Anleger angetan: Das Wunder von Facebook
Einst prophezeiten Kritiker Facebook das baldige Ende. Doch inzwischen überzeugt das soziale Netzwerk mit Zahlen – und Visionen. Auf Letztere warten Apple-Fans noch immer.
Mitunter kann ein schlechter Ruf nicht schaden. Vor zwei Jahren war Facebook in den Augen vieler Analysten praktisch am Ende: Immer häufiger nutzten Mitglieder das soziale Netzwerk über ihr Smartphone, immer seltener über ihren PC. Damit wurde Facebook für Werbekunden unattraktiver, weil auf den kleinen Smartphone-Bildschirmen viel weniger Platz für Anzeigen ist. Für ein werbefinanziertes Unternehmen eine Katastrophe. Eigentlich. Denn Firmenchef Mark Zuckerberg und seine Leute fanden eine Lösung. Heute läuft die Werbung – als Anzeige gekennzeichnet – im Nachrichtenstrom einfach mit. Und die Nutzer akzeptieren das. Die Klickquote der Anzeigen ist sogar ungewöhnlich hoch.
Quartal für Quartal schauen Analysten seither verblüfft bis verzückt auf die Zahlen des Netzwerks. So als könnten sie nicht glauben, wie sehr sie sich vor nicht allzu langer Zeit verschätzt hatten. Facebook habe Firmen davon überzeugen können, Anzeigen auf dem Netzwerk zu schalten, sagte der Analyst Ron Josey dem „Wall Street Journal“. Inzwischen würden Ausgaben für Werbung auf sozialen Netzwerken fest eingeplant. „Und wenn man an soziale Netzwerke denkt, ist Facebook der größte Dienst.“
60 Prozent der Werbeeinnahmen kommen über mobile Geräte
„Facebooks Geschäft ist stark und wächst“, kommentierte Zuckerberg die Zahlen zum ersten Quartal, die Facebook am späten Mittwoch nach Börsenschluss in den USA vorlegte. In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres erlöste das Unternehmen 2,5 Milliarden Dollar (etwa 1,8 Milliarden Euro) – ein Plus von 72 Prozent zum Vorjahrsquartal. Der Gewinn verdreifachte sich auf 642 Millionen Dollar. Es sei ein „großartiger Start ins Jahr 2014“.
Insgesamt kam Facebook Ende März auf 1,28 Milliarden Nutzer nach 1,23 Milliarden Ende Dezember. Mittlerweile greifen 1,01 Milliarden Menschen weltweit über mobile Geräte auf Facebook zu. 59 Prozent aller Werbeeinnahmen kamen von Smartphones und Tablets. Vor einem Jahr war der Anteil gerade einmal halb so hoch. „Das mobile Geschäft bleibt unsere Triebfeder“, sagte die fürs Tagesgeschäft zuständige Sheryl Sandberg. Auch die Internetkonzerne Google und Yahoo buhlen um Werbeeinnahmen für Smartphone-Nutzer. Facebook gilt dabei jedoch als besonders innovativ.
Das schlägt sich auch an der Börse nieder. Seit dem Börsengang vor zwei Jahren hat sich der Kurs auf 62 Dollar annähernd verdoppelt. Doch der Optimismus der Anleger speist sich keineswegs ausschließlich aus dem Erreichten: Der Kauf des Datenbrillen-Herstellers Oculus VR für bis zu 2,3 Milliarden Dollar und vor allem die Übernahme des Kurznachrichtendienstes WhatsApp für 19 Milliarden Dollar zeigen, dass sich Facebook nicht auf seinen Erfolgen ausruht. Vor allem in Asien mit Milliarden potenzieller Kunden gelten Dienste wie WhatsApp als das „nächste große Ding“.
Apple noch auf der Suche nach dem "next big thing"
Nach einem solchen großen Ding sucht seit geraumer Zeit auch Apple. Der Technologiehersteller aus dem kalifornischen Cupertino legte nachbörslich ebenfalls überzeugende Quartalszahlen vor. Der Umsatz stieg um fünf Prozent auf 45,6 Milliarden Dollar, der Gewinn um sieben Prozent auf 10,2 Milliarden Dollar. Vor allem die Rechnung von Firmenchef Tim Cook, in einem Markt mit immer billigeren Smartphones die Preise hoch zu lassen, scheint aufzugehen. Der iPhone-Absatz stieg im Jahresvergleich um 17 Prozent auf 43,2 Millionen Geräte. Das entspricht vielleicht nur der Hälfte der Stückzahlen des Marktführers Samsung. Aber Apple nahm pro iPhone im Schnitt immer noch knapp 600 Dollar ein, also deutlich mehr als Samsung.
Bei diesen Zahlen verzeihen die Anleger Unternehmenschef Cook offenbar die erneut vagen Aussagen zur künftigen Ausrichtung. Apple arbeite an mehr Sachen als früher, gab sich Cook geheimnisvoll. „Wir machen das im Hintergrund und sind noch nicht bereit, den Vorhang zu heben.“ Der Aktienkurs sprang um sieben Prozent nach oben. mit dpa
Simon Frost