MS Deutschland: Dem Traumschiff droht der Notverkauf
Der vorläufige Insolvenzverwalter der MS Deutschland sucht dringend einen Investor. Denn das Schiff muss zum Tüv - doch dafür fehlt das Geld.
In Lissabon war die Reise zu Ende. Dort haben die letzten Feriengäste die MS „Deutschland“ verlassen. Eigentlich sollte der Kreuzfahrtdampfer – bekannt aus der ZDF-Serie „Traumschiff“ – als Nächstes eine Werft im spanischen Cadiz anlaufen. Denn der Tüv ist fällig. Doch die Kassen des Traumschiffs sind leer und die Werft verlangt einen Vorschuss. Ohne den Tüv jedoch darf das Schiff nicht wieder auf Weltreise gehen. Ein Teufelskreis.
Seit die Betreibergesellschaft der „Deutschland“ vor wenigen Wochen Insolvenz anmelden musste, hat sich die Lage weiter zugespitzt. Banken sollten einen Kredit bereitstellen. Doch bislang ist der nicht zustande gekommen, weil Sicherheiten fehlen. Der vorläufige Insolvenzverwalter Reinhold Schmid-Sperber hofft, noch auf die Schnelle einen Investor zu finden. Interessenten gibt es zwar. „Jedoch hat noch keiner von ihnen ein verbindliches Angebot vorgelegt“, sagt Andreas Jung, Sprecher des Insolvenzverwalters.
Dem Traumschiff droht deshalb womöglich der Notverkauf. Unter den Hammer kommen könnte es für acht bis 30 Millionen Euro. Das zeigen Schätzungen von drei Schiffsmaklern, die der Insolvenzverwalter beauftragt hat. Was anschließend mit dem Traumschiff passiert, ist dem neuen Eigentümer überlassen. Er könnte das Schiff etwa unter ausländischer Flagge weiterbetreiben – oder es verschrotten lassen.
Die Anleger werden wohl einen Großteil ihres Vermögens verlieren
Vor allem für gut 1000 Kleinanleger sind das schlechte Nachrichten. Sie hatten sich über Anleihen an dem Schiff beteiligt. Diese Woche hat der Insolvenzverwalter sie auf den neuesten Stand gebracht. Dabei stellte sich heraus, was viele vermutet hatten: Mit den Anleihen haben sie sich auf eine hochriskante Wette eingelassen. Denn die Papiere sind zwar mit dem Schiff besichert. Doch dessen Wert liegt deutlich unter dem, den man den Anlegern genannt hatte.
So war im Prospekt der Anleihe von 100 Millionen Dollar (77,4 Millionen Euro) die Rede gewesen. Wie jetzt aber herauskam, basiert dieser Wert auf einem zweifelhaften Gutachten, das nur aus einer Seite besteht. Wie der vorläufige Insolvenzverwalter bei der Gläubigerversammlung eingeräumt haben soll, hat sich die Gesellschaft das Gutachten gerade einmal 450 Euro kosten lassen. Für die Anleger ist das bitter. Wenn sie Glück haben, dürften sie gerade einmal zehn Prozent des von ihnen eingesetzten Vermögens wiedersehen.
Vorerst hängt nun alles am Insolvenzverwalter. Springt kurzfristig kein Investor ein, will er versuchen, den Tüv immerhin für drei Monate zu verlängern. Dafür muss das Schiff nicht in die Werft, sondern wird von Tauchern untersucht. Derweil können Gäste weiterhin für das kommende Jahr Kabinen auf der „Deutschland“ reservieren – obwohl völlig unklar ist, ob die Reise des Traumschiffs überhaupt weitergeht.
Carla Neuhaus
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