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Vielen Bürgern geht die Digitalisierung der Verwaltung nicht schnell genug voran.
© Kitty Kleist-Heinrich/TSP

Zu kompliziert und zu langsam: Das stört Bürger an der öffentlichen Verwaltung

Hilfe in allen Lebenslagen beim Amt? Bürger kritisieren fehlende Digitalisierung, zeitraubende Anträge und komplizierte Formulare.

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Was die deutschen Bürger an Behörden nervt, sind Warteschlangen, kurze Öffnungszeiten und unverständliche Formulare. Zu kompliziert, zu lang dauert alles. Am meisten verzweifeln sie allerdings daran, dass sie sich den Verwaltungsgang nicht sparen und einen Personalausweis digital vom Sofa aus beantragen können. So wie es in anderen Ländern längst üblich ist. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest die Lebenslagenbefragung des Statistischen Bundesamtes im Auftrag der Bundesregierung.

Demnach sind die Bürgerinnen und Bürger mit der öffentlichen Verwaltung generell recht zufrieden. Auf einer Skala von - 2 (sehr unzufrieden) bis + 2 (sehr zufrieden) lag der Gesamtindikator bei 1,2. Die Bewertung der Behörden und Ämter hat sich somit im Vergleich zu 2017 kaum verändert. Damals hatte die durchschnittliche Zufriedenheit bei 1,1 gelegen. Unternehmen sind etwas enttäuschter.

Bei den fast 11000 telefonischen Interviews sollte beurteilt werden, wie gut die Verwaltung die Bürger in verschiedenen Lebenslagen unterstützt. Sei es bei der Heirat, der Geburt eines Kindes oder einem Immobilienkauf. Am besten schnitt die Beantragung von einfachen Dokumenten wie einem Ausweis oder einer Patientenverfügung ab. Am schlimmsten ergeht es Menschen den Ergebnissen nach auf dem Amt, wenn sie finanzielle Probleme haben, arbeitslos sind oder im Alter arm werden.

Unternehmen beurteilen das Thema Ausbildung am besten – und am schlechtesten, wenn es um die Gründung eines Unternehmens, Steuern oder den Bau einer Betriebsstätte geht. Was alle allgemein an der deutschen Bürokratie schätzen, sind Unbestechlichkeit und Diskriminierungsfreiheit. Was sie sich am meisten wünschen: kürzere Bearbeitungszeiten, unkompliziertere Vorgänge, eine verständlichere Rechtssprache – und eine digitale Verwaltung mit mehr Onlineangeboten.

Bei Verwaltungsdienstleistungen im Netz ist Deutschland weit abgeschlagen. Ob Fahrzeuganmeldung per Klick oder Sozialleistungen per Onlineformular – in Umfragen beklagen Bürger immer wieder, dass etliche Dienstleistungen von ihrer Kommune noch nicht angeboten werden. Dabei müssen bis zum Jahr 2022 hunderte Leistungen auf den Plattformen der Verwaltungen zur Verfügung stehen – so will es das Onlinezugangsgesetz (OZG).

Deutsche nutzen Onlineangebote nur selten

Doch die Kommunen bereiten sich offenbar nur unzureichend darauf vor. Laut einer Umfrage der Technologieberatung Bearingpoint kümmert sich jede vierte Kommune derzeit nur wenig um die Umsetzung. Und die Hälfte der befragten Kommunalvertreter wisse nicht, was durch das Gesetz überhaupt auf die Kommune zukommt. „Dass bis 2022 tatsächlich alle 575 Verwaltungsdienstleistungen online angeboten werden, halten wir für unrealistisch“, sagte zuletzt auch der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Achim Berg.

Allzu viele Erfahrungen mit digitalen Verwaltungsleistungen konnten die Bürger also noch nicht machen. Zwar sind die Nutzerzahlen auch hierzulande gestiegen, doch im europäischen Vergleich liegen die Deutschen nur auf dem 24. von 28 Plätzen. Das geht aus dem aktuellen E-Government-Monitor hervor, den die Initiative D21 und das Forschungsinstitut Fortiss jährlich erstellen. So hat weniger als die Hälfte in den vergangenen zwölf Monaten ein Online-Angebot der Verwaltung genutzt.

Der elektronische Personalausweis hat sich noch nicht durchgesetzt

Vor allem der elektronische Personalausweis konnte sich bislang nicht durchsetzen. Laut Studie besitzen zwar rund drei Viertel der Deutschen den entsprechenden Ausweis im Scheckkartenformat, die digitale Ausweisfunktion hat jedoch nur etwa ein Viertel freigeschaltet. Und lediglich sechs Prozent haben sie bereits in der Praxis genutzt.

Die mangelnde Digitalisierung in der Verwaltung dürften auch junge Unternehmer zu spüren bekommen. Gründer sind etwa bei der Anmeldung mit zahlreichen bürokratischen Anforderungen konfrontiert. Und die wären mit entsprechenden Onlineservices weitaus einfacher zu erledigen, erklärte zuletzt der Nationale Normenkontrollrat. Was Bürger also nur lästig finden, könnte für die Wirtschaft noch zum wichtigen Standortfaktor werden.

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