit der FDP, allein schon, um mehr als eine Optionen zu haben". Rechnerisch - wenn auch nur knapp - möglich schienen ab Sonntagabend "Rot-Schwarz-Gelb" oder "Rot-Grün-Gelb". Für Marin hat aber auch die nach allgemeiner Einschätzung wahrscheinlichste Konstellation "Rot-Grün-Rot" ihren Schrecken verloren. "Als Wowereit 2001 die damalige PDS ins Boot geholt hatte, gab es bei uns in der Wirtschaft viele, die vor dem Horrorszenario warnten", erinnerte sich Marin. Bei einer Beteiligung der ehemaligen Kommunisten stünde Berlin vor einem Exodus der großen Unternehmen. Investoren würden abgeschreckt. Das sei damals die große Sorge gewesen. "Aber es kam ganz anders", meinte Marin. Diese linke Koalition habe den für Berlin nötigen Mentalitätswechsel begleitet und die Stadt auf Sparkurs gebracht.

Was Berlins Zukunft angehe, sei er angesichts des aktuellen Wahlergebnisses, weder besonders positiv noch negativ gestimmt. "In den vergangenen fünf Jahren hat sich die Konjunktur in Berlin ja ausgezeichnet entwickelt - auch ohne wesentliches Zutun der Politik." Vielleicht sei es das beste, sie halte sich weitgehend raus. Später am Abend wollte Marin noch zu den Partys der Grünen und der FDP.

Unternehmensverbände wünschen sich schnelle Regierungsbildung

Christian Amsinck, Hauptgeschäftsführer der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), wünschte sich am Abend Tempo bei der Regierungsbildung: Das Ergebnis zeige, dass nicht nur die Landespolitik bei der Stimmabgabe eine Rolle gespielt haben dürfte. "Wichtig ist für uns, dass nun rasch Gespräche über eine Regierungsbildung beginnen. Eine lange Hängepartie können wir uns nicht leisten. Wir brauchen eine stabile und verlässliche Regierung mit gemeinsamen Zielen für die nächsten fünf Jahre", teilte Amsinck schriftlich mit.

Christian Amsinck, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB).
Christian Amsinck, Geschäftsführer der Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg (UVB).
© Mike Wolff/Tagesspiegel

Berlin habe sich bei Wachstum und Beschäftigung in den vergangenen Jahren überdurchschnittlich entwickelt. "Die Politik muss diesen Kurs unbedingt halten. Das geht nur durch innovations- und investitionsfreundliche Rahmenbedingungen. Entscheidend für Berlin ist eine klar marktwirtschaftlich ausgerichtete Politik", sagte der Chef der Unternehmensverbände. Außerdem müsse die Konsolidierung der öffentlichen Finanzen fortgesetzt werden. Zudem brauche die wachsende Stadt erfordert höhere Investitionen – in die digitale Infrastruktur, in den Verkehr, in die Bildung. Und eine effiziente und serviceorientierte Verwaltung. Ihre Forderungen hatten die UVB im Detail bereits vor der Wahl präsentiert.

Zum Wahlergebnis selbst sagte Amsinck. "Den Einzug der AfD in das Abgeordnetenhaus bedauern wir. Diese Partei hat keine schlüssigen Antworten auf die Herausforderungen, vor denen Berlin steht."

IHK hofft auf bessere Verwaltung und Bildung als Schwerpunkt

Die Präsidentin der Berliner Industrie- und Handelskammer, Beatrice Kramm, verwies in ihrer Reaktion auf "Wahlprüftsteine", die ihrer Kammer gemeinsam mit der Handwerkskammer erarbeitet hat (hier eine Zusammenfassung). "Durch Digitalisierung und die wachsende Stadt ergeben sich sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Berlin hat dabei beste Voraussetzungen, Impulsgeber und Schaufenster für die smarte Stadt von morgen zu werden", teilte Kramm mit. Dafür müsse der neue Senat die entscheidenden Rahmenbedingungen setzen – mit einer Gesamtstrategie und einer zukunftsfähigen digitalen Infrastruktur, so dass aus den vielen Ideen auch innovative Lösungen werden.

Berlin IHK-Präsidentin Beatrice Kramm (2. von links) im Gespräch mit Auszubildenden aus der Gastronomie.
Berlin IHK-Präsidentin Beatrice Kramm (2. von links) im Gespräch mit Auszubildenden aus der Gastronomie.
© Michael Brunner/IHK (Promo)

Wichtige Ansatzpunkte seien vor allem die Verwaltung und das Bildungswesen. "Wir brauchen ausreichende digitale Ressourcen in Senatsverwaltungen und Bezirksämtern und eine flächendeckende Nutzung der E-Akte, ebenso zügige Abläufe und Verfahren für Bürger und Unternehmen. " Das Thema Bildung müsse in der neue Legislaturperiode "eine deutlich zentralere Rolle spielen", damit sich künftig wieder mehr Jugendliche für den Weg in eine Ausbildung entscheiden. So könnte die Landesregierung beispielsweise einen "Staatssekretär für berufliche Bildung" einführen, schlug die IHK-Chefin vor. "Hinzu kommen eine bessere Vermittlung von wirtschaftlichen Zusammenhängen bereits in der Schule und mehr Informationen über Einstiegsmöglichkeiten in die Arbeitswelt. Ziel muss es sein, dass die Unternehmen alle Ausbildungsplätze besetzen können."

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