E-Roller für die Verkehrswende: Den Ärger überlässt Scheuer gern den anderen
Minister Scheuer genehmigt E-Roller, um die Verkehrswende voranzubringen. Doch wo und wie die fahren - und parken - sollen, kümmert ihn nicht. Ein Kommentar.
Das hat sich der Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer wohl zu einfach vorgestellt. Mit der Zulassung von E-Tretrollern im Juni wollte der CSU-Politiker die Verkehrswende anschieben, eine umweltfreundliche und spaßige Alternative zum Auto schaffen, Deutschland endlich auf die gleiche Coolness-Stufe stellen wie San Francisco und Wien, wo die elektrischen Flitzer bereits seit Monaten unterwegs waren. Seht her! Ich bin nicht nur Auto- und Fahrrad, sondern auch Rollerminister!, steckte als Botschaft in den vielen Fotos, auf denen sich Scheuer auf einem der hippen Geräte ablichten ließ.
Doch mittlerweile ist klar: Die mit den E-Tretrollern verbundenen Hoffnungen erfüllen sich nicht. Die Scooter, wie die kleinen Flitzer auch genannt werden, dienen nicht als Autoersatz auf dem Weg ins Büro. Stattdessen gehören vor allem Touristen zu ihren Fans. Die kümmern sich kaum darum, wo sie diese abstellen, rollen trotz Verbot über den Bürgersteig, häufig zu zweit und von der Kneipe nach Hause, im schlimmsten Fall alkoholisiert.
Es fehle an Kontrollen, findet nun auch der Verkehrsminister selbst, der die Fahrzeugzulassung im Juni durchgesetzt hatte. Er will die an ihm geübte Kritik nicht auf sich sitzen lassen. Der Bund habe das Fahren auf dem Gehweg verboten und ein Bußgeld vorgesehen. Die Kontrollmöglichkeiten müssen ausgeschöpft werden, ruft Scheuer nun aus dem Ministerium den Städten und Gemeinden zu. Und will damit wohl sagen: Ich habe die Innovation gebracht, den Rest müsst ihr selber regeln.
Die Infrastruktur fehlt
Doch wer soll Jagd auf Roller-Rowdies machen, wenn Ordnungsämter und Polizei schon jetzt kaum hinterherkommen, Auto- und Radfahrer beim Einhalten der Verkehrsregeln zu kontrollieren? Bei der Berliner Polizei und in vielen Behörden herrscht seit Jahren Personalmangel. Hinzu kommt, dass sich durch die neuen Fahrzeuge das Platzproblem in der Stadt noch verschärft hat. Wo sich vorher bereits Radfahrer, Autofahrer und Fußgänger drängelten, quetschen sich jetzt noch Rollerfahrer dazu. Was daraus folgt, zeigen die Unfallzahlen: Allein in Berlin registrierte die Polizei bis Mitte Juli mehr als 20 schwere Zusammenstöße und Stürze, in die ein E-Tretroller-Fahrer verwickelt war.
Der Streit um den ohnehin knappen öffentlichen Raum war absehbar. Was Scheuer gut gemeint hat, verdient darum das Prädikat „gut gemeint, aber nicht gut gemacht“. Zwar hat er das als „zukunftsträchtig“ gefeierte Verkehrsmittel nach jahrelangem Stillstand auf die Straße gebracht.
Doch dabei hat er es versäumt, auch auf Seiten der Infrastruktur die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen – indem er beispielsweise eine Grundlage für breitere Radwege schafft, auf denen Tretroller und Fahrradfahrer nebeneinander passen. Das ist so schade, wie unnötig. Deutschland ist im Tretrollermarkt ein „Last-Mover“. So wird genannt, wer später als alle anderen ein Geschäftsmodell für sich entdeckt.
Dieser Nachteil hätte ein Vorteil sein können. In Städten wie San Francisco, Los Angeles, Paris und Warschau zeichnete sich früh ab, dass viele der Probleme mit den Flitzern nicht technischer Natur sind, sondern eine Frage der Regulierung. Man hätte davon lernen können. Vorab. Statt wie jetzt hinterher die Klärung der Detailfragen an andere abzuschieben.
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