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Wege zum Job. Etwa jeder fünfte Langzeitarbeitslose findet als Leiharbeiter einen Job. Der Sprung in einen regulären Job gelingt aber weniger als zehn Prozent von ihnen, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung herausgefunden. Foto: Fotolia
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Leiharbeit in Deutschland: Chancen auf Zeit

Schlechte Bezahlung, permanente Unsicherheit: Leiharbeit hat in Deutschland einen schlechten Ruf. Warum zu viele Stationen im Lebenslauf auffallen – und für wen Zeitarbeit eine Option sein kann.

Zeitarbeit ist für Arbeitsmarktexperten ein Frühindikator für die Konjunktur: Geht es der Wirtschaft schlecht, sind es in vielen Betrieben die Leiharbeitnehmer, die zuerst entlassen werden. Deutet sich ein Aufschwung an, steigt in vielen Unternehmen die Zahl der Leiharbeiter – zunächst. Denn hält die gute Konjunktur an, wächst bei den Betrieben die Bereitschaft, Mitarbeiter fest anzustellen; die Zahl der Leiharbeiter sinkt folglich wieder.

Zahl der Zeitarbeiterjobs weiterhin rückläufig

Die Konjunktur in Deutschland ist gut, seit Längerem schon. Die Wirtschaft brummt, in vielen Regionen herrscht nahezu Vollbeschäftigung. Das bekommen die Personaldienstleister zu spüren. Vor allem in Bayern und Baden-Württemberg hätten Verleiher derzeit Probleme, Bewerber zum Verleihen zu finden, teilt der Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister (BAP) auf Anfrage mit. Teilweise müssten Verleiher aus Bewerbermangel Aufträge absagen. Das gelte inzwischen nicht nur für qualifizierte Berufe, sondern auch für Helfertätigkeiten. Der Anteil der Zeitarbeitsjobs an allen bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Stellen ist leicht rückläufig: 2012 lag er bei 36 Prozent, 2013 bei 35 Prozent und 2014 bei 34 Prozent.

Um für Bewerber attraktiver zu werden, setzen die Verleiher laut ihrem Bundesverband auf bessere Bezahlung, Weiterbildung und flexible Arbeitszeiten. Lohnt es sich also momentan, einen Vertrag mit einer Zeitarbeitsfirma abzuschließen? Svenja Hofert, Karriereberaterin aus Hamburg, ist skeptisch. Sie rät Arbeitssuchenden, sich zunächst direkt bei Wunschunternehmen zu bewerben – auch initiativ. Zeitarbeit sollten Bewerber nur dann als Alternative erwägen, wenn sie auf direktem Weg keinen Erfolg haben. „Es kommt zwar auf die Branche an“, sagt Hofert. „Aber in den meisten Unternehmen sind Leiharbeiter leider noch immer Arbeitnehmer zweiter Klasse.“

Rund 800 000 Zeitarbeiter in Deutschland

Wer sich für Zeitarbeit entscheidet, geht ein Dreiecksverhältnis ein. Er schließt den Vertrag mit der Leiharbeitsfirma oder dem Personaldienstleister, die den Beschäftigten an Unternehmen ausleihen. Grundsätzlich gilt für Leiharbeiter ein Mindestlohn von derzeit 8,80 Euro im Westen und 8,20 Euro im Osten inklusive Berlin. In einigen Einsatzbranchen, etwa der Metallindustrie, gelten jedoch für Leiharbeiter eigene Tarifverträge, die bessere Bedingungen bieten als das vorgeschriebene Minimum.

Etwa 800 000 Arbeitnehmer in Deutschland sind derzeit als Zeitarbeiter beschäftigt. Das sind 2,6 Prozent aller Arbeitnehmer in Vollzeit. Laut dem Branchenverband BAP sind mehr als 30 Prozent der Leiharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie beschäftig, rund 20 Prozent im Logistik- und Transportgewerbe. Wie die Bundesregierung im Juni auf eine Kleine Anfrage der Linken antwortete, stellen Leiharbeiter in der Metallindustrie 4,8 Prozent aller Beschäftigten, in der Logistikbranche 10,9 Prozent.

Auch Fachärzte arbeiten als Zeitarbeiter

Wege zum Job. Etwa jeder fünfte Langzeitarbeitslose findet als Leiharbeiter einen Job. Der Sprung in einen regulären Job gelingt aber weniger als zehn Prozent von ihnen, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung herausgefunden. Foto: Fotolia
Wege zum Job. Etwa jeder fünfte Langzeitarbeitslose findet als Leiharbeiter einen Job. Der Sprung in einen regulären Job gelingt aber weniger als zehn Prozent von ihnen, hat das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung herausgefunden. Foto: Fotolia
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Doch Zeitarbeit ist längst nicht nur ein Thema der Arbeiter und ungelernten Hilfskräfte. Auch in hochqualifizierten Berufen setzen viele Unternehmer immer stärker auf die Zusammenarbeit mit Personaldienstleistern. „Der Anteil der Zeitarbeit nimmt zu“, sagt Svenja Hofert. „In manche Berufe und Unternehmen kommt man ohne Zeitarbeit kaum rein.“ So werden ihrer Erfahrung nach inzwischen etwa zwei Drittel aller Stellen für Konstrukteure über Zeitarbeitsfirmen vergeben. Auch im Vertriebsinnendienst steige der Anteil der Stellen, die über Personaldienstleister besetzt werden. „In dem Bereich wird in der Regel ein Studium erwartet“, sagt Hofert.

Zeitarbeit als Berufseinstieg

In manchen Fällen hält auch Hofert die Zeitarbeit für eine sinnvolle Alternative, zum Beispiel für Berufsanfänger. „Ich rate Bewerbern nicht pauschal von Zeitarbeit ab“, sagt sie. So könne es für Berufseinsteiger eine Option sein, über eine Zeitarbeitsfirma eine Weile in einem großen Unternehmen zu arbeiten, in das der Zugang sonst versperrt wäre. „Wenn man dann zum Beispiel dort zum ersten Mal mit SAP arbeitet, erwirbt man eine wichtige Qualifikation für den Lebenslauf.“

Für manche Beschäftigte passt auch der Wunsch nach eigener Flexibilität gut zu einer Stelle auf Zeit. So hat sich etwa der Berliner Personaldienstleister Anästhesie Agentur auf die Vermittlung von Fachärzten an Kliniken spezialisiert. Wer Berufserfahrung hat und bereit ist, sich schnell auf neue Kollegen einzustellen, kann als Facharzt auf Zeit übertariflich verdienen, ohne in strenge Schichtpläne eingebunden sein zu müssen – für junge Eltern kann das ein Vorteil sein.

Zwei Drittel aller Leiharbeitnehmer sind jedoch dem Niedriglohnsektor zuzuordnen, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Anfrage der Linken. Das heißt, sie verdienen weniger als zwei Drittel des deutschen Brutto-Durchschnittslohns, der bei 2960 Euro liegt. Demnach lag der monatliche Durchschnittsverdienst der Zeitarbeitskräfte 2013 bei 1700 Euro. Die Spanne ist allerdings groß. Konstrukteure etwa können auch als Zeitarbeiter besser verdienen: In der Maschinen- und Fahrzeugtechnik, wo Leiharbeiter 4,4 Prozent aller Beschäftigten ausmachen, liegt der Durchschnittsverdienst bei rund 2100 Euro. Das sind jedoch fast 1000 Euro weniger als die Stammbeschäftigten dieser Branche im Durchschnitt verdienen, wie die Zahlen der Bundesregierung belegen.

Zeitarbeit kann gut sein – aber nur für kurze Zeit

Für Berufseinsteiger können solche Einkommenseinbußen akzeptabel sein – wenn sie sich konkrete Erfahrungen von einem Einsatz auf Zeit versprechen. Karriereberater raten allerdings dazu, die eigene Zeit als Zeitarbeiter möglichst kurz zu halten. Jürgen Hesse empfahl kürzlich in der Rubrik Karrierefrage in dieser Zeitung, maximal zwölf bis 24 Monate Zeitarbeit zu absolvieren; Svenja Hofert rät zu maximal zwei Stationen Zeitarbeit im Lebenslauf. „Bei längeren Phasen schwingt auf Seiten der Arbeitgeber schnell der Vorwurf mit, ein Bewerber sei eben nirgends gut genug gewesen“, sagt sie. „Sonst hätte er ja irgendwo einen festen Vertrag angeboten bekommen.“

Barbara Kerbel

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