Milliarden-Prozess: Das Comeback von Mr. Adlon nach der Pleite in Heiligendamm
Anno August Jagdfeld schuf mit Geld von Anlegern Prachtbauten wie das Adlon. Nach Rückschlägen ist er zurück und zeiht die Signal Iduna des Rufmords
Dass er ein begnadeter Verkäufer ist, darauf würden sich die Freunde und Feinde des schillernden Immobilien-Multis mit einem Faible für die Stoiker aus der Antike wohl einigen. Anno August Jagdfeld jongliert seit gut vier Jahrzehnten mit geliehenen Milliarden. Das Geld entlockte er privaten Anlegern mit dem Versprechen auf zauberhafte Renditen. Mit fremden Millionen baute er sogar das Hotel Adlon und die „Pyramide“. Sein Name ist mit dem Quartier 206 in der Friedrichstraße verbunden – doch zuletzt auch mit Rückschlägen, Zwangsmaßnahmen, der Pleite des „Grand Hotel Heiligendamm“.
Danach wurde es still um Jagdfeld. Jetzt ist er zurück. Mit einer spektakulären Klage.
"Beispiellose Rufmordkampagne"
„Mehrere hundert Millionen Euro“ betragen nach Angaben seines Sprechers die „Ansprüche wegen einer beispiellosen Rufmordkampagne gegen Herrn Jagdfeld und seine Familie“ – zuletzt war sogar von einer Milliarde Euro die Rede. Der Versicherungskonzern Signal Iduna soll zahlen: „wegen sittenwidriger Schädigung und Kreditgefährdung“. Das alles weist der beschuldigte Konzern zur ück. Doch nach zwei Wochen Verhandlungen vor dem Landgericht in Dortmund verschärfen Jagdfelds Anwälte den Ton: Sie erheben „den Vorwurf des versuchten Prozessbetrugs“ gegen einen früheren leitenden Mitarbeiter des Versicherers.
Der Fall gleiche dem Streit Leo Kirch gegen Deutsche Bank
Jagdfeld wäre nicht Jagdfeld, wenn er seine Klagen nicht glänzend zu verkaufen wüsste: „Die Rechtslage entspricht in weiten Teilen derjenigen im Prozess zwischen Deutscher Bank und Leo Kirch“. Der Firmenmogul gegen das Kredithaus – dieser Prozess beschäftigte die Justiz jahrelang und endete erst nach Kirchs Tod mit einem Vergleich mit der Familie.
„Viele Grüße aus dem Gerichtssaal“ sendet Jagdfelds Sprecher Christian Plöger leutselig. Nein, mit seinem Chef sei ein Gespräch „mitten im laufenden Verfahren“ nicht möglich. Die „Litigation-PR“, wie US-Profis prozessbegleitende Gefechte um die Meinungshoheit in der Öffentlichkeit nennen, läuft trotzdem: Kurz vor Beginn des Prozesses hatte die Jagdfeld-Entourage nach Dortmund geladen – zum „Briefing“ in der Schlammschlacht. Der Versicherer und Finanzierer Signal Iduna hatte Millionen in Jagdfelds Adlon-Fonds investiert, und war, enttäuscht über die Ausschüttungen, einer „Schutzgemeinschaft“ von Anlegern beigetreten. Mit dem Ziel: Jagdfeld als Fonds-Manager absetzen.
Der Patriarch, die Familie und die Firmen
Das misslang. Aber wie groß ist Anno August Jagdfelds Einfluss eigentlich noch? Die Gruppe, die mit seinem Namen verbunden war, „Fundus“, gibt es so nicht mehr. Jagdfelds Sprecher ist bei der „DI-Gruppe“ beschäftigt. Ist August Anno Jagdfeld selbst auch noch aktiv?
„Aber ja, es ist ja ein Familienunternehmen“, sagt Plöger. Tatsächlich ist im Tableau der Leitungskräfte der „DI-Gruppe“ Jagdfelds Sohn Nikolas zu finden, zuständig für „Finanzierungen“. Auch Sohn Maximilian mischt mit, und an der Spitze der „DI“ steht Helmut Jagdfeld, Anno August’ Bruder. Er selbst ist nicht genannt. Wegen der Haftungsrisiken aus alten Geschäften? „Nein“, versichert Plöger, es habe einen „Generationenwechsel“ gegeben. Jagdfeld selbst sei noch aktiv, etwa als Bauträger bei der Entwicklung der „Perlen“ an der Ostsee.
Erster Rückschlag: Die Pyramide an der Landsberger Allee
Baden in der Ostsee, das hatte Jagdfeld neben der Lektüre antiker Philosophen dem Tagesspiegel im Sommer 2011 als liebste Beschäftigung genannt. Da war er noch das Aushängeschild seiner Firma „Fundus“ und hatte in Berlin den Ruf als Erbauer des Adlon-Hotels zu verlieren. Doch das Imperium begann zu bröckeln. Die „Pyramide“ an der Landsberger Alle, einer der ersten Fundus-Fonds in Berlin, musste die Gesellschaft verkaufen. Anleger fühlten sich düpiert, klagten, nicht die versprochenen Renditen bekommen zu haben. Es gab Strafanzeigen, Ermittlungen, Prozesse, bis hinauf zum Bundesgerichtshof eskalierte der Streit.
Adlon-Anleger begehren auf
Dann begehrten auch noch Anleger, die Geld für den Bau des Luxus-Hotels Adlon am Pariser Platz gegeben hatten, gegen Jagdfeld auf: Dessen Clan habe Mieten für den China-Club und Restaurants im Adlon-Komplex nicht an den Fonds gezahlt, sondern „stunden lassen zugunsten eines Besserungsscheins“ wie es der Sprecher nennt. Der Aufstand misslang. Jagdfeld wurde nicht abgewählt. Er ist bis heute Manager des Fonds.
Doch das Bild des strahlenden Unternehmers hatte von da an Risse. Erst Recht, als sogar sein „Privatvermögen“, das Quartier 206, von einem Berliner Gericht unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. Unter Druck geriet Jagdfeld auch beim Tacheles-Areal, für das schon ein Termin zur Zwangsversteigerung anberaumt war, der am Tag selbst wieder aufgehoben wurde. Auch dieses Bauland in bester Lage gehört längst nicht mehr Jagdfeld. Es ist verkauft.
Kleine Geschäfte statt Bauten der Superlative
Nicht mehr mit Bauten der Superlative und strahlenden Geschäftspartnern machte Jagdfeld von sich reden, er wurde in Verbindung mit Rechtsstreitigkeiten genannt, mit Insolvenzen und Zwangsversteigerungen. Böse Zungen aus düpierten Anlegerkreisen riskierten rufschädigende Unterstellungen, wonach Jagdfeld kaufmännisch am Ende sei, schlicht pleite, was dessen Sprecher scharf zurückweist. Aber die Gerüchte führen letztlich auf den Kern des Dortmunder Rechtsstreites: Führte die „Rufmordkampagne“ (Jagdfeld) dazu, dass der „Kurs der Fondsanteile“ beim Adlon zusammenbrach und dazu noch zu einem „Vermögensschaden bei Mitgliedern der Familie Jagdfeld“ und sogar bei „Kleinanlegern“?
Das ist Jagdfelds Version der Geschichte: Er und sein Clan scheiterten nicht am Markt, unrentablen Luxusimmobilien und Renditeversprechen, die sie nicht einhielten, nein, die Urheber der Gerüchte sollen das verursacht haben. Ein Schuldiger ist gefunden: die Signal Iduna, die das entschieden zurückweist.
2,1 Millionen Euro für ein Wohnung an der Ostsee
Doch vom einstigen Glanz ist wenig geblieben. Anno August Jagdfeld macht nach der Pleite seines Grand Hotel Heiligendamm, wo im Jahr 2007 noch die Mächtigen der Welt zum G8-Wirtschaftsgipfel zusammen gekommen waren, das Beste aus dem Rest vom Fest: Der streitbare Mann saniert und verkauft Wohnungen in den klassizistischen Logierhäusern in Sichtweite des Grand Hotels. 2,1 Millionen Euro verlangt der Geschäftsführer der „ECH Gundbesitzgesellschaft I mbh“ für 120 Quadratmeter Betongold, mit Blick auf die See – und vielleicht auf einen drahtigen Senior, der einsam gegen die Brandung anschwimmt.
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