Schwache Exporte: China wertet den Yuan ab
Um knapp zwei Prozent hat China seine Währung Yuan am Dienstag abgewertet. Das soll die Exporte billiger machen, die zuletzt deutlich zurückgegangen sind.
Die Sorgen um Chinas Wirtschaft sind groß. Das Land ist noch immer stark von den Exporten abhängig, kann aber längst nicht mehr so viele Waren ins Ausland verkaufen wie früher: Um mehr als acht Prozent sind die Ausfuhren der Volksrepublik allein im Juli eingebrochen. Jetzt reagiert der Staat mit einer kräftigen Abwertung seiner Landeswährung Yuan. Das soll chinesische Waren auf dem Weltmarkt billiger machen und so die Exporte stärken. Unter dem Druck der Zentralbank gab der Yuan im Vergleich zum Dollar am Dienstag um knapp zwei Prozent nach und fiel auf den niedrigsten Wert seit drei Jahren.
Diese starke Abwertung sei ein Zeichen der Verzweiflung, sagte Analyst Howie Lee vom Handelshaus Phillip Futures. Aus seiner Sicht ist die bewusste Schwächung der Währung ein Eingeständnis. Die Abwertung deute klar darauf hin, „dass in der chinesischen Wirtschaft nicht alles rund läuft“. Sein Kollege Guo Lei vom Finanzhaus Founder Securities bestätigt: „Die Maßnahme zielt darauf ab, den Druck von Chinas schwacher Exportleistung zu nehmen.“
Der Yuan ist keine frei schwankende Währung
Dass der Staat diesen Spielraum überhaupt hat, liegt daran, dass der Yuan – anders als etwa der Dollar oder der Euro – noch immer keine frei schwankende Währung ist. Der Kurs des Yuan bewegt sich stets in einem vom Staat definierten Rahmen. Jeden Morgen legt die Zentralbank in Peking einen neuen Mittelwert für die Währung fest. Von ihm darf der Kurs des Yuan dann den restlichen Tag über im Verhältnis zum Dollar nur um zwei Prozent nach oben oder unten abweichen.
Mit der Aktion am Dienstag hat China nun die eigene Währung nicht nur abgewertet – sondern auch die Art und Weise verändert, wie dieser Mittelwert täglich berechnet wird. Künftig sollen die Zentralbanker nämlich mehr Rücksicht auf den Markt nehmen und bei der Festsetzung des Mittelwertes auch den Schlusskurs berücksichtigen, zu dem die Währung am Vortag gehandelt wurde.
Der Markt bekommt mehr Gewicht
Auch wenn es nun eine starke Kritik daran gibt, dass China diesen Schritt gleichzeitig für eine Abwertung der Währung nutzte – die Anpassung bei der Bemessung des Mittelwerts ist durchaus ein Fortschritt. Denn der Markt bekommt so ein etwas stärkeres Gewicht, während der Staat ein kleines Stück seines Einflusses auf den Kurs der Währung abgibt. Das werde den Yuan „freier handelbar und zugänglicher machen“, sagte Analyst Angus Campbell vom Devisenhändler FX-Pro.
Gleichzeitig ist allerdings auch klar, dass die chinesischen Regierung diesen Schritt nicht rein aus Eigennutz angeordnet haben dürfte. Vielmehr wird sie dabei ihr Ziel im Blick gehabt haben, den Yuan zu einer Weltwährung weiterzuentwickeln. So wirbt die Volksrepublik schon seit Jahren dafür, dass der Yuan in den angesehenen Währungskorb des Internationalen Währungsfonds (IWF) aufgenommen werden soll. Damit würde der Yuan nämlich zu einer Weltreservewährung und ähnlich wichtig wie derzeit nur der Dollar, der Euro, das britische Pfund und der japanische Yen. Allerdings hat der IWF seine Entscheidung, ob er auch den Yuan in seinen Währungskorb aufnimmt, gerade erst vertagt. Statt in diesem Jahr wird er sich damit nun vermutlich erst im September 2016 befassen. Entsprechend dürfte Chinas Teilbekenntnis zum Markt ein deutliches Signal an den IWF sein. Die Regierung in Peking will so zeigen, wie wichtig ihr der Status der Reservewährung für den Yuan ist.
Es könnte nun ein Abwertungswettlauf entstehen
Dass China gleichzeitig jedoch seine Währung so kräftig abwertet, dürfte in den USA nicht gut ankommen. Gerade die Amerikaner beklagen, dass die Chinesen ihre Währung künstlich billig halten, um ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu verkaufen. An dieser Haltung hat sich zuletzt wenig geändert, auch wenn der Yuan im letzten Jahr parallel zum Dollar deutlich an Wert gewonnen hat. Mit der nun vorgenommenen Abwertung dürften sich die Kritiker erneut bestätigt sehen. Zumal viele Experten nicht überzeugt sind, dass es sich tatsächlich um eine „einmalige Anpassung“ handelt, wie die Zentralbanker behaupten. Die Aktion „könnte zu Schlagzeilen führen, die den Beginn eines Abwertungswettlaufs ankündigen“, sagte Masafumi Yamamoto vom Handelshaus Monex.
Überhaupt gelingt es der chinesischen Regierung immer weniger, Optimismus zu verbreiten. „Steigende Löhne, sinkende Produktivität von Investitionen, schwächelnde Exporte – die Zeit des Turbowachstums ist vorüber“, sagte Björn Conrad, Vizechef des China-Instituts Merics in Berlin. Zwar soll die Wirtschaft der Volksrepublik in diesem Jahr nach offiziellen Schätzungen noch einmal um sieben Prozent wachsen. Allerdings ist das Land höhere Werte gewohnt. Außerdem halten Skeptiker eher ein schwächeres Wirtschaftswachstum von fünf bis sechs Prozent für realistisch.
Internationale Konzerne, für die China ein wichtiger Absatzmarkt ist, spüren das schon jetzt – allen voran die deutschen Autobauer. Im Juli sind in China bereits 6,6 Prozent weniger Autos verkauft worden als im Vormonat: Das ist der stärkste Rückgang seit zweieinhalb Jahren. Die Aktien von Daimler, BMW und Volkswagen gaben deshalb am Dienstag deutlich nach. Auch die Hersteller anderer Luxusgüter, die in China beliebt sind, meldeten Kursrückgänge: zum Beispiel Burberry, der Gucci-Konzern LVMH oder Hugo Boss.