Arbeitsrecht: Charakterlich nicht geeignet?
Ein Lehrer bewirbt sich um eine Stelle und wird abgelehnt, weil er einmal ohne Ticket erwischt wurde. Ob das rechtens ist, erklärt Christoph Abeln.
Unser Leser fragt: Ich bin Lehrer und habe mich beim Berliner Schulamt um eine Stelle beworben. Vor ein paar Tagen lag nun die Absage in meinem Briefkasten. Die Begründung dafür kann ich kaum nachvollziehen: Wegen eines rechtskräftigen Strafbefehls sei ich charakterlich ungeeignet, stand da. Dabei habe ich mir nicht viel zu Schulden kommen lassen. Ich bin nur einmal schwarzgefahren – und erwischt worden. Ist so eine Bagatelle ein Nichteinstellungsgrund?
Der Berliner Arbeitsrechtler Christoph Abeln antwortet: Zu diesem Thema hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg Ende März diesen Jahres ein aufschlussreiches Urteil erlassen. In dem betreffenden Fall war einem Bewerber die Einstellung als Lehrer beim Land Berlin in Aussicht gestellt worden. Nachdem jedoch sein Führungszeugnis eingeholt worden war, kam eine Absage. Als Begründung wurde Folgendes angegeben: Der Bewerber sei beim Schwarzfahren erwischt und nach einem rechtskräftigen Strafbefehl wegen Betruges zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Grund: Er hatte nicht nur kein gültiges Ticket vorweisen können, sondern zeigte bei einer Kontrolle einen manipulierten, ungültigen Fahrschein vor.
Das LAG Berlin-Brandenburg entschied, dass ein solcher rechtskräftiger Strafbefehl auch aus arbeitsrechtlicher Sicht einen Nichteinstellungsgrund darstellt. Denn dem Bewerber fehlt demnach die nach Artikel 33 Absatz 2 des Grundgesetzes erforderliche charakterliche Eignung, um als Lehrer zu arbeiten. Die charakterliche Eignung
ist ein Unterpunkt der persönlichen Eignung, die ein angehender Beamter oder Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes vorweisen muss. Hierfür ist die Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der erforderlichen Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. An diesen Eigenschaften fehlte es hier offenbar.
Ein rechtskräftiger Strafbefehl wegen „Schwarzfahrens“ kann also durchaus ein Nichteinstellungsgrund sein. Auch wenn es sich in Ihrem Fall scheinbar „nur“ um das Nichtmitführen eines gültigen Tickets und nicht um Betrug wie im vor dem LAG verhandelten Fall handelt. Die gute Nachricht in dieser Angelegenheit: Eine Eintragung im Bundeszentralregister wegen Schwarzfahrens steht nicht für immer und ewig im erweiterten Führungszeugnis. Sie muss nach drei Jahren wieder gelöscht werden.
– Haben Sie auch eine Frage? Dann schreiben Sie uns: E-Mail: Redaktion.Beruf@tagesspiegel.de
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